Nach Finanzskandal

Monika R.: “Von Brenner komplett vernichtet”

Österreich
26.01.2013 08:46
Das anonyme Dasein der "Schattenfrau", wie Monika R. seit dem Auffliegen des Salzburger Finanzskandals genannt wurde, hat ein Ende: Die entlassene Referatsleiterin der Finanzabteilung, der vorgeworfen wird, im Alleingang mit Landesgeld spekuliert zu haben, trat am Freitagvormittag erstmals ans Licht der Öffentlichkeit. Teils mit den Tränen kämpfend, nahm die Frau, die mit vollem Namen Monika Rathgeber heißt, zum sogenannten Schattenportfolio des Landes Stellung. Dabei gab sie an, Ex-Finanzreferent David Brenner habe sie "diskreditiert und komplett vernichtet".

Die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft als Beschuldigte geführte Frau hatte sich bislang in Interviews nur anonymisiert als Monika R. präsentiert. Dass der Anwalt der 41-jährigen Juristin ausgerechnet jetzt die volle Identität seiner Mandantin preisgibt, dürfte einen ganz pragmatischen Grund haben: In einer Woche bekämpft Rathgeber ihre Entlassung vor dem Salzburger Arbeitsgericht. Und spätestens dort wäre dann ein Blitzlichtgewitter ohnehin nicht mehr zu vermeiden gewesen.

Rathgeber nahm bei einer Pressekonferenz umfassend zum sogenannten Schattenportfolio des Landes Stellung. Dabei handelt es sich um jenes inoffizielle Wertpapier-Portfolio, das, aus Krediten finanziert, rund 1,8 Milliarden Euro schwer sein soll - und von dem das Land bis vor Kurzem nichts gewusst haben will.

"Ein Schattenportfolio hat es nie gegeben"
"Ein Schattenportfolio hat es nie gegeben", beteuerte Rathgeber, die bei der Pressekonferenz mitunter mit Tränen kämpfte. Es seien keine Rechtsgeschäfte geheim abgeschlossen worden, sagte die Juristin, die einmal mehr erklärte, dass sie sich keiner Schuld bewusst sei. Sie habe stets auf ein gutes Betriebsklima und eine transparente Arbeitsweise Wert gelegt: "Ich habe geschaut, dass alles auf dem Gemeinschaftslaufwerk dokumentiert und gespeichert wurde, dass nichts geheim war." Ihr Anwalt Herbert Hübel ergänzte: "Es gab keine einzige Urkundenfälschung, die sich auf Kreditaufnahmen oder Geschäfte bezieht. Es hat auch keine Protokolländerung stattgefunden."

"Habe nie alleine mit den Banken verhandelt"
Dass man im Ressort von den Finanzgeschäften gewusst habe, davon gehe sie aus, erklärte Rathgeber. "Ich habe nie alleine mit den Banken verhandelt." Sie habe darauf Wert gelegt, dass sie immer zu zweit gewesen seien, und es hätten immer Gespräche ihrer Vorgesetzten mit Banken stattgefunden. In den vergangenen zwölf Jahren seien dabei über 10.000 Geschäfte herausgekommen. Die Gebarung des Landes sei auch mehrfach überprüft worden. "Die Rechnungshof-Prüfungen waren nicht falsch, aber sie waren nicht ganz vollständig."

"Sich widersprechende Weisungen erhalten"
Rathgeber schilderte, dass für sie die ganze Causa im Mai 2012 ihren Ausgang genommen habe. "Ich erhielt Anweisungen, dass ich Geschäfte abschließen sollte, die das Land belastet hätten. Ich habe mich geweigert." Für ihre Weigerung habe sie eine erste "Mahnung" seitens des Finanzbeirates bekommen. "Ich hatte ein Fülle von Weisungen, die sich gegenseitig widersprochen haben", so Rathgeber.

