Appell an EU-Länder

Faymann: “Wann wachen alle auf?”

Österreich
16.09.2015 08:00
Die EU-Staaten sowie andere Geldgeber werden Milliarden in die Hand nehmen müssen, um die Situation in jenen Lagern zu verbessern, aus denen die Flüchtenden derzeit nach Europa strömen. Das sagte Bundeskanzler Werner Faymann am Dienstagabend im ORF-"Report". Zu den nunmehrigen Grenzkontrollen meinte der SPÖ-Chef, wenn jemand Asyl beanspruche, werde er aufgenommen. Faymann rief die EU-Länder zum raschen Handeln auf: "Wann wachen alle auf?" - das sei die entscheidende Frage.

Es könne doch niemand ernsthaft meinen, dass drei Staaten (Österreich, Deutschland und Schweden, Anm.) das Asylproblem alleine lösen könnten. "Einige ducken sich weg, nach dem Motto: 'Solange die das schaffen, werden wir nicht aufzeigen'", sagte Faymann. "Wir werden sie aber in die Sitzung holen, es gilt jetzt mitzumachen" - Solidarität sei "auch in finanziellen Fragen" gefordert.

Vor allem die Situation in jenen Lagern, aus denen die Flüchtlinge derzeit kommen, wie etwa jene in der Türkei, müsse verbessert werden: "Die EU wird Geld in die Hand nehmen", sagte der Kanzler. "Wir müssen die Situation in diesen Lagern finanziell stark verbessern." Auf eine genaue Höhe der Mittel wollte sich der SPÖ-Chef nicht festlegen, das werde gerade besprochen, aber: "Wir reden von Milliarden. Es gibt mehrere Zahler: die EU, die USA, die Golfstaaten und andere."

Kritik an osteuropäischen Staaten
Faymann kann sich auch den Beschluss einer EU-Flüchtlingsquote ohne die kritischen osteuropäischen Staaten vorstellen. "Es ist möglich, dass man eine Koalition des guten Willens macht", sagte er am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal". "Man sollte nur die anderen nicht aus der Verantwortung lassen und sagen, es geschehe alles freiwillig, weil dann funktioniert es nicht."

Faymann kritisierte einmal mehr die Haltung der osteuropäischen Staaten in der Flüchtlingskrise. Mit Blick auf die EU-Fördermittel sagte er: "Wir zahlen in Fördertöpfe Gelder, von denen einige profitieren. Die müssen jetzt bitte mithelfen." Hoffnungen auf eine rasche Lösung der Krise macht sich der Kanzler nicht. Es würden "mehrere Sitzungen nötig sein", bis innerhalb der EU eine Lösung gefunden werde.

Grenzkontrollen "äußerst sinnvoll"
Die Grenzkontrollen in Österreich erachtet Faymann als "äußerst sinnvoll" - auch wenn die Ankommenden dennoch weiterreisen können, sofern sie nicht in Österreich um Asyl ansuchen. Es sei wichtig, dass jeder wisse, dass Kontrollen stattfinden. "Das heißt, Menschen, die kein Asylrecht haben und glauben, sie können einfach mitkommen: Da ist es schon wichtig, zu sagen, ja, es gibt Kontrollen", sagte der Kanzler im "Report". Außerdem gelte es, gegen Schlepper vorzugehen und dramatische Situationen zu verhindern. Einmal mehr betonte Faymann das Recht auf Asyl: "Wenn jemand Asyl braucht, wird er aufgenommen" - und durchlaufe wie gewohnt ein Asylverfahren.

Dass die Exekutive nicht lückenlos kontrollieren können werde, räumte der Regierungschef ein: "Wenn 3000 Menschen kommen, die dringend Medikamente und etwas zu Essen brauchen, dann wird das nicht lückenlos sein. Wenn zehn kommen, wird man die lückenlos kontrollieren." Man werde die Kontrollen "mit entsprechendem Feingefühl" durchführen.

Zur Zusammenarbeit mit Ungarn sagte er, diese funktioniere "auf verschiedenen Ebenen, aber sie funktioniert nicht gut". So bekomme Österreich nach wie vor nicht die Auskunft, wie viele Flüchtlinge aus Ungarn nach Österreich kommen. "Das war so, das ist so."

Kanzler steht zu Ungarn-Kritik
Ungarn setze auf eine "andere Politik", auf das Bauen von Zäunen - und man glaube dort, "die Sache ist damit erledigt". "Wir glauben, dass in Europa nicht jeder Zäune bauen kann, sondern dass wir an den Außengrenzen Hotspots brauchen, wo Menschen zu ihrem Asylrecht kommen", sagte Faymann. Kritik an seinen scharfen Worten in Richtung Ungarn wies der Bundeskanzler klar zurück: "Mich stört das, wenn Menschen so behandelt werden, da muss man sich auch einmal dazu äußern können."

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