"Nichts zu Feiern"

Regierung: Keine Highlights nach einem Jahr im Amt

Österreich
08.12.2014 09:11
Die Meinungsforscher sehen im ersten Jahr der Neuauflage der rot-schwarzen Regierung keine Highlights. Für Peter Hajek ist die Regierung derzeit immer noch "stärker in der Planung diverser Projekte als in deren Umsetzung". Auch David Pfarrhofer (market) sieht "wenige innenpolitische Meilensteine". Und OGM-Chef Wolfgang Bachmayer meinte: "Zum Feiern gibt es wirklich keinen Grund."

Bachmayer verwies im Gespräch mit der APA darauf, dass bereits im Koalitionsvertrag als Hauptziele Wirtschaftswachstum und eine Steigerung der Beschäftigung genannt worden waren - passiert sei hier aber nichts Wesentliches. "Es gibt wenig Milestones" innerhalb des ersten Jahres, so der OGM-Chef.

Auch der Obmannwechsel bei der ÖVP hat für Bachmayer keinen wesentlichen Unterschied gebracht - wenn überhaupt, dann nur "im Erscheinungsbild". Gelungen ist für den Experten allerdings das "Wie" des Übergangs von Michael Spindelegger zu Reinhold Mitterlehner, es habe "kein mühsames Dahinmetzeln" von potenziellen ÖVP-Chefs gegeben.

Steuerreform: "Mit hohem Tempo in die Sackgasse"
Bei der Steuerreform rechnet Bachmayer mit wenig Bewegung innerhalb der ÖVP durch den Obmann-Tausch. Er glaube vielmehr, "dass da jetzt wieder die Schützengräben bezogen werden" - sich sowohl SPÖ als auch ÖVP in ihren Positionen einmauern werden. Auch durch das schlechte Ergebnis von SPÖ-Chef Werner Faymann beim Bundesparteitag sei die Situation keine einfachere geworden.

"Ich bin der Meinung, dass die Regierung hier in sehr hohem Tempo in eine Sackgasse rast. Die Steuerreform ist zu einer heiligen Kuh geworden", schuld daran seien sowohl die Regierung als auch "sonstige Organisationen" wie ÖGB oder Industriellenvereinigung. Durch das "gegenseitige Hochlizitieren" - beispielsweise hinsichtlich des Volumens der Reform - sei eine hohe Erwartungshaltung in der Bevölkerung entstanden, die nicht erfüllt werden könne. Er fürchte, dass die Bürger letztlich vom Ergebnis "ziemlich enttäuscht" sein werden. Schlussendlich werde man sagen müssen: "Viel Lärm um wenig."

Hajek: "Bemerkenswerter Kulturwechsel in der ÖVP"
Für Hajek (Public Opinion Strategies) ist es immerhin schon ein "Wandel", dass sich die Regierung nun grundsätzlich auf die Umsetzung einer Steuerreform geeinigt hat: Dass es zu einer solchen kommen muss, "diese Erkenntnis gibt es nun" innerhalb der Regierung.

Die "Grabenkämpfe", die es noch unter Spindelegger mit der SPÖ gegeben habe, hätten sich nun aufgelockert, so Hajeks Befund: "Mitterlehner gräbt sich nicht ein." Als positiv wertet der Meinungsforscher etwa, dass sich die ÖVP angesichts des schwachen Ergebnisses von Faymann beim Parteitag mit Kommentaren zurückgehalten habe. Das sei ein "bemerkenswerter Kulturwechsel".

Geteilte Meinung zum "Neuwahlgespenst"
Die zuletzt sanft aufgekeimten Neuwahlspekulationen hält Hajek eher für Motivationsversuche in den eigenen Reihen. Schon alleine wegen der derzeitigen Stärke der FPÖ könnten es sich die Regierungsparteien nicht leisten, Neuwahlen vom Zaun zu brechen.

Das glaubt auch Pfarrhofer, der das Momentum derzeit durch den Obmannwechsel bei der ÖVP sieht. Die Partei habe das "sehr gut gelöst, aus einer passiven Rolle hin zu einer tragender Kraft" zu werden. Gleichzeitig merkte er an, dass es die ÖVP bei den kommenden Wahlen, vor allem in Wien, nicht leicht haben werde. "Es steht aber ungleich mehr für die SPÖ am Spiel", meinte er, denn in Wien gehe es um den Bürgermeister. Er könne sich derzeit nicht vorstellen, dass die Koalition auf Bundesebene zerbricht. "Beide haben wenig Anlass, darüber nachzudenken."

Bachmayer sieht das ein wenig anders: Das "Neuwahlgespenst" könnte "wieder ein bissel herumkreisen", meinte er mit Blick auf den angeschlagenen SPÖ-Vorsitzenden. Der OGM-Chef verwies darauf, dass neben dem Konfliktfeld der Steuerreform 2015 auch ein "Superwahljahr" vor der Tür stehe. Mit den Gemeinderatswahlen und den Landtagswahlen in der Steiermark sowie den Landtagswahlen in Wien und Oberösterreich stünden Wahlgänge an, die der SPÖ unangenehm werden könnten.

Im Prinzip traue er es der SPÖ zu, wie schon 2008 beim Wechsel von Alfred Gusenbauer auf Faymann einen weiteren Austausch des Parteivorsitzenden zu vollziehen. Er verwies auf die "Vorverlegungsgelüste" für die Wiener Wahl. Sollte kein befriedigender Steuerreform-Beschluss kommen und sich die SPÖ im neuen Jahr nicht wesentlich erholen (wofür Bachmayer derzeit keine Anzeichen sieht), seien auch Neuwahlen mit einem neuen SPÖ-Spitzenkandidaten nicht auszuschließen - eventuell gemeinsam mit der Wiener Wahl, so der OGM-Chef.

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