Umstrittenes Sparen

Heer: Weniger Kasernen, Kapellen und Waffen

Österreich
03.10.2014 13:41
Seit heute Vormittag weiß das Land mehr darüber, wie es mit dem Bundesheer weitergeht: Verteidigungsminister Gerald Klug und Generalstabschef Othmar Commenda präsentierten ihr Sparkonzept der Öffentlichkeit. Insgesamt sollen demnach in den nächsten zwei Jahren rund 400 Millionen Euro eingespart werden. 13 Kasernen werden geschlossen, bei der Militärmusik will man von neun auf vier Kapellen reduzieren. Ordentlich abgebaut wird auch bei den schweren Waffen, die Zukunft der Eurofighter ließ der Minister offen.

KASERNEN: Insgesamt stehen 13 Kasernen auf der Schließungsliste, wobei sechs davon bereits länger Schließungskandidaten waren. Geschlossen werden sollen die Goiginger-Kaserne in Bleiburg (Kärnten), in Niederösterreich die Radetzky-Kaserne in Horn, die Magdeburg-Kaserne in Klosterneuburg und der Kornellhof in Wiener Neustadt. In Oberösterreich betroffen sind die Hiller-Kaserne in Ebelsberg, die Tilly-Kaserne in Freistadt und die Garnisonstraße in Linz. Weiters zusperren sollen die Strucker-Kaserne in Tamsweg, die Kirchner Kaserne in Graz und ebenfalls in der Steiermark die Hadik-Kaserne in Fehring, in Tirol die Frundsberg-Kaserne in Vomp und die Franz Joseph-Kaserne in Lienz. In Wien ist die Starhemberg-Kaserne in Favoriten betroffen.

Die im künftigen Bundesheer verfügbaren Hubschrauber werden laut Konzept für Einsätze in Österreich grundsätzlich zentral sowie lageangepasst auch temporär vor Ort bereitgehalten. Der Hubschrauberstützpunkt in Annabichl in Kärnten soll deshalb geschlossen werden. Der Flugplatz Wiener Neustadt wird auf temporären Betrieb umgestellt. Linz verliert zwar seine Stellungsstraße, diese wird aber nur innerhalb Oberösterreichs verlegt, und zwar nach Hörsching.

VERBÄNDE: Das Fliegerabwehrbataillon 3 in Salzburg und das Miliz-Versorgungsbataillon in Gratkorn werden aufgelöst, die Milizsoldaten werden in das Versorgungsregiment 1 integriert. In Fehring wird eine Aufklärungskompanie aufgelöst, eine weitere nach Feldbach verlegt. Eine Kompanie des Aufklärungs- und Artilleriebataillons 3 mit Standort Horn wird aufgelöst, eine nach Allentsteig verlegt. Eine Jägerkompanie des Jägerbataillons 26 in Tamsweg und eine Jägerkompanie des Jägerbataillons 24 in Lienz werden aufgelöst. Im Zuge der Reduktion der schweren Waffen wird das Panzerbataillon 33 in Zwölfaxing in ein Jägerbataillon umgewandelt.

Die fünf ABC-Abwehrkompanien bleiben an ihren Standorten erhalten und werden spezialisiert. Geplant ist eine verstärkte Ausrichtung auf die Inlandsaufgaben "sicherheitspolizeiliche Assistenzen" und "qualifizierte Katastrophenhilfe", wie beispielsweise Strahlenschutzeinsätze, sowie Auslandseinsätze (zum Beispiel zur Trinkwasseraufbereitung). Die drei Pionierbataillone verbleiben an ihren Standorten, werden aber spezialisiert: das Pionierbataillon 1 in Villach im Brückenbau, das Pionierbataillon 2 in Salzburg in der Gebirgsbeweglichkeit und das Pionierbataillon 3 in Melk in der Wasserbeweglichkeit. Der "nicht mehr einsatzwahrscheinliche" Bereich der Pionierkampfunterstützung (z.B. Verlegung von Minen) wird "personell und materiell gestrafft".

SCHWERE WAFFEN: Das Bundesheer soll sich von einer großen Anzahl schwerer Waffen trennen. Verwertet werden 106 Artilleriegeschütze (von 136), 25 Kampfpanzer (von 59), 23 Bergepanzer (von 48), 285 Panzerabwehrlenkwaffen (von 350) sowie 424 Granatwerfer (von 606). Dass nicht gleich ganze Waffengattungen stillgelegt werden, argumentiert man im Heer damit, dass man so noch reagieren könne, sollte sich die sicherheitspolitische Lage in Europa drastisch ändern. Im Anlassfall könne so nämlich der bestehende Kern ausgebaut werden.

PERSONAL: Die Personalkosten machen rund 65 Prozent des Budgets aus. Bis 2018 ist eine Verringerung von 1.400 Arbeitsplätzen oder 5,9 Prozent geplant. Derzeit beschäftigt das Heer rund 15.690 Soldaten und 8.300 Zivilbedienstete. Im Heer verweist man darauf, dass seit 2000 die Anzahl der Vollbeschäftigten um 16,5 Prozent reduziert wurde. Die nun vorgesehene weitere Reduktion will man durch Pensionierungen, Reduktion der Aufnahmequoten und Personalfluktuation erreichen, außerdem soll weiter der Wechsel in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes unterstützt werden. Bis 2018 werden rund 1.600 Bedienstete in den Ruhestand versetzt.

