Strache vs. Stronach

“Guter Hecht” gegen “exzellenten Autozulieferer”

Österreich
12.09.2013 23:14
Heinz-Christian Strache gegen Frank Stronach - die Paarung am Donnerstagabend versprach wohl die bisher brisanteste TV-Konfrontation des laufenden Wahlkampfs. Auf der einen Seite der wortgewaltige FPÖ-Obmann, der zuletzt vergleichsweise handzahm in die ORF-Duelle gegangen war, ihm gegenüber der 81-jährige Polit-Newcomer, um starke Sprüche ebenso wenig verlegen. Und dann: Übereinstimmung in erstaunlich vielen Punkten, von der Gesundheitsreform über das Strafrecht bis hin zum Euro-Rettungsschirm.

Zunächst war gegenseitige Ehrerbietung angesagt (siehe Video in der Infobox). Strache sei ein "guter Hecht in einem maroden Karpfenteich. Wir haben ohnehin nicht genug Hechte", so Stronach. Der Angesprochene bezeichnete sein Gegenüber wiederum als "Mitbewerber wie jeden anderen, der für seine wirtschaftliche Leistung allerdings Respekt verdient hat". Der "exzellente Autozulieferer" Stronach hatte es dem FPÖ-Chef offenbar auch mit seinen TV-Auftritten der jüngeren Vergangenheit angetan. "Sehr skurril und auch sehr witzig", gestand Strache zu.

Viele Übereinstimmungen, viele Fragen beantwortet
Richtig skurril wollte es diesmal nicht werden. Stronach hatte sich die Kritik der vergangenen Tage offenbar zu Herzen genommen, das Bemühen, die Fragen von Moderatorin Ingrid Thurnher zu beantworten, war auffällig. Straches Angriffigkeit beschränkte sich über weite Strecken des Duells auf giftige Blicke, der Ton beider Spitzenkandidaten war geradezu gesittet.

Gesundheit: Verwaltung abbauen, Prävention ausbauen
Auch inhaltlich war man in auffallend vielen Punkten auf einer Linie: Im Gesundheitssystem wollen beide Politiker die Verwaltung radikal abbauen. Strache: "Wir haben mehr als 20 Sozialversicherungsträger. Da sollten wir auf einige wenige runter reduzieren, um effizienter zu werden" - nahezu wortgleich mit Stronachs Forderung.

Beide waren sich auch einig, dass mehr Mittel in die Prävention gesteckt werden müssten. Für Stronach solle dies "schon in der ersten Klasse anfangen - mit Unterricht, der auf gesunde Ernährung und Bewegung aufmerksam macht. Wir haben fast keine Turnhallen, unser Bildungssystem ist vollkommen am Sand." Für Menschen, die besonders gesund leben, soll es nach Ansicht des Parteigründers einen zehnprozentigen Bonus bei den Gesundheitsabgaben geben.

Gemeinsames Wettern gegen ESM
Als erklärtes Feindbild Straches und Stronachs erwies sich wenig überraschend der Euro-Rettungsschirm ESM. Für Strache dürfe man den Euro "nicht als Religion betrachten. Der ESM-Haftungsschirm ist von Rot-Schwarz-Grün ohne Befragung der Bevölkerung beschlossen worden." Dass der Mechanismus in der Lage sein könnte, die Krise zu überwinden, stellte der FPÖ-Chef in Abrede: "Bis dato haben wir ein Krisenpaket nach dem anderen bekommen. Alle paar Monate sind die nächsten Milliarden nachgeschossen worden."

Stronach brachte einmal mehr seine Vorstellung der landeseigenen Euro-Währungen ein. Wann der "österreichische Euro" kommen solle, fragte Thurnher. "Je früher, umso besser." Die EU habe sich "immer weiter weg von der Realwirtschaft, immer stärker hin zur Finanzwirtschaft" entwickelt. Diese brächte jedoch nur "Papiere" heraus, die man "nicht essen" könne. "Es ist ein Loch ohne Boden."

