Wirbel im Parlament

Protest-Sujets nach 1 Monat plötzlich “Menschenhatz”

Österreich
17.10.2012 14:19
Den Regierungsparteien scheinen in der Debatte um den abgewürgten U-Ausschuss die Argumente auszugehen. Am Mittwoch empörten sich SPÖ und ÖVP im Nationalrat über Inserate des Grünen-Parlamentsklubs in Regionalmedien, die Abgeordnete, die für das Abdrehen des U-Ausschusses gestimmt haben, namentlich nennen. Die Aufregung mutet allerdings etwas künstlich an, denn schon seit Mitte September halten die Oppositionsmandatare die Sujets regelmäßig bei Nationalratssitzungen ins Plenum und damit in Fernseh- und Pressekameras.

19. September 2012: Der grüne Klub hält während einer Parlamentsdebatte über den U-Ausschuss Tafeln mit den Namen roter und schwarzer Abgeordneter in die Höhe, unter jedem steht: "Eine Stimme für Vertuschung und gegen Aufklärung." (Bild li.)
5. Oktober 2012: Der grüne Klub hält während einer Parlamentsdebatte über den U-Ausschuss Tafeln mit den Namen roter und schwarzer Abgeordneter in die Höhe, unter jedem steht: "Eine Stimme für Vertuschung und gegen Aufklärung."
12. Oktober 2012: Die Klubchefs von ÖVP und SPÖ halten während einer Parlamentsdebatte über den U-Ausschuss Tafeln mit den Namen roter und schwarzer Abgeordneter in die Höhe (unter jedem steht: "Eine Stimme für Vertuschung") und beschweren sich über "Pranger-Inserate" der Grünen (Bild re.).

Im Plenum egal, im Bezirksblatt "Menschenhatz"?
Fast einen Monat haben sich die Regierungsparteien also nicht an den parlamentarischen Frontalangriffen der Oppositionspartei gestoßen, die auch im Fernsehen übertragen wurden. Am Mittwoch wurden die Grünen-Sujets mit den Namen jener Mandatare, die für das Abdrehen des U-Ausschusses gestimmt haben, dennoch zentrales Element der großkoalitionären Wortmeldungen.

Warum? Abgesehen davon, dass die Sujets eine der wenigen verbliebenen Angriffsflächen für die Regierungsparteien in der Debatte um das unrühmliche Ende des U-Ausschusses bieten, haben die Grünen die Sujets in den vergangenen Tagen in Lokalmedien in den Wahlbezirken der Abgeordneten inseriert.

Koalitionsparteien fühlen sich an den Pranger gestellt
ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf erkannte darin am Mittwoch eine "Menschenhatz", politisch Andersdenkende würden von den Grünen an den Pranger gestellt. SPÖ-Klubobmann Josef Cap meinte, die Aktion sei der Grünen nicht würdig. Beim U-Ausschuss sei alles ordnungsgemäß abgelaufen. Immerhin habe die damalige Grünen-Ausschussvorsitzende Gabriela Moser zu Beginn der Arbeit selbst angekündigt, dass das Gremium wohl bis etwa Mitte Oktober tagen werde.

BZÖ-Chef Josef Bucher, Sitznachbar des grünen Klubs, sprach von einem "schlechten Stil", so etwas auf Kosten der Steuerzahler (gemeint sind damit wohl Gelder aus der Parteiförderung, Anm.) zu schalten. FP-Klubchef Heinz-Christian Strache sah eine "grüne Methode": "Wir machen das seit Jahren mit." Allerdings sei es auch schlechter Stil und unwürdig, dass die Koalition den U-Ausschuss abgedreht habe.

Als Anmerkung zum Namen der ausschließlich SP- und VP-Mandatare steht kleingedruckt am unteren Ende der Anzeigen: "Hat für das Abdrehen des Untersuchungsausschusses per 16.10. gestimmt." Nach Berechnungen der Volkspartei sollen die Inserate in 129 verschiedenen Ausgaben von Bezirksblättern geschaltet worden sein, die in Farbe knapp 30.000 Euro gekostet haben sollen. Der Grüne Klub dagegen spricht von netto weniger als 11.000 Euro.

Grüne: Nur öffentliches Abstimmungsverhalten veröffentlicht
"Wir haben bei allen parlamentarischen Abstimmungen die Abgeordneten der Regierungsfraktionen auf ihre jeweils eigene persönliche Verantwortung hingewiesen und auch vorab öffentlich angekündigt, dass wir die Bevölkerung über das Abstimmungsverhalten der einzelnen Abgeordneten informieren werden. Wenn Cap und Kopf ihr eigenes Abstimmungsverhalten und das ihrer Fraktionskollegen nicht veröffentlicht wissen wollen, dann bestätigen sie genau den Vorwurf der Vertuschung, der in den Inseraten erhoben wird", meinte Grünen-Chefin Eva Glawischnig. "Das Veröffentlichen eines öffentlichen Abstimmungsverhaltens als 'Menschenhatz' zu bezeichnen, ist vollkommen absurd."

Der Korruptions-Untersuchungsausschuss wurde bei der Sitzung am Mittwoch übrigens offiziell zu den Akten gelegt. Nach einem mündlichen Bericht des letzten U-Ausschuss-Vorsitzenden Walter Rosenkranz (FPÖ) und vier Stunden Debatte lehnten SPÖ, ÖVP und die "wilden" Abgeordneten des "Team Stronach" Mittwochnachmittag Anträge von FPÖ und Grünen ab, einen schriftlichen Bericht über die Untersuchungstätigkeit zu erstellen.

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