Laut Konzept sollen auch Mehrdienstleistungen weiter gestrichen werden. Die 41. Wochenstunde und die Truppendienstzulage werden mit Verweis auf das geringe Grundgehalt der Soldaten nicht gestrichen. Betont wird seitens des Ressorts, dass durch die Standortschließungen nicht jeder Bedienstete gleich seinen Arbeitsplatz verliert, oft werde dieser nur verlegt.

Klug will sich auch für ein neues Dienstrecht einsetzen.

MILITÄRMUSIK: Künftig soll es nur mehr vier statt neun Kapellen geben. Standorte gibt es dann nur mehr in Wien, Klagenfurt, Innsbruck und Linz.

LOGISTIK: In der Logistik sollen die Strukturen gestrafft werden. Das Konzept sieht vor, die Kommanden der Heeresmunitionsanstalten aufzulösen, ebenso ein Munitionslager in Bruckneudorf. Die Militärmeteorologischen und Militärgeologischen Dienste des Bundesheeres sollen zusammengeführt, das Militärische Servicezentrum in der Welser Hessen-Kaserne geschlossen werden.

MILIZ: Die Miliz erhält laut Konzept einen verstärkten regionalen Bezug und einen klaren militärischen Auftrag, nämlich den Schutz kritischer Infrastruktur. Zusätzlich werden bis 2018 zwölf Miliz-Kompanien neu aufgestellt. Unter den derzeitigen finanziellen Rahmenbedingungen könnten Übungen abgehalten werden. Für die volle Einsatzfähigkeit bis 2018 sei aber ein Sonderinvest notwendig.

BILDUNG: Die Bildungseinrichtungen des Bundesheeres werden neu ausgerichtet, bleiben aber an ihren Standorten erhalten. Der Reitausbildungszug an der Theresianischen Militärakademie wird allerdings gestrichen. Die Offiziersausbildung wird an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt zusammengezogen.

Das Militärrealgymnasium in Wiener Neustadt wird aufgelöst, wobei zwei Jahrgänge noch die Matura absolvieren können. Das Bundesheer beendet außerdem seine Kostenbeteiligung an der Bundesfachschule für Flugtechnik in Langenlebarn. Argumentiert wird dies mit der Konzentration auf Kernaufgaben.

NEUE INVESTITIONEN: Beim Heer wird betont, dass nun trotz der Kürzungen zusätzliche Mittel notwendig seien, um die verfassungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen. Sonderinvestitionen sind demnach vor allem bei der Wehrdienstreform, der Miliz, den Luftstreitkräften, der Mobilität oder der Infrastruktur notwendig.

So ist etwa der Ankauf von neuen Fahrzeugen geplant. Konkret geht es unter anderem um geschützte Mehrzweckfahrzeuge (18,5 Millionen Euro), Pkws (acht Millionen Euro) und geländegängige Fahrzeuge als Ersatz für PuchG und Pinzgauer (10,5 Millionen Euro) - insgesamt ist hier von fast 54 Millionen Euro die Rede.

Im Bereich der Luftstreitkräfte steht beispielsweise ein Update der Black-Hawk-Hubschrauber um 80 Millionen Euro an. Weiters braucht es eine Nachfolge für die Saab 105-Flieger sowie die Hubschrauber Alouette III und Bell OH-58.

"Schmerzlich, aber notwendig"
Dass die Sparpläne des Ministers auch weiterhin für heftige Diskussionen sorgen werden, hatte der ehemalige Generalstabschef Edmund Entacher bereits vor der Präsentation festgestellt: "Das Wort Reform ist fehl am Platz." Präsentiert werde lediglich "ein fortgesetzter Schrumpfungsprozess", denn "die handelnden Personen haben nicht überrissen, worum es geht".

Bundespräsident Heinz Fischer bezeichnete die Sparvorschläge indes als "schmerzliche, aber notwendige Schritte in der derzeitigen Situation" und sprach von "weiteren Entscheidungen", die folgen müssten. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll hingegen trat umgehend nach der Präsentation auf die Bremse: Man wolle nun erst einmal eine Einigung der Koalitionsparteien auf das Konzept abwarten - dann werde es Verhandlungen geben.

Klug will mehr Geld, warnt vor "massiven Einschränkungen"
Klug selbst bezeichnete die Einschnitte ebenfalls als "schmerzhaft", aber als "einzigen Weg". Zugleich forderte er für das Bundesheer zusätzliches Geld für Investitionen. Andernfalls werde es zu "massiven Einschränkungen" der Einsatzbereitschaft kommen müssen. Eine Größenordnung, welchen Betrag man sich für die "Sonderinvestitionen" wünscht, nannten allerdings weder Klug noch Generalstabschef Commenda auf Nachfrage. Auch ein Zeithorne Stilllegung der Eurofighter vorstellbar sei, wenn es die Investitionsmittel nicht gebe, sagte Commenda, dann müsse man gewisse Dinge überdenken.

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