"Lebenslang muss lebenslang bleiben"
Selbst als die Debatte auf das Strafrecht zu sprechen kam, waren Strache und Stronach bald einig. Auf Verbrechen gegen Leib und Leben wünschte sich Stronach höhere Strafen. Strache zog mit und erneuerte seine Forderung, wonach "lebenslang lebenslang bleiben" müsse: "Unsere Bestrafung für grausame Kinder- und Frauenschänder ist zu milde", sagte der FPÖ-Chef. Lediglich Stronachs Todesstrafen-Vorstoß, den dieser einmal mehr als Privatmeinung und nicht Teil des Parteiprogramms bezeichnete, lehnte Strache ab: "Ich will nicht den Henker spielen."

"Hatte Glück, dass Strache nicht Innenminister in Kanada war"
Etwas angriffiger wurde das Duell, als der Zuzug von Ausländern zum Thema wurde. Strache verwies auf "Rekordarbeitslosigkeit und Lohndumping" und die Verantwortung der Politik, dagegen anzukämpfen. Der Schwerpunkt solle auf die Schulung inländischer Arbeitskräfte gelegt werden, "damit sie wieder eine Chance auf einen Arbeitsplatz haben". Strache plädierte für einen "Zuwanderungsstopp von außerhalb der EU", begrüßte zwar Reisefreiheit und die Übergangsregelungen am Arbeitsmarkt ("sehr vernünftig, aber zu kurz gegriffen"), warnte jedoch vor einer "Islamisierung Österreichs".

Stronachs Konter: "Man muss aufpassen, dass man nicht zu rassistisch wird. Was hat Fachwissen mit Glauben zu tun?", spielte er auf die erwünschte Zuwanderung qualifizierter Kräfte an. Er wolle das "Schweizer Modell" in Österreich umsetzen, in dem Personen, die mit Investitionskapital ins Land einreisen, "selbstverständlich willkommen" seien. Ob Stronach sich selbst unter jenen Voraussetzungen ins Land lassen würde, unter denen er vor knapp 60 Jahren nach Kanada gekommen war - laut eigenen Angaben mit 200 Dollar in der Tasche - wollte er nicht direkt beantworten. Nur so viel: "Ich hatte Glück, dass Strache damals nicht Innenminister in Kanada war, sonst hätte ich nie eine Einreisebewilligung gekriegt."

Taferl des Tages: "Magna-Speisekarte"
Die einzige tatsächliche Attacke des Abends lieferte Strache in Form einer "Magna-Speisekarte" - ein Taferl, auf dem ehemalige Politiker wie Franz Vranitzky oder Karl-Heinz Grasser sowie Lobbyisten vom Schlage eines Walter Meischberger oder Peter Hochegger zu sehen waren. Alle Abgebildeten waren für Stronachs Magna-Konzern tätig, womit Strache zeigen wollte, dass der nach eigenen Aussagen "Nicht-Politiker" Stronach immer schon von der österreichischen Politik profitiert habe, etwa bei den Eurofighter-Gegengeschäften. Stronach: "Ich hab' mit dem Hochegger noch nie was zu tun gehabt. Ich kenn' den gar nicht. Ich habe im parlamentarischen Ausschuss klipp und klar gesagt: Wir haben mit Rüstungsgeschäften nichts zu tun gehabt."

Am Ende lächelte man sich freundlich zu, schüttelte einander die Hände und hatte eine nahezu ausgeglichene Redezeit-Bilanz vorzuweisen. Strache lag um eine knappe Minute vorn, was wohl auch daran lag, dass Stronach diesmal das Bemühen anzumerken war, bei seinen Antworten nicht allzu weit abzuschweifen.

Klarer Strache-Sieg in Publikumsumfrage
Ungeachtet des weitgehenden inhaltlichen Paarlaufs gab es einen klaren Sieger in der Publikumsgunst: Strache konnte die aktuelle "Krone"/IMAS-Umfrage deutlich für sich entscheiden. 55 Prozent der 302 Befragten waren der Meinung, der FPÖ-Chef habe besser abgeschnitten, nur 15 Prozent glaubten das in Bezug auf Stronach. Gleich gut haben 29 Prozent die beiden Politiker gefunden, ein Prozent machte keine Angaben. Strache wurde weiters in den Kategorien "sachlicher" und "überzeugender" besser bewertet, Stronach fand die Mehrheit der Befragten "humorvoller" und "sympathischer".

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