Wahlzuckerl?

SPÖ-Vorstoß: Zahnspangen auf Kassenkosten

Österreich
13.09.2013 15:52
Knapp zwei Wochen vor der Nationalratswahl sind nun auch die Gebisse der Kinder in der Schlacht um die Wählergunst zur Munition geworden: Denn für Kinder und Jugendliche sollen die Krankenkassen in Zukunft unter anderem Zahnspangen in vollem Umfang bezahlen, wie die SPÖ am Freitag verkündete. ÖVP und FPÖ freuen sich, vor allem auch deshalb, weil sie die Zahn-Ansage der Kanzlerpartei als Schwenk auf die jeweils eigene Parteilinie interpretieren. Ein Wahlzuckerl, wie es das BZÖ erkennen will, seien die Maßnahmen nicht, betont man bei der SPÖ.

Neben den Zahnspangen auf Kassenkosten - egal ob abnehmbar oder festsitzend - soll auch feststehender Zahnersatz bei Jugendlichen bis 19 von den Kassen zur Gänze getragen werden. Und zusätzlich soll für alle Jugendlichen ab dem 13. Lebensjahr die Mundhygiene einmal pro Jahr gratis angeboten werden. Das kündigte Gesundheitsminister Alois Stöger in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos und dem Arzt Siegfried Meryn an.

Nach Berechnungen des Gesundheitsministeriums haben derzeit rund 100.000 Jugendliche Zahnspangen oder Zahnregulierungen. Mit dem Gratisangebot könnten Schätzungen zufolge rund 10.000 hinzukommen. Die Kosten für das Zahngesundheits-Maßnahmenpaket bezifferte Stöger mit jährlich rund 120 bis 130 Millionen Euro. Finanzieren will er dies über eine Zweckbindung der Tabaksteuer, über die jährlich rund 1,6 Milliarden Euro eingenommen werden. Nicht einmal zehn Prozent davon würden reichen, rechnete der Gesundheitsminister vor: "Das müssen uns unsere Kinder wert sein." Die Umsetzung der Maßnahmen strebt er bis 1. Jänner 2015 an.

SPÖ sieht in Maßnahmenpaket kein Wahlzuckerl
Die Frage, ob es sich bei der Ankündigung um ein Wahlzuckerl handle, beantwortete Stöger damit, dass in der Gesundheitspolitik immer ein Schritt nach dem anderen zu setzen sei. Er verwies darauf, dass man die Kassen saniert, die Zahnambulatorien für alle Leistungen geöffnet und das Kinderimpfprogramm ausgeweitet habe. Nun wolle man den nächsten logischen Schritt machen.

Stöger und Darabos verwiesen zudem darauf, dass es sich dabei auch um eine wichtige soziale Frage handle. Der SPÖ-Bundesgeschäftsführer betonte, dass das Top-Niveau der Gesundheitsversorgung für alle Bürger unabhängig vom Geld zur Verfügung stehen müsse und die Bekämpfung der Zwei-Klassen-Medizin für die SPÖ nicht nur ein Schlagwort sondern ein politischer Auftrag sei. "Für uns zählt nicht die Kreditkarte, sondern die E-Card." Der Gesundheitsminister hob hervor, dass bei der Zahngesundheit das Geld eine wichtige Rolle spiele: "Ich möchte nicht, dass man am Gebiss des Kindes das Einkommen der Eltern ablesen kann."

Mikl-Leitner freut sich über "Schwenk auf ÖVP-Linie"
ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erinnerte in einer Reaktion daran, in ihrer Funktion als ÖAAB-Bundesobfrau bereits Mitte Juni medizinisch notwendige Zahnspangen auf Kassenkosten vorgeschlagen zu haben. "Es freut mich natürlich, dass nun auch die SPÖ den Handlungsbedarf erkannt hat, und unsere Forderung unterstützt." Kritik an Stöger kam hingegen von ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger. Er betonte, dass sich seine Partei immer für die Stärkung der Kindergesundheit eingesetzt habe. Stöger werde hingegen jetzt - 16 Tage vor der Wahl - plötzlich in Teilbereichen konkret.

FP-Karlsböck: "Nicht schwer zu durchschaubarer Gag"
Die Freiheitlichen sprachen von einem "nicht schwer zu durchschaubaren Gag" Stögers. Die FPÖ habe in den vergangenen Jahren mehrmals gefordert, die Selbstbehalte abzuschaffen, was aber regelmäßig von der SPÖ-Fraktion abgelehnt worden sei, kritisierte FPÖ-Ärztesprecher Andreas Karlsböck die Ankündigung. Der Vorstoß Stögers sei ein Schwenk auf FPÖ-Linie, stelle jedoch nicht mehr als eine reine Absichtserklärung dar, da der Minister aufgrund der Selbstverwaltung von Kassen und Ärztekammer kein Mitspracherecht habe, so Karlsböck.

BZÖ glaubt nicht an Umsetzung
BZÖ-Gesundheitssprecher Wolfgang Spadiut sieht unterdessen in dem Stöger-Plan defintiv ein "Wahlzuckerl" - das bei der Bevölkerung "Nachwahl-Karies" verursachen werde. Dieser Gesundheitsminister sei ja für seine "zahnlosen Versprechen" bekannt und werde nun endgültig als "Ankündigungsminister ohne Biss" in die Annalen eingehen, glaubt Spadiut nicht an eine Umsetzung.

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