Nichts Konkretes

Hypo-Sitzung als “Wettbewerb der Beschimpfungen”

Österreich
17.02.2014 16:29
Wie viel wird das Hypo-Debakel den Steuerzahler kosten? Diese brennende Frage bleibt auch nach der Sondersitzung im Nationalrat am Montag weiter unbeantwortet: Statt konkreter Informationen in Sachen Hypo-Desaster gab es eine Redeschlacht, in der vor allem "Schuldsprüche" gegen die FPÖ, aber auch die Regierungsparteien verhängt wurden. Vizekanzler Michael Spindelegger sprach gar von einem "Wettbewerb der Beschimpfungen". Die Anträge der Opposition auf einen U-Auschuss in der Causa wurden von SPÖ und ÖVP abgeschmettert.

Heftige Wortgefechte beim aktuellen Thema Nummer eins der Nation waren bereits im Vorfeld der von FPÖ und Grünen einberufenen Sondersitzung erwartet worden. So überrascht es nun auch nicht, dass der Termin im Hohen Haus am Montagvormittag über weite Strecken zu einer Aneinanderreihung von Schuldzuweisungen mutierte.

SPÖ und ÖVP sehen Hypo als "ungewünschtes FPÖ-Erbe"
SPÖ und ÖVP schossen sich auf die FPÖ ein, der sie die Hauptverantwortung für das Hypo-Debakel zuwiesen. Die Hypo sei "ein Erbe, das wir uns wahrlich nicht gewünscht haben", richtete Kanzler Werner Faymann seine Kritik gleich zu Beginn der Sitzung an die Kärntner Freiheitlichen. "Ich habe das Problem nicht verursacht, ich habe es übernommen", verortete auch Spindelegger die Verursacher des Finanzdebakels bei der FPÖ.

Abstimmung in der Infobox: Hypo-Desaster - soll das Land Kärnten mitzahlen?

Die Grünen teilten dieses Urteil der Regierung zwar - auch sie sehen das "System Haider" als Auslöser für den Skandal -, betonten aber zugleich, dass SPÖ und ÖVP in Kärnten "abwechselnd Mitwisser und Mitverantwortliche" gewesen seien. "Der Urknall dieses ganzen Desasters ist selbstverständlich das freiheitliche System in Kärnten gewesen", so Klubchefin Eva Glawischnig, "aber dieses Drama hat mehrere Akte."

Strache: "Hauen auf verstorbenen Landeshauptmann hin"
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache rückte ob der heftigen Schuldzuweisungen gegen seine Partei zum Gegenangriff aus. "Sie hauen heute auf einen verstorbenen Landeshauptmann hin, der sich nicht mehr wehren kann", nahm er den früheren Landeschef Jörg Haider in Schutz. Er warf der Koalition vor, "unredlich und unehrlich" zu argumentieren. Der FPÖ-Chef verwies darauf, dass im Zusammenhang mit der Hypo bisher nur ein einziger Politiker verurteilt worden sei - und zwar der frühere Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz (nicht rechtskräftig, Anm.).

Matthias Strolz von den NEOS startete wiederum einen grundsätzlichen Angriff auf den, wie er sagte, "politischen Filz", der dazu führe, dass unverschämt Partei- und Klientelinteressen über jene des Gesamtstaats gestellt würden. Bei seiner Rede klebte Strolz zudem eine überdimensionale Pfändungsmarke ("Kuckuck") vor Spindelegger auf die Regierungsbank.

Angesichts der fliegenden Polit-Fetzen blieb jedoch eines am Montag im Nationalrat auf der Strecke: konkrete Informationen an die Steuerzahler, welche Kosten im Zuge der Lösung für die Krisenbank auf sie zukommen werden. Die Grünen hatten Spindelegger zwar mit einer umfangreichen, 73 Punkte umfassenden Anfrage konfrontiert - doch auch dabei lieferte der Finanzminister inhaltlich wenig Neues.

