Spitzenjobs fehlen

“Gesetzespfusch” bei den neuen Transparenzregeln

Österreich
07.03.2013 11:38
Beim Beschluss des Transparenzpakets ist den Parteien im Vorjahr offenbar ein gravierender Lapsus unterlaufen: Die neuen Offenlegungsregeln für die Nebenjobs der Parlamentarier wurden so formuliert, dass ausgerechnet Spitzenjobs als Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder nicht mehr veröffentlicht werden müssen, normale Dienstverhältnisse und selbstständige Tätigkeiten aber schon. Die Grünen sprachen von "Gesetzespfusch", SPÖ und FPÖ orteten eher ein "Redaktionsversehen" und wollen das Gesetz gemeinsam mit der ÖVP reparieren.

Aufgefallen ist der Wegfall von Vorstands- und Aufsichtsratstätigkeiten erst jetzt, weil das Parlament diese Woche die Liste mit den Nebenjobs der Abgeordneten an die neuen Regeln angepasst hat. Dort findet sich nun eine Reihe von Informationen nicht mehr, die in der alten Liste noch enthalten war. Darunter sind Aufsichtsratsmandate und Geschäftsführerposten der Abgeordneten, aber etwa auch die Bezüge der Bürgermeister von ihren Gemeinden und die Politikerpension älterer Mandatare.

Meldepflicht, aber keine Offenlegung
Die Parlamentsdirektion begründet das Fehlen der Informationen damit, dass der Wortlaut des neuen Gesetzes die Veröffentlichung dieser Tätigkeiten nicht mehr vorschreibe. Tatsächlich müssen die Abgeordneten laut den im Rahmen des Transparenzpakets beschlossenen Regeln zwar alle Nebenjobs ans Parlament melden – also auch "jede leitende Stellung" (Geschäftsführer, Vorstand, Aufsichtsrat) in einer Firma, Stiftung oder Sparkasse. Offengelegt werden müssen aber nur normale Dienstverhältnisse und selbstständige Tätigkeit. Die Spitzenjobs wurden in der Passage, die die Veröffentlichung der Nebenjobs im Internet regelt, schlicht vergessen (ebenso leitende ehrenamtliche Funktionen).

SPÖ, ÖVP und FPÖ wollen Gesetz reparieren
Im SPÖ-Klub ist nun von einem "Verweisfehler" die Rede. Man habe die Reparatur des Gesetzes bereits mit den anderen Parteien vereinbart. Bis dahin werden die Führungsfunktionen nun freiwillig (im Rahmen der Abgeordneten-Biographien im Internet) offengelegt. Auch FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan betont, dass man das Gesetz reparieren werde. Es sei schließlich "peinlich, wenn der Gesetzgeber bei einem Gesetz, das ihn selbst betrifft, pfuscht".

Auch die ÖVP meldete sich am Donnerstagvormittag und sprach sich für eine Reparatur des Gesetzes aus. In diesem Sinne habe die Volkspartei dem Koalitionspartner bereits vor zehn Tagen eine Korrektur des Gesetzes übermittelt. "Die ÖVP steht ganz im Sinne des Transparenzpakets für eine vollständige Offenlegung aller Nebentätigkeiten und Nebeneinkünfte", betonte Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl.

Die Liste mit den Nebenjobs der Abgeordneten gibt es seit Ende der 1990er-Jahre, seit 2008 wird sie auch im Internet veröffentlicht. Im Rahmen des Transparenzpakets, das im Juni teils mit wechselnden Mehrheiten beschlossen wurde, hatten SPÖ, ÖVP und FPÖ im Vorjahr festgelegt, in der Liste künftig auch anzugeben, wie viel die Abgeordneten durch ihre Nebentätigkeiten in etwa verdienen. Das monatliche Einkommen soll in fünf Kategorien angegeben werden: bis 1.000 Euro, 1.001 bis 3.500 Euro, 3.501 bis 7.000 Euro, 7.001 bis 10.000 Euro und über 10.000 Euro monatlich. Die Meldefrist dafür läuft bis 30. Juni. Bis dahin soll laut SPÖ auch die Reparatur des Gesetzes erfolgen.

Nachbesserung bei Gesetzesänderung verlangt
Die Grünen, die bereits im Juni diesem Part der neuen Regelungen nicht zugestimmt hatten, fordern bei der Reparatur der Transparenzbestimmungen für die Abgeordneten hingegen weitere Nachbesserungen. Justizsprecher Albert Steinhauser bezeichnete den damals beschlossenen Initiativantrag als "Gesetzespfusch".

Auch Marion Breitschopf von der Transparenzinitiative "Meine Abgeordneten" plädiert für weitere Verbesserungen. Sie habe von Anfang an darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz "eine Katastrophe" sei, betonte Breitschopf. Sie vermisse insbesondere Sanktionen für den Fall, dass Abgeordnete Nebenjobs verheimlichen oder falsche Meldungen abgeben. Außerdem kritisierte sie, dass die derzeitigen Regeln keine Rückschlüsse auf die Kundenstruktur von Abgeordneten zulassen, die freiberuflich tätig sind.

Steinhauser kritisiert außerdem, dass für die Berechnung der Einkommenskategorien sämtliche Einkünfte zusammengerechnet werden sollen, anstatt jeden Job einzeln zu bewerten. "Das ist ein Pfusch gewesen", erklärte Steinhauser. Nun müsse man das Gesetz ordentlich reparieren und auch alle anderen Mängel beheben: "Was nicht geht, ist, dass das nur schlampig saniert wird."

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