Im tiefschwarzen NÖ

SP-Hoffnungsträger Stadler: ‘Das hier ist kein Kuschelkurs’

Österreich
11.04.2013 17:00
Regieren mit Erwin Pröll: Der Mann, der sich das zutraut, ist Hoffnungsträger der SPÖ im schwarzen Niederösterreich. Im Interview mit Conny Bischofberger erklärt Matthias Stadler sein Motto: verbindlich im Ton, hart in der Sache.

Die Meldung kam am Mittwochnachmittag und überraschte: In Niederösterreich vereinbart die ÖVP, obwohl sie bei den letzten Landtagswahlen ihre Absolute halten konnte, ein Arbeitsübereinkommen mit der SPÖ. Den Fünfjahresdeal besiegelte Landeshauptmann Erwin Pröll mit dem neuen SPÖ-Chef und langjährigen Bürgermeister der roten Hochburg St. Pölten, Matthias Stadler (47). Wer ist der Mann, dem der Landesfürst freiwillig ein Stückchen Macht abgibt?

Donnerstagmorgen in Stadlers Büro: Prölls Partner sieht ein bisschen aus wie Othmar Karas und ist genauso freundlich. An Größe übertrifft er mit seinen 1,86 m den Landeshauptmann deutlich. Dunkelblauer Anzug, hellblaues Hemd, rote Krawatte - was viele Politiker tragen. Am Handgelenk blitzt manchmal eine rote Swatch unter dem Ärmel hervor. "Ein Geschenk", lächelt Stadler. Hinter ihm drei Fahnen (NÖ, Europa, Österreich), auf dem Tisch eine dunkelrote Aktenmappe mit zwei Ersatzkrawatten (dunkelrot und rot-schwarz gestreift). Auf seinem Wasserglas steht "SPÖ".

"Krone": Herr Stadler, gäbe es dieses Arbeitsübereinkommen auch, wenn Frank Stronach nicht fast zehn Prozent der Stimmen gewonnen hätte in Niederösterreich?
Matthias Stadler: Ich möchte nicht spekulieren... Tatsache ist, dass ich in den neun Jahren, in denen ich Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten bin, - obwohl wir ganz unterschiedliche politische Prägungen haben - eine Gesprächsbasis mit Erwin Pröll gefunden habe, die von Respekt und gegenseitiger Wertschätzung geprägt ist. Für den Erwin Pröll ist ein Gradmesser, wie jemand seinen Job erfüllt und ich habe den Bürgermeisterjob, wie man mir attestiert, gut gemacht. Das ermöglicht jetzt eine neue Form der Zusammenarbeit in Niederösterreich.

"Krone": Haben Sie keine Angst, dass Erwin Pröll mit Ihnen Schlitten fährt?
Stadler: Wenn man ängstlich ist, darf man sich nicht in die Politik begeben. Ich bin nicht ängstlich.

"Krone": Sondern?
Stadler: Zielstrebig, verlässlich und durchaus ehrgeizig.

"Krone": Aber können Sie auch unbequem sein?
Stadler: Fragen Sie die Oppositionsparteien in St. Pölten!

"Krone": Beim Thema Finanzen und Veranlagungen wird das nötig sein. Welche Gesprächsbasis haben Sie da?
Stadler: Der SPÖ war es wichtig, dass das mit dem Bund vereinbarte Spekulationsverbot kommt; die ÖVP ist darauf eingestiegen und es wird noch in der ersten Arbeitssitzung des Landtages beschlossen. Wir haben auch vereinbart, dass nicht nur die Wohnbauveranlagungen, sondern alle Geldgeschäfte, die in den spekulativen Bereich hineinfallen, auf den Tisch kommen müssen.

"Krone": Gilt das auch für die FIBEG (Anm.: Land Niederösterreich Finanz- und Beteiligungsmanagement GmbH)?
Stadler: Natürlich.

"Krone": Erwin Pröll behauptet ja, es gebe keine Spekulation.
Stadler: Man kann immer diskutieren, wo fängt Spekulation an und wo hört sie auf? Denn machen wir uns nichts vor: Vor ein paar Jahren hat jede Gemeinde, die da nicht mitgemacht hat, sich verteidigen müssen! Ich bin kein Träumer... Aus diesen Geschäften kann man nicht morgen einfach ohne Verluste aussteigen. Deshalb werden wir Experten beiziehen, weil noch niemand im Detail alles nachvollziehen konnte, dazu ist dieses Feld einfach zu komplex.

"Krone": Der Rechnungshof schon: Er hat festgestellt, dass von zwei Milliarden derzeit eine Milliarde einen "Nichtgewinn" einfährt. Wie klingt das für Sie?
Stadler: Nicht gut... Wobei das eine Momentaufnahme sein kann. Umso wichtiger ist es, Szenarien zu entwickeln, wann für welches Geschäft der richtige Zeitpunkt für einen Ausstieg ist.

