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Pilz fährt jetzt volles Programm gegen Berlakovich

Österreich
03.10.2012 16:33
Nach der Befragung von Nikolaus Berlakovich im U-Ausschuss hat sich Peter Pilz nun voll und ganz auf den ÖVP-Minister eingeschossen: "Der Fall Berlakovich geht meiner Meinung nach über die Causa Ostermayer und Faymann hinaus", erklärte der grüne Politiker am Mittwoch. Er will die Staatsanwaltschaft über seinen Verdacht auf Beitragstäterschaft zur Untreue und verdeckte Parteienfinanzierung informieren. FPÖ und BZÖ fordern indes eine Sondersitzung wegen Berlakovichs Inseraten in der ÖVP-nahen "Bauernzeitung". Diese ist übrigens laut Eigenangaben ein österreichisches "Leitmedium".

Pilz erklärte am Mittwoch vor Beginn der Ausschusssitzung, er wolle weitere Personen zur Causa Berlakovich in den U-Ausschuss laden: das Präsidium des Klimafonds, Beamte des Ministeriums und Mitarbeiter des Kabinetts des Landwirtschaftsministeriums. Neben Berlakovich sei auch der frühere Landwirtschaftsminister Josef Pröll verdächtig der Beitragstäterschaft zur Untreue, so Pilz.

Es gebe Beweise, dass der Klimafonds von Berlakovich im Zuge von Anzeigenkampagnen missbraucht worden sei, so der Grüne. Inserate mit dem Bild des Ministers seien erst im Nachhinein genehmigt und auf Weisung des Klimafonds-Präsidiums bezahlt worden. In einem Bericht zum Klima- und Energiefonds habe der Rechnungshof sogar darauf hingewiesen, dass sich die Rolle des Fonds im Falle der Inseratenkampagne des Lebensministeriums auf die nachträgliche Übernahme der Kosten beschränkt habe.

"Bauernzeitung"-Inserate "verdeckte Parteienfinanzierung"
Verdächtig kommen dem Grünen-Abgeordneten auch die Inserate in der "Bauernzeitung" vor. Diese gehöre über viele Verschachtelungen dem Bauernbund, einer Teilorganisation der ÖVP. Über Inserate und Presseförderung sei hier von Berlakovich eine verdeckte Parteienfinanzierung erfolgt, so der Vorwurf von Pilz.

Grünen-Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber kritisierte, dass Berlakovich im U-Ausschuss die Eigentümerverhältnisse der "Bauernzeitung" nicht nennen konnte. Es sei "bemerkenswert", dass der Minister, der im Impressum der "Bauernzeitung" stehe, nicht ausführen könne, wem die Zeitung gehöre, so Pirklhuber.

ÖVP weist Vorwürfe zurück, Bauernbund lobt "Leitmedium"
ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon wies die Vorwürfe der Grünen entschieden zurück. Diese "unglaublichen Vorwürfe und Anwürfe" richteten sich selbst, meinte er. Dass der Landwirtschaftsminister in einer Bauernzeitung inseriere, sei selbstverständlich.

Das sieht wenig überraschend auch der Bauernbund so, der am Mittwoch zur Verteidigung Berlakovichs ausrückte. Die "Bauernzeitung" sei ein "Top-Medium" und ein "Leitmedium" im Agrarbereich, erklärte Bauernbund-Direktor Johannes Abentung. Und es sei selbstverständlich, in der "Bauernzeitung" zu inserieren, wenn man die landwirtschaftliche Zielgruppe erreichen wolle, gelte sie doch für 37 Prozent ihrer Leser als "Hauptinformationsquelle".

Die Zeitung als "untergeordnet" zu bezeichnen, wie das der RH getan hat, sei eine "unsachliche Abqualifizierung", so Abentung. Tatsächlich liege die wöchentliche Auflage der Agrarzeitschrift laut Bauernbund bei 137.000 Stück, was etwa die Druckauflage des Wochenmagazins "profil" mit rund 92.000 Stück übertrifft.

FPÖ und BZÖ wollen "schwarzen Inserator" im Nationalrat
FPÖ und BZÖ wollen die Öffentlichkeitsarbeit des Landwirtschaftsministers indes nicht im auslaufenden U-Ausschuss, sondern bei einer Sondersitzung des Nationalrats thematisieren. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach am Mittwochnachmittag von einer "erdrückenden" Faktenlage. Offenbar habe ein ÖVP-Minister "große Teile" seines Budgets zweckwidrig verwendet, um ÖVP-nahe Institutionen und Medien am Leben zu erhalten, so Strache. Er stellte den Verdacht der "illegalen Parteienfinanzierung" in den Raum und bezeichnete Berlakovich als eine Art "schwarzen Faymann".

BZÖ-Obmann Josef Bucher erklärte sich zu einer Sondersitzung über die Vorgänge "rund um den schwarzen Inserator Berlakovich" bereit, immerhin habe das BZÖ dazu seit Jahren Anfragen gestellt.

Fix ist ein Sonderplenum damit allerdings noch nicht, weil die Grünen noch abwarten wollen. "Wir überlegen uns alles Mögliche, was Berlakovich betrifft", hieß es am Mittwochnachmittag im Grünen Parlamentsklub. Vor einer Entscheidung über eine Sondersitzung will man aber die offizielle Anfrage der FPÖ abwarten. Und: "Wir wollen auch Faymann nicht aus der Ziehung lassen."

Berlakovich durch Rechnungshof-Rohbericht in Bedrängnis
Berlakovich kam Anfang der Woche durch einen Rechnungshof-Rohbericht in Erklärungsnot, demzufolge sein Ressort 2006 bis 2011 29,73 Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben hat, davon 13,01 Millionen Euro Kampagnen in Printmedien. Außerdem zierte im Jahr 2010 das Porträt des Ministers 94 Prozent der Inserate. Weiters kritisiert der Rechnungshof, dass häufig Inserate in Medien "mit untergeordneter oder nicht bekannter Reichweite" geschaltet würden - etwa der "Bauernzeitung".

Vor dem Rohbericht hatte eine parlamentarische Anfrageserie des BZÖ ein ähnliches Bild gezeichnet: Demnach flossen zwischen 2000 und 2011 2,7 Millionen Euro als Subvention für Öffentlichkeits- und Informationsarbeit an dem Bauernbund, dessen Vertreter seit Jahrzehnten die Geschicke im Landwirtschaftsministerium lenken (geringere Beträge erhalten auch die Bauernorganisationen der anderen Parteien). Das dem Bauernbund nahestehende "Forum Land" erhielt im selben Zeitraum 3,4 Millionen Euro. Von 2006 bis 2011 flossen weitere 575.000 Euro an die "Bauernzeitung".

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