Im Juli 2012 seien ihr dann Kompetenzen und Vollmachten entzogen worden. Sie habe davor gewarnt, dass dies dem Land 25 bis 30 Millionen Euro kosten würde. Als sie im September von der "Beurlaubung" zurückgekehrt sei und sich wieder geweigert habe, Weisungen umzusetzen, "wollte man mich wegbekommen". "Ich habe Finanzreferent Brenner darauf hingewiesen, dass es auf Dauer nicht der richtige Weg ist, die Verantwortung an externe Finanzberater abzugeben."

Im Oktober sei schließlich ein neuer Mitarbeiter der Deutschen Bank in die Abteilung gekommen. Hinter ihrem Rücken sei ein Großteil des Derivat-Portfolios, rund 253 Geschäfte, aufgelöst worden. "Da wurden erhebliche Verluste realisiert", so Rathgeber. Am 26. November habe sie davor gewarnt, dass dem Land durch eine Gesamtauflösung des Portfolios erhebliche finanzielle Belastungen zukommen würden. Laut Brenner hatte Rathgeber damals auch ein "Geständnis" abgelegt, was sie bestreitet.

"Der Bericht der Finanzabteilung ist lückenhaft"
Der Bericht der Finanzabteilung vom 16. Jänner 2013 sei "lückenhaft", "es fehlen einige Passagen zur Gänze", sagte Rathgeber. Zwar sei das mit 31. Dezember 2012 ausgewiesene Plus von rund 75 Millionen Euro "plausibel", allerdings hätten die panikartigen Geschäftsauflösungen das Land rund 100 Millionen Euro gekostet. Im Bericht des Landes sei eine positive Performance ausgewiesen worden, "es ist aber genau das Gegenteil passiert". Es sei zwar die Bewertung besser geworden, "aber es wurden die Verluste realisiert", so die Ex-Referatsleiterin.

Wie lange es dauerte, die Daten zu erheben, bezeichnete Rathgeber als "beschämend", denn diese seien jederzeit abrufbereit gewesen. Die Schulden des Landes von drei Milliarden Euro seien ja bekannt gewesen, man müsse nur den Rechnungsabschluss von 2011 ansehen und die Zahlen zusammenzählen. "Die Bürger des Landes über eineinhalb Monate in Angst und Schrecken zu versetzen, macht mich einfach fassungslos."

Von Brenner "diskreditiert und komplett vernichtet"
Sie selbst sei bei der Pressekonferenz des mittlerweile zurückgetretenen Brenner am 6. Dezember 2012 - damals informierte dieser die Öffentlichkeit über den Skandal - vor laufender Kamera "diskreditiert und komplett vernichtet" worden. "Mein Ziel war es, einen Schaden vom Land komplett fernzuhalten", betonte Rathgeber.

Sie habe sich bei den Finanzgeschäften nie bereichert, ihr Gehalt habe 4.000 Euro netto betragen. "Ich habe sogar eine Prämie abgelehnt, weil ich damit den Schuldenstand des Landes erhöht hätte." Rathgeber erklärte, sie würde ihren Arbeitsplatz gerne wieder zurückhaben. Am 1. Februar werde sie vor dem Arbeitsgericht in Salzburg dafür kämpfen.

Akten wieder in Salzburg
Unterdessen sind Kopien sämtlicher Unterlagen, die Mitte Dezember 2012 von der Korruptionsstaatsanwaltschaft beschlagnahmt worden waren und bei der Aufklärung des Finanzskandals helfen sollen, wieder nach Salzburg retourniert worden. Unter all dem Beweismaterial befindet sich auch die Festplatte von Rathgeber, auf der sie sämtliche Geschäfte dokumentiert haben soll.

Der Bundes-, der Landesrechnungshof und die angeheuerten Experten nehmen nun diese Unterlagen unter die Lupe. Letztere sind auch damit beauftragt, die rund 10.000 Geschäfte der vergangenen zwölf Monate kontrolliert aufzulösen.

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