Pläne präsentiert

“Pendler-Euro”: Finanzierung für ÖVP-Modell unklar

Österreich
19.11.2012 22:20
Rechtzeitig für das Wahljahr 2013 rückt eine Reform der Pendlerpauschale in greifbare Nähe. ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner hat am Montag den Vorschlag der ÖVP präsentiert. Dabei sollen vor allem Kleinverdiener, Wochenpendler, Teilzeitkräfte und Frauen profitieren, betonte sie. Die Förderhöhe würde im Schnitt um 14 Prozent steigen. Die errechneten Mehrkosten würden laut ÖAAB bei 110 Millionen Euro liegen. Eine Antwort darauf, wie das finanziert werden soll, blieb Mikl-Leitner jedoch auch am Montagabend in der "ZiB 2" schuldig.

Grundsätzlich will die ÖVP am derzeitigen System der großen und kleinen Pendlerpauschale festhalten, neu verpackt wird sie aber unter der griffigen Bezeichnung "Pendler-Euro". Wer seinen Dienstort auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann, wird demnach weiterhin erst ab einer Entfernung von 20 Kilometern gefördert.

Jene, die auf das Auto angewiesen sind, sollen die Pendlerpauschale hingegen bereits ab einer Entfernung von zwei Kilometern erhalten. Das System werde jedenfalls gerechter, argumentierte Mikl-Leitner, weil man die bisherigen 20-Kilometer-Sprünge durch Fünf-Kilometer-Zonen ersetze. Man komme damit an ein "kilometernahes System", so die ÖAAB-Obfrau.

Die Förderrichtsätze würden laut ÖVP um durchschnittlich 14 Prozent steigen, genaue Zahlen wurden aber bislang nicht genannt. Der allgemeine Verkehrsabsetzbetrag soll zudem von 291 auf 300 Euro steigen. Mit jährlichen Kosten von rund einer Milliarde Euro macht der bereits jetzt einen finanziell großen Brocken aus, da er von allen Arbeitnehmern unabhängig von der Distanz zwischen Wohnort und Arbeitsplatz geltend gemacht werden kann.

ÖVP will doppelten Zuschlag für Kleinverdiener
Die gravierendste Änderung betrifft die Kleinverdiener. Für diese soll der Pendlerzuschlag auf 290 Euro verdoppelt werden. Erhielt etwa eine Teilzeitkraft, die keine Lohnsteuer bezahlt und dreimal pro Woche mit dem Auto 25 Kilometer ins Büro pendelte, mit Pendlerzuschlag (141 Euro) und Negativsteuer (110 Euro) bisher 251 Euro, soll sie künftig mindestens 400 Euro im Jahr erhalten. Auf der anderen Seite sollen all jene, die ein Dienstauto auch privat nutzen, keine Unterstützung mehr beziehen.

"Es gibt keine Verlierer", betonte ÖAAB-Generalsekretär August Wöginger bei der Präsentation. Teilzeitkräfte - und dadurch Frauen - sowie Wochenpendler würden von dem neuen Modell profitieren, denn die Voraussetzung, dass man mindestens elf Mal im Monat zur Arbeit fahren muss, soll fallen und den Betroffenen je nach Häufigkeit ihres Arbeitswegs ein aliquoter Anteil ausbezahlt werden.

Knackpunkt Steuerfreibeträge
Der ÖVP-Vorschlag wurde noch am Montag an die SPÖ übermittelt, Mikl-Leitner erwartet, dass bereits am Dienstag Verhandlungspartner bekannt gegeben werden. Die Gespräche mit der SPÖ könnten rasch beginnen, ist sie überzeugt. Prinzipiell kamen am Wochenende seitens der Roten positive Signale.

Spießen könnte es sich aber daran, dass die ÖVP am System der Steuerfreibeträge festhalten will, die SPÖ hingegen für eine Umwandlung in Absetzbeträge plädiert, da die Freibeträge Besserverdiener bevorzugen würden. Die Sozialdemokraten wollen jedoch, dass nicht steuerpflichtige Kleinverdiener im vollen Umfang von der Förderung profitieren können (und nicht nur vom Pendlerzuschlag, wie es das ÖVP-Modell vorsieht, Anm.).

Beide Regierungsparteien peilen nun eine rasche Lösung an. Dass es sich bei der Reform um ein Wahlzuckerl für die Bevölkerung - immerhin erhalten derzeit rund eine Million Menschen eine Pendlerförderung - handle, bestritt Mikl-Leitner. "Nein, überhaupt nicht." Man wisse nur, "dass das derzeitige System nicht mehr der modernen Arbeitswelt entspricht", so die Ministerin.

Finanzierung der Mehrkosten bleibt unklar
Unklar bleibt aber vorerst, wie die ÖVP ihr Reformmodell mit berechneten Mehrkosten von 110 Millionen Euro finanzieren will. Budgetiert seien diese nicht, so Mikl-Leitner bei der Präsentation. Im Budget verursacht die Pendlerförderung nach Angaben des Finanzministeriums derzeit rund 380 Millionen Euro Steuerausfall jährlich. Auch mehrmaliges Nachfragen am Montagabend in der "ZiB 2", aus welchem Topf die zusätzlichen Gelder denn kommen sollen, brachte keine Klarheit. Die Innenministerin verwies auf Finanzministerin und Parteikollegin Maria Fekter.

Grüne: Öffi-Fahrer weiter benachteiligt
Kritik an dem ÖVP-Modell kam am Montag auch von den Grünen: Öffi-Fahrer, die aus dem städtischen Umland weniger als 20 Kilometer an den Arbeitsplatz pendeln, würden darin weiter benachteiligt werden, kritisierte Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Eine "Ökologisierung" des Reform-Vorschlags als Anreiz zur Öffi-Nutzung forderte auch SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder.

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