Nach Fall Natalia Z.

Rot-Weiß-Rot-Card: Kurz bei Einkommen gesprächsbereit

Österreich
28.02.2013 13:18
Der Fall einer hochqualifizierten Studentin aus Kolumbien, die nach elf Jahren in Österreich Anfang März das Land verlassen soll, sorgt für politische Diskussionen. Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz fordert erneut eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Card, die den Zuzug von Schlüsselkräften regelt. Auch die Einkommensgrenzen, die der jungen Kolumbianerin zu schaffen machen, sollen nachjustiert werden. Sozialminister Rudolf Hundstorfer erteilte den Reform-Plänen in einer ersten Reaktion allerdings umgehend eine Absage.

Sie ist Politikwissenschaftlerin, spricht fünf Sprachen, ist sozial engagiert und seit mehr als einem Jahrzehnt legal in Österreich. Der österreichische Staat hat ihr mittels Stipendien zwei Studien finanziert. Nun soll die 29-jährige Natalia Z. aus Kolumbien das Land verlassen. Begründung: Sie hat keinen Langzeitjob mit einem monatlichen Bruttogehalt von mindestens 1.998 Euro pro Monat. Nur ein solcher würde ihr eine Rot-Weiß-Rot-Card und somit den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt verschaffen (siehe Infobox).

Seit das Schicksal der Kolumbianerin bekannt wurde, steht Österreichs Umgang mit hochqualifizierten Zuwandern wieder im Zentrum heißer Debatten. Faktum ist: Die 2010 eingeführte Rot-Weiß-Rot-Card hat die Erwartungen der Verantwortlichen nicht erfüllt. Statt der erwarteten 8.000 Zuwanderer sind im Vorjahr nur 1.500 gekommen, bemängelt Staatssekretär Kurz.

"Die jüngste Bilanz zeigt: Wir haben Handlungsbedarf", sagte Kurz am Donnerstag. Die Einkommensgrenzen waren für den ÖVP-Politiker bisher tabu. Angesichts des Falles Z. will der Staatssekretär nun auch darüber sprechen.

Rot-Weiß-Rot-Card auch für Bachelors?
"Ich mache seit mehr als einem halben Jahr Druck", so Kurz, der sich für Erleichterungen bei der Arbeitsbewilligung für Migranten in Österreich einsetzt. Geht es nach ihm, sollen in Zukunft etwa auch Absolventen eines Bachelor-Studiums eine Rot-Weiß-Rot-Card beantragen dürfen.

Kurz könne sich diesen Schritt zumindest in jenen Bereichen vorstellen, "wo viele locker die derzeitigen Einkommensgrenzen überspringen, aber nicht bleiben dürfen", etwa bei den Naturwissenschaften. Derzeit erhalten ausländische Studenten nur mit einem abgeschlossenen Master- oder Diplomstudium eine Arbeitsgenehmigung.

Kaum jemand bleibt
Ein weiteres Problem: Nur 16 Prozent der ausländischen Studierenden bleiben derzeit nach ihrem Abschluss im Land. In Deutschland sind es im Vergleich dazu 25, in Kanada sogar 33 Prozent. "Wir bilden junge Menschen mit Steuergeld aus, aber arbeiten und Steuern zahlen tun sie dann woanders. Das ist nicht okay", sagte Kurz.

Kurz will die Rot-Weiß-Rot-Card in Zukunft gezielt im Ausland bewerben. Ein Schwerpunkt soll dabei auf den "leistungsorientierten Zuwandermärkten" wie China, Indien, Japan, Singapur und Nordamerika liegen.

Sozialministerium lehnt Reformen ab
Als "wenig sinnvoll" erachtet das Sozialministerium die von Kurz geforderten Reformen der Rot-Weiß-Rot-Card. Sozialminister Rudolf Hundstorfer lehne die Forderung ab, Uni-Absolventen aus dem Nicht-EU-Ausland schon mit einem Bachelor-Studium eine Arbeitsbewilligung zu erteilen, hieß es am frühen Donnerstag.

Auch dem Vorschlag einer Adaptierung der Einkommensgrenze steht das Ministerium skeptisch gegenüber. "Die Bundesregierung hat sich für Kriterien ausgesprochen, die für den Erhalt der Arbeitsbewilligung zu erfüllen sind", so ein Sprecher des Ministeriums. Dazu zähle auch die Einkommensgrenze von derzeit knapp unter 2.000 Euro brutto.

Wirtschaftskammer relativiert Kurz' Einwandererzahlen
Die Wirtschaftskammer Österreich betonte, die von Kurz genannte Zahl von 8.000 Zuwanderern, die jährlich angezogen werden sollen, beziehe sich nicht auf den Status quo, sondern auf ein langfristiges Ziel.

So soll laut einer im Jahr 2011 präsentierten Studie der Donau Universität Krems und des Instituts für Höhere Studien der Zuzug hochqualifizierter Arbeitskräfte bis 2015 auf 5.000 jährlich und erst im Endausbau im Jahr 2030 auf 8.000 Personen gesteigert werden. In Summe bedeute das laut Studie eine Zuwanderung von etwa 100.000 Fachkräften aus Drittstaaten zwischen 2010 und 2030.

Reform käme für Natalia Z. ohnehin zu spät
Für Natalia Z. dürfte eine allfällige Reform ohnehin zu spät kommen. Um in Österreich bleiben zu können, muss sie bis 6. März eine Anstellung mit entsprechender Entlohnung vorweisen - für Arbeitsmarktexperten in Anbetracht der Einstiegsgehälter im geisteswissenschaftlichen Bereich eine unrealistische Aufgabe.

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