"Direktzuschüsse"

ÖVP verkündet “die größte Reform der Pendlerpauschale”

Österreich
07.12.2012 15:58
Die ÖVP hat am Freitag eine Einigung mit der SPÖ in Sachen Pendlerpauschale verkündet. Künftig soll es zusätzlich zu den bestehenden Steuerfreibeträgen pro gefahrenem Kilometer einen Euro für die Bezieher geben - und zwar direkt ausbezahlt. Bezieher von kleinen Einkommen sollen insofern profitieren, als ab Jänner 2013 auch Teilzeitkräfte die Pendlerpauschale beziehen können. Außerdem soll der Zuschlag für Wenigverdiener von derzeit maximal 141 auf bis zu 290 Euro pro Jahr erhöht werden.

ÖAAB-Obfrau Johanna Mikl-Leitner und ihr Generalsekretär, ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger, erklärten in einer Pressekonferenz, dass mit diesen Verbesserungen für Kleinverdiener auch die Forderung von SPÖ-Chef Werner Faymann in der "Krone" (siehe Infobox) nach einer Besserstellung von Beziehern kleiner Einkommen erfüllt werde. "Wir sind mit dem Koalitionspartner einig", der Beschluss werde im Ministerrat am kommenden Dienstag fallen, so Mikl-Leitner. Im Parlament soll die Neuerung im Februar beschlossen werden und rückwirkend mit 1. Jänner 2013 gelten.

Weiterhin kleine und große Pauschale
Im Grundsatz bleibt alles wie gehabt: Die große Pendlerpauschale erhalten weiterhin diejenigen, deren Arbeitsplatz mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erreichbar ist oder wenn deren Benutzung (wegen einer Behinderung oder besonders langer Fahrdauer) nicht zumutbar ist. Der Steuerfreibetrag (brutto) beträgt hier zwischen 372 Euro und maximal 3.672 Euro. Die kleine Pauschale bekommen Öffi-Nutzer ab einer Strecke von 20 Kilometern - hier liegt der Freibetrag zwischen 696 und maximal 2.016 Euro.

"Direktzuschuss" von einem Euro pro Kilometer
Die Neuerung: Künftig bekommt man als Bezieher einer der Pauschalen pro gefahrenem Kilometer einen Euro dazu - und zwar als direkte Auszahlung über das Finanzamt (und nicht als Erhöhung des Freibetrages). "Ein Direktzuschuss", wie Mikl-Leitner meint. Für 30 Kilometer einfache Wegstrecke gibt es beispielsweise pro Jahr 60 Euro in bar. Deckelung nach oben wird es dabei keine geben.

Förderung ab "einmal pro Woche"
Eine Verbesserung soll es auch für Teilzeitpendler geben: Bisher konnten diese erst ab elf Pendel-Tagen Anspruch auf die Fördermittel erheben. "Das ist gefallen", so die Innenministerin. Künftig bekommen schon jene, die einmal in der Woche pendeln, eine Förderung - und zwar ein Drittel der Pendlerpauschale. Wer zweimal pendelt, bekommt zwei Drittel und "ab dreimal" hat man Anspruch auf die volle Pauschale.

Zuschlag für Wenigverdiener erhöht
Der sogenannte Pendlerzuschlag für jene, die aufgrund ihres geringen Einkommens keine Steuern zahlen, wird erhöht. Diese Negativsteuer ist abhängig von der einbezahlten Sozialversicherungsabgabe. Machte diese bisher 15 Prozent der SV-Beiträge aus, so soll diese Förderung künftig 18 Prozent der Beiträge ausmachen. Der maximale jährliche Betrag wird von 141 Euro auf 290 Euro ausgeweitet.

"Zumutbarkeit" gelockert
Gelockert werden sollen auch die "Zumutbarkeitsbestimmungen": Die große Pauschale bekommt man derzeit nur, wenn die Autofahrt deutlich kürzer dauert als jene mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (laut Wöginger etwa, wenn die Autofahrt 30 Minuten, die Öffi-Fahrt aber 90 Minuten in Anspruch nimmt). Der Abstand zwischen der Fahrtzeit mit Öffis und Pkw für den Bezug soll verringert werden.

"Jobticket" auf freiwilliger Basis der Arbeitgeber
Auch für Öffi-Nutzer "unter 20 Kilometern" gibt es künftig eine Förderung: Das sogenannte Jobticket können Arbeitgeber auf freiwilliger Basis ausstellen - etwa eine Jahreskarte für die Arbeitnehmer. Der Vorteil: Dieser Betrag ist von Lohnsteuer und Sozialversicherung befreit, die Arbeitgeber können die Ausgabe absetzen. Das Ticket wird also billiger.

"Größte Reform" kostet 150 Millionen mehr
Mikl-Leitner sprach von der "größten Reform seit der Einführung der Pauschale" vor 25 Jahren. Kosten werde das Projekt 2013 rund 150 Millionen Euro zusätzlich, insgesamt wird sich die Pendlerförderung kommendes Jahr mit rund 530 Millionen Euro im Budget niederschlagen.

Die SPÖ wollte am Freitag zwar noch nicht von einer "finalen Einigung" sprechen, es geht aber offenbar nur noch um "die letzte Abstimmung der Gesetzestexte". Bis zum Ministerrat am Dienstag erwarte man laut Staatssekretär Josef Ostermayer jedenfalls einen erfolgreichen Abschluss. Die SPÖ-Forderung nach Verbesserungen für Wenigverdiener sieht auch Ostermayer erfüllt. Einzig wirklich offener Punkt seien Lockerungen bei den Zumutbarkeitsregeln - aber auch diese sollten demnächst "enderledigt" werden, so Ostermayer.

AK: "Wichtiger Schritt"
Erfreut reagierte die Arbeiterkammer: "Ein wichtiger Schritt, der den Pendlerinnen und Pendlern hilft", so Präsident Herbert Tumpel. Er bedauerte zwar, dass der Freibetrag "nicht komplett in einen Absetzbetrag umgewandelt wird", mit dem kilometerabhängigen Fixbetrag werde den Pendlern aber eine "zusätzliche Stütze gegeben, die unabhängig vom Einkommen für alle gleich wirkt". Positiv reagierten am Freitag auch der ÖAMTC und die Gewerkschaft. ÖGB-Präsident Erich Foglar sprach von "wichtigen Verbesserungen für die ArbeitnehmerInnen, vor allem im Niedriglohn- und im Teilzeitbereich".

Kritik kam von der Opposition: Die FPÖ sieht eine "Weiterführung eines ineffizienten Systems", das BZÖ sprach von einer "kleinen kosmetischen Korrektur vor einer Nationalratswahl". Die Grünen halten die Verbesserungen für Schlechterverdiener, Teilzeitkräfte und auch das Jobticket für erfreulich, die Pauschale an sich sei aber "nachweislich" eine "Speckgürtel- und Besserverdienenden-Förderung".

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