Imam hielt Rede

Nationalfeiertag im Schatten der Flüchtlingskrise

Österreich
26.10.2015 16:05
Der Nationalfeiertag hatte am Montag zwei Abschiede und eine Premiere zu bieten: Während Bundespräsident Heinz Fischer das letzte Mal anlässlich des 26. Oktobers Besucher in der Hofburg empfing und das Bundesheer seine Leistungsschau zum vorerst letzten Mal auf dem Heldenplatz zum Besten gab, hielt zum ersten Mal ein Imam eine Rede während der Angelobung von rund 1300 Bundesheer-Rekruten. Die Premiere wurde von Protesten Mitglieder der sogenannten rechtsextremen Identitären gestört. Bis auf Zwischenrufe und Transparente kam es aber zu keinen gröberen Zwischenfällen.

Österreich feiert mit seinem Nationalfeiertag die "immerwährende Neutralität", die der Nationalrat am 26. Oktober 1955 beschlossen hat. Das entsprechende Gesetz feierte heuer also seinen 60. Geburtstag. Das Gedenken stand auch im Schatten der Flüchtlingskrise.

Kranzniederlegungen vor der Krypta
Um 9 Uhr begannen die offiziellen Feiern. Zunächst gedachte Bundespräsident Heinz Fischer mit Verteidigungsminister Gerald Klug und Generalstabschef Othmar Commenda der toten Soldaten und Opfer des Widerstandes. Kurz darauf folgten die Kranzniederlegungen der Bundesregierung mit Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner an der Spitze.

Erstmals wurden die Kränze als Teil einer neuen Gedenkkultur vor und nicht in der Krypta niedergelegt. An der Außenmauer wurde dafür die Gedenktafel für die "im Dienst und Einsatz verunglückten, verstorbenen und gefallenen Soldaten" angebracht. Die Krypta wurde 2012 für die Öffentlichkeit geschlossen, nachdem bekannt wurde, dass sich auch SS-Kriegsverbrecher in den Totenbüchern des Gedenkorts befanden und eine nationalsozialistische Jubelschrift des Bildhauers Wilhelm Frass und einer konterkarierenden Botschaft eines Mitarbeiters unter der Skulptur des Toten Kriegers gefunden worden war.

Faymann: "Flüchtlingskrise ist Nagelprobe für Europa"
Bundeskanzler Faymann betonte in seiner Rede bei der Angelobung von mehr als 1300 Soldaten am Heldenplatz, dass der Umgang mit der Flüchtlingskrise "für Europa zur Nagelprobe" geworden sei. Schließlich gehe es darum, ob die europäische Solidarität "eine leere Formel" sei oder nicht. Seit Anfang September seien mehr als 300.000 Menschen durch Österreich gereist und mit Lebensmitteln, Kleidung und Medizin versorgt worden. "Ich danke den Österreichern für ihre Solidarität", bekräftigte Faymann. "Ein Land hat sein menschliches Gesicht gezeigt und hat seine Politik nicht nach Hasspredigern ausgerichtet."

Klug wirbt für gemeinsame EU-Verteidigungspolitik
Auch Verteidigungsminister Klug würdigte die EU als "Friedensprojekt von historischer Bedeutung". Die EU "ist aber kein Selbstläufer", sondern werde von der Solidarität aller Mitgliedsstaaten getragen, mahnte er. Kein EU-Staat könne im nationalen Alleingang Konflikte und deren Auswirkungen in dieser Dimension bewältigen, warb Klug einmal mehr für eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

Fischer: "Auf das Bundesheer kann man sich verlassen"
Bundespräsident Heinz Fischer, der ein letztes Mal als Oberbefehlshaber mit den Schuhspitzen zu den dargebotenen Märschen im Takt wippte, erinnerte in seinem Beitrag an den Geburtstag des Verfassungsgesetzes über die österreichische Neutralität, die sich über sechs Jahrzehnte hinweg "eindrucksvoll bewährt" habe. Das Staatsoberhaupt ging aber ebenfalls kurz auf die aktuelle Situation ein: In diesen Tagen sei das Bundesheer "eine Stütze für eine Politik, die schwierig ist, die aber von einem demokratischen, humangesinnten Staat geleistet werden muss", betonte Fischer. Man könne sich auf das österreichische Bundesheer verlassen.

Erste Imam-Rede von Rechtsextremen gestört
Nach den Spitzen der Republik sprachen wie jedes Jahr auch Religionsvertreter am Heldenplatz, wobei heuer erstmals auch ein Imam ein paar Worte an die Rekruten richtete. Gut ein Dutzend rechtsextreme "Identitäre" hielten währenddessen "Imam geh ham"- und "Nicht mit uns"-Zettel hoch. Andere Besucher des Festakts versuchten teilweise, den Rechtsextremen die Zettel zu entreißen. Auch Minister Klug zeigte für solche Aktionen kein Verständnis: Er halte davon "gar nichts", betonte er. Es sei eine "gute Idee", mit dem Auftritt des Imams auch "ein Zeichen an alle Glaubensrichtungen" zu setzen, nachdem unter den Rekruten auch viele Glaubensrichtungen vertreten seien, sagte Klug vor Journalisten.

Die Leistungsschau des Bundesheers, die heuer zum vorerst letzten Mal am Heldenplatz über die Bühne ging, bot den ganzen Tag über wieder Hubschrauber und anderes Gerät zum Probesitzen. Das Bundesheer lockte wie schon in den Jahren zuvor die Massen an. Von Freitag bis Montag wurden insgesamt 1,5 Millionen Besucher gezählz. Rundherum öffneten auch zahlreiche Einrichtungen wie das Parlament, Ministerien und Museen ihre Türen für neugierige Besucher.

Das Bundesheer hat am Heldenplatz mit einer ungewöhnlichen Show für Aufsehen gesorgt - zum Imperial March aus der "Star Wars"-Filmreihe oder etwa der Techno-Version des Soundtracks zu "Das Boot" wirbelten Garde-Soldaten ihre Gewehre und exerzierten in diversen Formationen. Sehen Sie selbst!

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