Verkauf der ÖBB

Spindelegger zu Stronach: “Reden wir darüber!”

Österreich
07.09.2012 13:50
Kann es wirklich bald einen "Schaffner Stronach" geben? ÖVP-Chef Michael Spindelegger nimmt den früheren Magna-Chef und Demnächst-Politiker in Sachen ÖBB-Kaufangebot beim Wort und schlägt ihm ein Gespräch vor. "Wir reden darüber, wie wir bei einem großen Unternehmen, das große Bedeutung für das Land hat, aber sehr viele Mittel des Bundes verschlingt, eine Änderung herbeiführen können", erklärte Spindelegger am Freitag in Ö1. ÖBB-Chef Christian Kern kritisiert die Debatte indes als "hochgradig unfair".

Spindelegger hatte am Montag im ORF-"Sommergespräch" mit Armin Wolf in Bezug auf Frank Stronach gesagt: "Wenn er die ÖBB kauft und saniert. Das wäre zum Beispiel ein Vorschlag, den ich sehr begrüßen würde." Der Industrie-Millardär ließ dann am Mittwoch über die "Krone" wissen, dass er durchaus Interesse an den Bundesbahnen habe. Er wolle die ÖBB kaufen und sanieren, "je früher, desto besser für den Steuerzahler".

Mit dem Stichwort Steuerzahler hat Stronach nicht ganz unrecht: Im Vorjahr machte die Bahn 27,9 Millionen Euro Verlust, die Schulden steigen jährlich um 1,5 bis 1,8 Milliarden. Pro Jahr fallen 695 Millionen Euro an Zinsen an. Horrende Summen, selbst für Stronach, der laut "Forbes"-Liste ein Vermögen von 1,2 Milliarden US-Dollar haben soll. Auf Nachfrage, ob er sich der tristen Finanzlage der ÖBB bewusst sei, bekräftigte seine Sprecherin gegenüber der "Krone": "Das Angebot gilt."

Gewerkschaft: "Schlechter Scherz"
Die für die ÖBB zuständige Dienstleistungsgewerkschaft vida hat die von Spindelegger und Stronach geführte Debatte am Donnerstag als "schlechten Scherz" bezeichnet. Privatisierungen der Eisenbahn in anderen Ländern hätten zur Genüge belegt, dass dies zu massiven Verschlechterungen für die Passagiere und bei der Sicherheit im Bahnverkehr führe, sagte vida-Chef Rudolf Kaske. "Die Ansage des Vizekanzlers zeigt, wie verantwortungslos er mit guten öffentlichen Dienstleistungen umgeht, sonst würde er die ÖBB nicht für vorgezogenes Wahlkampfgeplänkel missbrauchen", so der SPÖ-Mann.

Zu Stronach sagten die Gewerkschafter: "In die ÖBB wurde viel Geld investiert. Sie sind viel zu wertvoll, um sie zu einem Scherzbetrag an Herrn Stronach zu verscherbeln. Sein Motto 'Wer das Gold hat, macht die Regel' wird in diesem Fall nicht in Erfüllung gehen."

Spindelegger: "Gehöriger Teil unseres Budgets"
Im Ö1-"Morgenjournal" ging Spindelegger auf die Kritik der Gewerkschaft ein. Man dürfe nicht die Befürchtungen in den Vordergrund stellen, bevor man noch ein Wort darüber geredet hat. "Dass wir mit der ÖBB ein wichtiges Unternehmen in Österreich haben, ist unbestritten. Dass wir aber dort etwa sieben Milliarden Euro Direktzuschüsse und Haftungen übernehmen, das ist ein gehöriger Teil unseres Budgets, muss auch gesagt werden."

Auf die Frage, warum er im "Sommergespräch" gerade den früheren Magna-Chef erwähnte, sagte Spindelegger, Stronach sei jemand, der in der Wirtschaft großen Erfolg gehabt habe und viele Arbeitsplätze geschaffen habe. Das sei eine Stärke von ihm, mit der er sich um Österreich verdient machen könne.

Kern: ÖBB kein "Desasterfall"
ÖBB-Vorstandschef Kern kommentierte die Debatte am Freitag erstmals und kritisierte die Diskussion als "hochgradig unfair" für die Bahn-Mitarbeiter und die Kunden. Er wehre sich entschieden dagegen, dass die Bundesbahnen schlechtgemacht würden. Die ÖBB seien auf einem sehr erfolgreichen Gesundungskurs: "Wir werden ein Jahr früher als angekündigt, nämlich heuer, schwarze Zahlen schreiben." Es sei daher nicht seriös, die ÖBB nun als "wirtschaftlichen Desasterfall" darzustellen.

Eine Privatisierung sei eine Frage des Eigentümers, Kern wollte auf diesen Aspekt der Diskussion nicht näher eingehen. Nur so viel: "Jeder hat gesehen, wie die Debatte entstanden ist, da möge sich jeder seinen Reim selber drauf machen." Letztlich ortet Kern einen kabarettistischen Aspekt in der nun aufgebrochenen Debatte, denn "die Arbeitsplätze der von den ÖBB für die Werbung beschäftigten Kabarettisten Ciro De Luca und Christoph Fälbl wackeln".

Bures: "Steht nicht zum Verkauf"
Das Büro von SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures erklärte zur ganzen Debatte klipp und klar: "Die ÖBB stehen nicht zum Verkauf." Freitagmittag nannte die Ministerin selbst die Verkaufsdebatte "ohne Substanz", zumal das Unternehmen auf einem guten Kurs sei. "Die ÖBB sind bereits Europameister bei der Beförderung von Gütern auf der Schiene. Zudem sind sie am besten Weg, die pünktlichste und sauberste Bahn in Europa zu werden und bereits heuer schwarze Zahlen zu schreiben." Den Bundeszuschuss zur Bahn beziffert die Ministerin für heuer mit rund 2,2 Milliarden Euro.

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