Spindelegger lässt wenig durchblicken
So machte Spindelegger gleich eingangs klar, bei seiner Beantwortung nicht "stundenlang" aus Akten zitieren zu wollen. Umfangreiche Frageblöcke wurden dann übersprungen, und bei den übrigen Anfragebeantwortungen hielten sich die Neuigkeiten in Grenzen. Durchblicken ließ Spindelegger lediglich, dass die Hypo-Abwicklung mehr kosten könnte als die von der EU-Kommission bis 2017 genehmigten 5,4 Milliarden Euro.

Außerdem hält der Finanzminister eine mögliche "Irrtumsanfechtung" der Notverstaatlichung zumindest nicht für von vornherein aussichtslos. Es gebe im Ministerium Hinweise darauf, "dass so etwas erfolgreich sein kann", so Spindelegger. Eingebracht werden müsste eine derartige Klage gegen die Bayerische Landesbank jedenfalls bis Jahresende, denn dann läuft ein mit den Bayern vereinbarter Verjährungsverzicht aus.

Bemerkenswert die Begründung des Finanzministers, warum ein vom Ministerium in Auftrag gegebenes Wyman-Gutachten über eine mögliche Hypo-Insolvenz nicht veröffentlicht wurde: Wyman halte das Gutachten für sein geistiges Eigentum, und daher sei man vertragsrechtlich verpflichtet, dies zu schützen, so Spindelegger.

Glawischnig kritisiert "skandalöse" Anfragebeantwortung
Glawischnig bezeichnete die unvollständige Anfragebeantwortung als "skandalös": "Entweder gibt es einen Untersuchungsausschuss, oder wir werden weitere Sondersitzungen beantragen müssen." Grünen-Finanzsprecher Werner Kogler kritisierte, dass die Hypo-Abwicklung nun jeder österreichischen Familie 5.500 Euro Schulden beschere, und forderte die Regierung auf, den Weg für eine Untersuchung freizumachen.

Einen U-Ausschuss forderten am Montag auch FPÖ, NEOS und Team Stronach. Mehrere entsprechende Anträge der Opposition wurden aber von der Regierung bei der Sondersitzung abgeschmettert. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka hatte bereits zuvor wissen lassen, dass er von einem U-Auschuss vorerst nichts hält. "Jetzt sind einmal die Gerichte am Zug", verwies er darauf, dass in Kärnten rund 30 Ermittler und mehrere Staatsanwälte mit der Causa befasst seien. "Ein Untersuchungsausschuss ist kein Beitrag, um deren Arbeit zu erleichtern." Man brauche jetzt eine Lösung, und die werde bis zum Sommer erarbeitet, so der Klubchef.

Kärntner Parteien gegen Extra-Beteiligung des Landes
Gegen die am Montag von Spindelegger geforderte Extra-Beteiligung Kärntens an der Abwicklung der Krisenbank ("Kärnten wird sich nicht völlig abputzen können") sprachen sich übrigens alle in der Kärntner Regierung vertretenen Landesparteien - SPÖ, FPÖ, ÖVP, Grüne und Team Stronach - aus. Auf keinen Fall wolle er zulassen, "dass das Land zu Tode geredet und marode gemacht wird", sagte SPÖ-Chef Peter Kaiser. "Ich halte es nicht mehr aus, wie verkürzt und einseitig Schuldzuweisungen gemacht werden", wehrte er sich erneut gegen eine "kollektive Beschuldigung" des Bundeslandes. "Ich bin komplett dagegen, dass Kärnten zusätzlich belastet wird", betonte auch ÖVP-Obmann Gabriel Obernosterer.

Der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner ging am Montag vorsorglich auch gegen die Beteiligung der anderen Landes-Hypos an den Abwicklungskosten auf die Barrikaden. Diese Variante hatte zuvor die SPÖ ins Spiel gebracht. "Wenn die Sache beginnt, Schaden im Land bzw. bei der Landesbank anzurichten, dann verstehe ich keinen Spaß mehr", deponierte Wallner. Ein Match um die Hypo-Kosten zwischen Koalition und den Ländern scheint somit vorprogrammiert...

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