Koalition im Clinch

Jarolim: VP drohte, SP “ordentlich herzurichten”

Österreich
25.09.2012 13:02
Die Sticheleien zwischen SPÖ und ÖVP um den Korruptions-U-Ausschuss haben am Dienstag einen neuen Höhepunkt erreicht: Zuerst wetterte SPÖ-Klubchef Josef Cap erneut gegen ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl. SPÖ-Justizssprecher Hannes Jarolim legte dann zu Mittag ein ordentliches Schäuferl nach: Er wirft der ÖVP vor, einen "Masterplan" zu verfolgen. Schon im Mai habe ein hochrangiger VP-Politiker in einem koalitionsinternen Gespräch verlangt, den U-Ausschuss Ende Juni zu beenden - und gedroht, andernfalls die SPÖ beim Thema Inserate "ordentlich herrichten" zu wollen.

Justizministerin Karl sei mit ihrer Weisung an die Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen gegen Bundeskanzler Werner Faymann fortzusetzen, offensichtlich Bestandteil dieses Plans, erklärte Jarolim. Die Weisung sei eine ungewöhnliche - sehr umfassend, sehr detailliert und gezeichnet von einem massiven Konflikt mit der Staatsanwaltschaft, erklärte der frühere SPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss.

Karls Argumentation bei einem Interview am Montagabend in der "ZiB 2", dass die Order keine politische, sondern eine juristische Weisung gewesen sei, erscheint Jarolim unglaubwürdig: "Diese Unterscheidung ist in der Rechtsordnung nicht vorgesehen."

Jarolim vermisst bei Karl Transparenz
Ungewöhnlich sei auch, dass die Weisung unter Verschluss gehalten worden sei, wo doch Karl ständig beteuere, dass das Weisungsrecht "transparent, offen und nachvollziehbar" ausgeübt werde. Jetzt plage die Ministerin offensichtlich das schlechte Gewissen, konstatierte Jarolim. Aber sie habe zum Masterplan der ÖVP beigetragen - nämlich die SPÖ schlecht dastehen zu lassen, wenn der U-Ausschuss nicht vor dem Sommer "abgedreht" wird.

Und jetzt versuche man natürlich auch, der SPÖ die Schuld daran zuzuschieben, dass die Untersuchungen stark verkürzt Mitte Oktober enden sollen. Jetzt habe die ÖVP den U-Ausschuss zu einem "Wahlkampfausschuss" gemacht, so Jarolim.

Die ÖVP hat die Aussagen nur knapp kommentiert: "Das ist nichts weiter als ein weiteres nervöses Ablenkungsmanöver der SPÖ, um von der eigentlichen Inseratenaffäre abzulenken", meinte Generalsekretär Hannes Rauch. Ähnlich der Parlamentsklub: Jarolims Aussagen seien ein "netter Versuch" der SPÖ, abzulenken.

Cap nicht zufrieden mit Karl-Dementi
Karl hatte Dienstag früh im Ö1-"Morgenjournal" den Vorwurf der politisch motivierten Weisung neuerlich "auf das Schärfste" zurückgewiesen. "Ich habe in meiner Amtszeit noch nie eine politische Weisung erteilt, und ich werde in meiner Amtszeit keine politische Weisung erteilen", sagte sie. SPÖ-Klubobmann Cap erneuerte daraufhin vor dem Ministerrat seinen Vorwurf, die Justizministerin habe die Ermittlungen künstlich verlängert. Karl habe ihn mit ihren Aussagen nicht überzeugen können, so Cap.

Dass sich gerade die ÖVP über seine Angriffe alteriert, verwundere ihn, so Cap. Immerhin sei es VP-Klubchef Karlheinz Kopf gewesen, der die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den ÖVP-Mann Werner Amon als "Schweinerei" bezeichnet habe.

Kopf: Angriffe ein Ablenkungsmanöver
Kopf erklärte vor Reportern hingegen, er habe bereits klargestellt, dass er eine solche Wortwahl nicht mehr wählen würde. Insgesamt wertete auch der ÖVP-Klubchef die Angriffe Caps gegen Karl als Versuch, vom "eigentlichen Skandal abzulenken".

Für ihn sei die Sache in der Inseratenaffäre ohnehin schon klar, meinte Kopf. Wenn Bundeskanzler Faymann seine Sicht der Dinge im U-Ausschuss nicht klarmachen wolle, sei das seine Angelegenheit.

Faymann will Karl glauben
Faymann selbst vermied am Dienstag einen offenen Konflikt mit der Justizministerin. "Ich will ihr die Erklärung glauben", meinte der SPÖ-Chef nach dem Ministerrat. Grundsätzlich kommentiere er aber ohnehin keine Einzelentscheidungen, meinte der Kanzler. Gleichzeitig stellte Faymann klar, dass er "unbeirrt" dabei bleibe, dass er hohes Vertrauen in die "unabhängige" Justiz habe.

SPÖ-Linie sei aber, dass es einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt an der Spitze der Weisungskette geben sollte, die Justizministerin also nicht mehr das letzte Wort hätte. Dass es in dieser Frage Dissonanzen gibt, stellt für den Kanzler allerdings nicht die Koalitionsarbeit insgesamt infrage. Denn es gebe in vielen anderen Dingen, etwa bezüglich einer stärkeren Investitionspolitik, unverändert eine gute Zusammenarbeit.

Zeugenschwund: FPÖ und BZÖ sehen Platz für Faymann
FPÖ und BZÖ haben indes am Dienstag wieder einmal einen Versuch unternommen, Faymann doch noch in den U-Ausschuss zu bringen. "Ein Bundeskanzler, der nichts zu verbergen hat, muss in den U-Ausschuss", verlangte BZÖ-Obmann Josef Bucher. FP-General Harald Vilimsky forderte die SPÖ auf, die Kritik an der Justiz sein zu lassen und lieber Faymann in den Ausschuss zu schicken.

Zeit für ihn hätte das Gremium jedenfalls, denn am Dienstag segelte schon die nächste Absage herein. Ex-Asfinag-Vorstand Mathias Reichhold, heute Bio-Bauer, entschuldigte sich mit einem "Ernteeinsatz". Damit kommt von vier geladenen Auskunftspersonen nur eine, und zwar der frühere Faymann-Sprecher Thomas Landgraf. Alle drei in den Ausschuss geladenen ehemaligen Asfinag-Mitarbeiter haben ihr Kommen dagegen abgesagt.

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