Schlechte Noten

Kern: “Startpaket” im Herbst soll Koalition retten

Österreich
04.09.2016 18:55

Die Regierung streitet nur, sie bringt nichts weiter, stolpert über die dringend notwendigen Reformen - so lässt sich die politische Stimmungslage in Österreich knapp zusammenfassen. Nun stellt sogar Bundeskanzler Christian Kern der Koalition ein schlechtes Zeugnis aus. "Im Herbst müssen wir beweisen, dass es geht", betont Kern - und skizziert ein umfangreiches "Startpaket", das er nun umsetzen will.

Man müsse sich überlegen, wohin man in den nächsten zehn Jahren wolle, so der Kanzler. Gleichzeitig gibt er zu, dass auf Regierungsebene dazu bisher "keine befriedigende, geschlossene Antwort" gefunden werden konnte. Dennoch sieht er eine "intakte Chance", dass die rot-schwarze Koalition bis zum eigentlichen Wahltermin 2018 weiterregiert. Das sei auch die beste Variante, meint Kern.

Herbst wird Härtetest für die Regierung
Der Herbst jedenfalls wird zum Härtetest für die Regierung. Das weiß auch der Bundeskanzler und kündigt einmal mehr an, dass die Regierung es nun wirklich und tatsächlich anpacken werde. Da gehe es etwa um die Bildungsmilliarde für die Schule, um das riesige Thema Migration, die Mindestsicherung, die Pensionsreform und den Finanzausgleich. All das versteht Kern als "Startpaket" im Herbst, um zu bewiesen, dass die Regierung etwas zustande bringt.

Die Zuwanderung müsse auf ein "integrierbares Maß" reduziert werden, sagt Kern. Die mittelfristige Strategie laute: die Menschen in der Nähe ihrer Herkunft betreuen. "Das wird Geld kosten", sagt der Kanzler klipp und klar.

Die Mindestsicherung sei keine "Sollbruchstelle" in der Koalition. Mögliche Reformen würden für alle gelten - denn eine Differenzierung zwischen Österreichern und Migranten sei rechtlich nicht möglich.

Kern bekräftigt Nein CETA
Kerns Hauptkritik am umstrittenen CETA-Handelspakt mit Kanada: dass alles, was nicht ausdrücklich auf einer Negativliste steht, erlaubt sei, dass Schiedsgerichte die nationale Rechtssprechung aushebeln könnten und es in den Bereichen Umwelt und Arbeitsrecht an klaren Sanktionen fehle.

Zwölf Fragen an den Kanzler vor dem ORF-"Sommergespräch"
"Das müssen Sie Kern fragen" - unter diesem Titel stellt die "Krone" vor dem ORF-"Sommergespräch" am Montagabend (21.05 Uhr in ORF 2) vorab die wichtigsten Fragen an den Kanzler.

"Krone": Bereuen Sie es, Ihren Posten als ÖBB-Generaldirektor, mit dem Sie noch dazu mehr als das Doppelte verdienten, für die Politik aufgegeben zu haben?
Christian Kern: Nein. Mir geht es um Gestaltung und Überwindung des Stillstands. Ob das gelingt oder nicht, entscheidet sich sicher nicht in den ersten 100 Tagen - das ist ein langfristiges Projekt.

"Krone": Ihre Auftritte sind durchgestylt bis ins Letzte. Soll die Inszenierung vom Inhalt ablenken?
Kern: Die Maßanzüge sind ein Gerücht. Sonnenbrillen und einen Fußball besitze ich wirklich. Das war auch schon als ÖBB-Chef so - da hat es bloß niemanden interessiert.

"Krone": Sie haben den "New Deal" versprochen. Allerdings: Bei der Kür der Rechnungshofpräsidentin wurde ebenso gepackelt wie bei der Wahl des ORF-Generaldirektors. Wo ist da das Neue?
Kern: Zu einem Deal gehören immer zwei.

"Krone": Sie fordern die Maschinensteuer und schlagen gleichzeitig schärfere Töne in der Asyldebatte an. Wollen Sie die SPÖ nach links oder nach rechts führen?
Kern: Österreich nach vorne bringen ist die richtige Linie für die SPÖ.

"Krone": Verteidigungsminister Doskozil hat Sie vor Ihrem Treffen mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel mit seiner Kritik an deren "Wir schaffen das"-Politik gehörig in Verlegenheit gebracht. Wie tief sind die Gräben in der SPÖ?
Kern: Eine Zeitungsente kann gerade darauf schwimmen.

"Krone": Sie haben kürzlich aus dem Nähkästchen des Ministerrats geplaudert: Über Innenminister Sobotka, der Landeshauptmann Erwin Pröll, den Sie als "Paten" bezeichneten, per SMS fragte, ob er der Ganztagsschule zustimmen dürfe. Wessen Einverständnis müssen Sie einholen? Schreiben Sie an Häupl oder Niessl?
Kern: Ich schreibe nicht, ich rede mit vielen, bevor wir eine Entscheidung treffen.

"Krone": Sie haben das Pressefoyer nach dem Ministerrat abgedreht. Aus Angst vor kritischen Journalistenfragen?
Kern: Ich beantworte sieben Tage die Woche kritische Fragen. Apropos: In welchem Jahr war das letzte Mal ein Journalist der "Kronen Zeitung" beim Pressefoyer?

"Krone": Es dürfte wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, wann Sebastian Kurz Reinhold Mitterlehner ablösen wird. Fürchten Sie, das Ihnen Kurz über den Kopf wächst?
Kern: Nein.

"Krone": Machen Sie sich Gedanken darüber, dass Sie als jener SPÖ-Chef in die Geschichte eingehen könnten, der die Roten nach zehn Jahren wieder in die Opposition geführt hat?
Kern: Mir geht's darum, das Land zu gestalten - nicht um Macht oder Chefsessel.

"Krone": Sie sind im Sommer durch launige Sprüche aufgefallen, z. B. zur FPÖ: "Es geht um eine Auseinandersetzung zwischen den Kräften des Lichts und den Kräften der Finsternis." Haben Sie einen eigenen Gag-Schreiber?
Kern: Nein, bloß einen Hang zu schrägem Humor.

"Krone": Seit Monaten dreht sich alles um Flüchtlinge und Asyl. Wann arbeitet die Regierung wieder an anderen wichtigen Kapiteln, wie Schul- und Pensionsreform oder den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit?
Kern: Zu all diesen Punkten gab es in den letzten Wochen schon eine Reihe von Maßnahmen. Weitere folgen im Herbst. Siehe Frage 2: Manche reden aber lieber über meine Sonnenbrillen als über unsere Inhalte.

"Krone": Was wird von Ihnen als Bundeskanzler in Erinnerung bleiben?
Kern: Reden wir über diese Frage in zehn Jahren.

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