Moskau-Visite

Kurz wirft russischen Medien Propaganda vor

Österreich
05.05.2015 15:17
Außenminister Sebastian Kurz hat bei seinem Besuch in Moskau das Bild russischer Medien eines allzu moskaufreundlichen Österreichs zurückgewiesen. "Die Propaganda, die es teilweise in Medien gibt, ist für uns und alle anderen europäischen Länder nicht steuerbar", sagte Kurz. Er reagierte damit auf Erklärungen des russischen Außenministeriums sowie die dazugehörige Berichterstattung russischer Medien, in denen Österreich als Gegner der wegen des Ukraine-Konflikts verhängten EU-Sanktionen dargestellt und gelobt wird.

Vor dem Besuch von Kurz hatte sich der Kreml in auffallend wohlwollender Weise über Österreich geäußert. Demnach zähle Österreich unter den EU-Mitgliedsstaaten "zu den Gegnern einer lang andauernden Konfrontation mit Russland und einer Ausweitung der Sanktionen", hieß es noch am Montag aus dem russischen Außenministerium.

Diese Haltung werde von vielen österreichischen Politikern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie von einer großen Mehrheit der Unternehmer geteilt. Banken, Industrie und Tourismus wollten ihre Russland-Geschäfte weiterentwickeln und hätten ihr Interesse an einer raschen Normalisierung der Beziehungen zwischen Russland und der EU auch nicht verheimlicht, so das Ministerium.

Kurz: "Alle Beschlüsse in Brüssel einstimmig getroffen"
Am Dienstag versuchte Kurz dies in Moskau zu relativieren. Bezüglich der Ukraine-Krise sowie der deswegen verhängten EU-Sanktionen gegen Russland sagte er, "alle Beschlüsse" in Brüssel seien "einstimmig getroffen" worden. "Wir stehen selbstverständlich zu allem", so der Minister. "Die EU muss im Ukraine-Konflikt geschlossen vorgehen", es gebe kein Auseinanderdividieren der Union.

Lawrow: "Wir werden niemandem hinterherlaufen"
Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte bei einem Treffen mit Kurz wieder einmal, dass die Sanktionen der EU gegen Russland "illegitim" und "kontraproduktiv" seien. Die Hoffnung, dass sich Österreich für eine Aufhebung der Strafmaßnahmen einsetzt, äußerte Lawrow dabei aber nicht. "Wir haben keine Bitten unterbreitet, wir werden niemandem hinterherlaufen", sagte er.

Kurz betonte, dass die Aufhebung der EU-Maßnahmen an die Erfüllung des Minsker Abkommens über eine Waffenruhe in der Ostukraine geknüpft sei. Nur wenn sich Moskau an die Vereinbarungen halte, könne es eine Erleichterung geben. Lawrow wiederum kritisierte, dass in Brüssel der Eindruck vorherrsche, dass allein Russland das Abkommen erfüllen müsse. Über das, was die Ukraine zu erfüllen habe, gebe es hingegen "Stillschweigen". Er verwies ausdrücklich darauf, dass Kiew einen Dialog mit den Separatistengebieten Donezk und Lugansk verweigere, was aber auch Teil des Abkommens sei. Lawrow forderte deshalb, die EU müsse mehr Druck auf die ukrainische Führung ausüben.

Putin während Ukraine-Krise mit rotem Teppich empfangen
Im Sommer vergangenen Jahres, als die Ukraine-Krise bereits tobte, hatte Österreich den russischen Präsidenten Wladimir Putin trotz internationaler Kritik in Wien mit dem roten Teppich auf Staatsebene empfangen. Dabei fixierten OMV-Chef Gerhard Roiss und Gazprom-Chef Alexej Miller etwa den Bau des österreichischen Abschnitts des inzwischen gescheiterten South-Stream-Projekts. Österreich zeigte sich dabei bezüglich der EU-Sanktionen gegen Russland stets zurückhaltend.

Dazu stellte das Außenministerium in Moskau am Montag fest, dass sich die Beziehungen zwischen Russland und Österreich in positiver Weise entwickelten. Sie seien von einem "hohen Grad an gegenseitigem Vertrauen, Stabilität und dem Fehlen ernsthafter Probleme" geprägt. Die Führungen beider Länder konzentrierten sich auf die Entwicklung des politischen Dialogs, den Ausbau des Handels, Investitionen und Zusammenarbeit bei Innovationen sowie auf kulturelle, wissenschaftliche und technische Kontakte.

WK-Feier: Kurz will sich "nicht instrumentalisieren lassen"
Im Zuge seiner Moskau-Visite legte Kurz am Dienstagvormittag vor der großen Parade zum 70. Jahrestag des Weltkriegsendes in Moskau am 9. Mai beim Grabmal des unbekannten Soldaten am Kreml einen Kranz nieder. Es gehe ihm darum, "der Opfer des Zweiten Weltkriegs zu gedenken, ohne sich bei den Feierlichkeiten instrumentalisieren zu lassen", sagte er. Deswegen halte er auch Bundespräsident Heinz Fischers Absage seiner Teilnahme an der Feier für richtig. Viele westliche Politiker haben die Einladung, an der großen Siegesfeier teilzunehmen, aus Protest gegen das russische Verhalten im Ukraine-Konflikt ausgeschlagen.

Gedenken an ermordeten Oppositionellen Nemzow
Am Nachmittag legte Kurz in Moskau schließlich noch Blumen an der Stelle nieder, wo der russische Oppositionelle Boris Nemzow ermordet worden war. Der Putin-Kritiker und frühere Vizepremier war Ende Februar im Alter von 55 Jahren auf der Großen Moskwa-Brücke direkt vor dem Kreml erschossen worden. Wer hinter dem Mord steckt, ist unklar. Die Opposition wirft den Behörden eine undurchsichtige Untersuchung der Bluttat vor.

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