ORF-"Pressestunde"

“Staat ungeschickt”: Aiginger will Gebührenbremse

Österreich
08.05.2016 12:44

Wifo-Chef Karl Aiginger hat erneut eine Gebührenbremse gefordert. Gleichzeitig dazu müsse es eine Steuerreform geben, welche die Progression wegnimmt, sagte er am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Insgesamt forderte Aiginger, der noch bis September dem Wifo vorsteht, von der Politik eine Verwaltungs- und Bildungsreform. Die Mindestsicherung verteidigte er, hier sieht der Wirtschaftsexperte kein großes Missbrauchsproblem.

Auch die letzte Steuerreform hat laut Aiginger keine Antworten auf Inflation und steigende Gebührenbelastung geliefert. "Der Staat ist hier sehr ungeschickt", konstatierte der Wifo-Chef. Einerseits wolle man mehr Beschäftigung und besteuere andererseits den Faktor Arbeit besonders stark. Die jüngste Steuerreform habe leider nicht auf einem Gesamtkonzept beruht und nicht dazu geführt, dass die Abgabenquote gesenkt wurde. Stattdessen habe man sich zu sehr auf die Lohnsteuer konzentriert. Aiginger wünscht sich generell eine "starke Entlastung des Faktors Arbeit".

"Die Reformkraft muss wiederhergestellt werden"
Konkret forderte Aiginger eine Gebührenbremse sowie eine weitere Steuerreform. Wichtig sei ebenso, dass das Bildungssystem reformiert und mehr in Forschung und Umwelttechnologie investiert werde. Hierbei sieht sich der scheidende Wifo-Chef als einsamer Rufer in der Wüste: "Das bin ich immer, das gehört zu meinem Job dazu." Derzeit erarbeitet sein Institut bis Juni ein Gesamtkonzept, wo Österreich im Jahr 2025 stehen will. "Die Reformkraft muss wiederhergestellt werden, sonst kommen wir wieder auf den Pannenstreifen", warnte er.

Mindestsicherung: "Beispiele von Missbrauch nur Einzelfälle"
Die Mindestsicherung verteidigte Aiginger. Beispiele von Missbrauch seien Einzelfälle, man solle nicht generell gegen diese Sozialleistung sein, denn: "Das war ein wirklich großer sozialer Fortschritt." Allerdings sei es denkbar, den Zugang zur Mindestsicherung zu differenzieren, je nachdem, wie lange jemand ins Sozialsystem eingezahlt hat. Aiginger will die Leistung zudem mit mehr Bildungsangeboten und mehr Möglichkeiten, wie man zu Jobs kommt, kombinieren. Für den Wifo-Chef steht jedenfalls fest, dass der größte Teil der Bezieher - auch Flüchtlinge - arbeiten will.

Flüchtlinge sollen "Bagatellarbeiten" durchführen
Daher tritt Aiginger für einen "Quasi-Zugang" für Flüchtlinge zum Arbeitsmarkt ein, auch wenn es lediglich "Bagatellarbeiten" seien. Dazu könnte man den Dienstleistungsscheck, der bisher nur für Arbeiten im Haushaltsbereich gilt, ausdehnen. Flüchtlingen sollte schon vor Erhalt ihres Asylbescheids der Eintritt in eine Schul- oder Lehrausbildung möglich sein, so Aiginger. Staatlichen Organisationen solle es erlaubt werden, "Quasi-Schulen" zu errichten, der Zugang zum Deutschlernen solle "massiv forciert werden". Skeptisch zeigte sich der Wirtschaftsprofessor gegenüber dem Vorschlag, die Mindestsicherung in Naturalleistungen auszuzahlen.

Aiginger plädiert für ein "TTIP light"
Das umstrittene Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA wäre für Aiginger "an sich ein Segen", da mehr internationale Arbeitsteilung generell den Wohlstand erhöhe. Beim Abkommen TTIP seien aber auf EU-Seite viele Fehler gemacht worden, ein "Wahnsinn" sei etwa die Geheimhaltung der Verhandlungen. Aiginger fordert deshalb ein "TTIP light". Man solle versuchen, jene Teile, die unproblematisch sind, in ein vorläufiges Abkommen zu packen und dann nachjustieren. "Machen wir das, was für beide Seiten positiv ist - ohne Geheimklauseln."

In den kommenden 24 Monaten werde ein "großes Abkommen" aber wohl nicht zustande kommen. Das sei weder in Europa noch in den USA durchsetzbar. Österreich habe sich bisher vor jeder Öffnung gefürchtet, schließlich aber zu den großen Profiteuren gehört, erinnerte Aiginger. Die Stärkung der guten Wirtschaftsbeziehungen mit den USA wäre auch deshalb gut, weil die Amerikaner jetzt mit Asien ein ähnliches Abkommen geschlossen hätten. Wichtig bei TTIP wäre für Aiginger, dass die jeweils höheren Standards kommen.

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