"Krone": Werden Sie auch für eine bessere Kindergartenversorgung kämpfen?
Stadler: Sicher, denn als Bürgermeister weiß ich, dass wir vom Hintergrund der demografischen Entwicklung eine flächendeckende Kleinkinderversorgung bis zweieinhalb Jahre brauchen. Auch hier hat es schon einige Fortschritte gegeben. Wir haben das Angebot der Nachmittagsbetreuung und Ganztagsbetreuung in sozialdemokratischen Gemeinden versiebenfacht. Auch im Wohnbaubereich muss noch viel geschehen.

"Krone": Trotzdem haben nur noch 21,6 Prozent der Menschen SPÖ gewählt... Spielen Sie jetzt nicht den Steigbügelhalter für einen Landeshauptmann, der mit Ihnen noch mächtiger wird?
Stadler: Die Frage ist: Wäre Konfrontation der bessere Weg? Als Demokrat akzeptiere ich, dass die ÖVP und der Landeshauptmann mit 51 Prozent bestätigt wurden. Aber deshalb ist das hier noch lange kein Kuschelkurs. Ich werde mir nicht den Mund verbieten lassen!

"Krone": Wie muss man sich Ihr Verhältnis zu Erwin Pröll vorstellen?
Stadler: Wir sind seit etlichen Jahren per Du und haben regelmäßige Treffen. Manchmal trinken wir auch ein gutes Achtel Veltliner miteinander. Ich schätze seine Handschlagqualität. Erwin Pröll hat mich in dieser Hinsicht noch nie enttäuscht.

"Krone": Wenn er der Landesfürst ist, was sind Sie dann?
Stadler: Der Matthias Stadler. Ich brauche im Landhaus und in der Regierung keinerlei Funktion. Dafür hätte ich den Bürgermeister zurücklegen müssen. Mich haben viele Menschen in St. Pölten gefragt: Herr Bürgermeister, bleiben Sie eh unser Bürgermeister? In solchen Momenten weiß ich, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

"Krone": Wer hat Ihnen aus der Bundespartei gratuliert?
Stadler: Ich habe mit Werner Faymann, Josef Ostermayer und der Gabriele telefoniert, der Bundesministerin Heinisch-Hosek. Aber natürlich gibt es in der Partei auch einige, die sagen: Warum geht man diesen Kurs, wo man nichts mitzureden hat und sich nicht profilieren kann. Ich will konstruktiv für das Land arbeiten.

"Krone": Wie wird man in einem tiefschwarzen Bundesland eigentlich zu einem überzeugten Sozialdemokraten?
Stadler: Das geht bis in meine Kindheit zurück. Meine Eltern mussten durchaus aufs Geld schauen. Die älteren Geschwister haben sich deshalb alles geteilt. Dann kam Bruno Kreisky, und ich als Nachzügler hatte plötzlich nagelneue Schulbücher und es hat auch noch die Schülerfreifahrt gegeben. Diese massive Verbesserung hab ich am eigenen Leib gespürt und das hat mich während der ganzen Schulzeit geprägt.

"Krone": Privat sind Sie unverheiratet und kinderlos. Darf man Sie fragen, warum?
Stadler: Ich hab die Susi während des Studiums in Wien kennengelernt, und seit damals leben wir eigentlich zusammen. Manch eine Ehe hält nicht so lange. Sie lässt mir meinen Freiraum. Wenn man so eingespannt ist wie ich, muss man sich die Kinderfrage doppelt und dreifach überlegen.

"Krone": Tiere?
Stadler: Zwei Tigerkatzen, Valentina und Diego. Obwohl ich Hunde auch sehr gern mag. Aber für die braucht man mehr Zeit, als ich habe.

"Krone": Wann ist Matthias Stadler ganz Privatmensch?
Stadler: Ich liebe exotische Pflanzen. In meinem Wintergarten habe ich eine ganze Sammlung von Orchideen - mein verstorbener Vater hat sie in Glashäusern gezüchtet. Sie sind mein Refugium. Egal wie früh oder wie spät es am Tag ist, sie zu besprühen und zu bewundern, dafür muss immer Zeit sein.

Zur Person
Geboren am 9.2.1966 als "Nachzügler" einer Lehrerfamilie in St. Pölten (drei ältere Geschwister). Stadler studiert in Wien deutsche Philologie, Geschichte und Sozialkunde mit Auszeichnung. Mitglied der SPÖ seit 1992. Seit 2004 ist er Bürgermeister von St. Pölten, seit März neuer SPÖ-Vorsitzender in Niederösterreich. Stadler lebt seit fast 30 Jahren mit der Lehrerin Susi Hörl zusammen - Hochzeit und Kinder sind nicht geplant. Privat geht e

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