"Sommergespräch"

Faymann verteidigt ÖBB-Inserate: “Nicht verboten”

Österreich
10.09.2012 23:08
Heiß hergangen ist es am Montagabend beim Finale der ORF-"Sommergespräche" zwischen Bundeskanzler Werner Faymann und Moderator Armin Wolf in Sachen Inseratenaffäre. Inserate zu schalten, sei "nicht verboten" und eine Anklage "kompletter Unsinn", sagte der SPÖ-Parteichef. In den Korruptions-U-Ausschuss komme er aber, wenn man ihn einlade. Faymann bekräftigte zudem erneut die SPÖ-Parteilinie in Sachen Berufsheer, lehnte Studiengebühren weiterhin ab und lüftete das "Geheimnis" um seinen Lebenslauf.

"Wir senden heute live, weil kein anderer Termin möglich war", eröffnete Wolf das letzte "Sommergespräch" des Jahres gleich mit dem ersten Seitenhieb - der ORF-Anchorman hatte sich zuvor via Twitter beschwert, dass ihn die SPÖ bei der Terminvereinbarung "am Schmäh gehalten hat" und die Live-Austrahlung teuer sei.

"Warum haben nur fünf Prozent der Österreicher Vertrauen zu Politikern?", wollte Wolf vom SP-Chef, der seit knapp vier Jahren Kanzler und seit rund 30 Jahren in der Politik ist, zu Beginn des Polit-Talks wissen. Faymann ortete den Grund u.a. in falschen Schuldzuweisungen. So werde der Politik etwa die Verantwortung an der Finanzkrise gegeben. Der Moderator ließ sich von Faymann auch seine schlechten Werte beim Punkt "Durchsetzungsfähigkeit" bei einer aktuellen Wählerbefragung erklären. "Kompromisse zu suchen, ist wie harte Bretter bohren", so die Antwort des Kanzlers. Anders als FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, dem die Wähler laut Wolf mehr Durchsetzungsfähigkeit zutrauen würden, habe er auf viele Dinge Rücksicht zu nehmen, ergänzte er.

"Geheimnis" um Lebenslauf gelüftet
Der Kanzler lüftete auch das "Geheimnis" um ein Loch in seinem Lebenslauf. Er habe sich in dieser Zeit "wahnsinnig stark in der sozialistischen Jugend engagiert". Auch Ferialpraktika habe er damals gemacht. Faymann gab zugleich zu, nie ernsthaft studiert zu haben, sondern nur "Einzelvorlesungen" gemacht zu haben und Taxi gefahren zu sein. Er habe an der Uni Jus, Kunstgeschichte und Politikwissenschaften inskribiert gehabt und ein Einführungsseminar mit einer Prüfung und eine Aufnahmeprüfung in Kunstgeschichte absolviert, entgegnete Faymann auf den Vorwurf, er hätte auf der Uni nie eine Prüfung abgelegt. Er gehöre aber nicht zu jenen, die sich mit Titeln schmücken. Er habe sich aber auch nie damit gerühmt, mehr gemacht zu haben. Einen Vergleich mit dem Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf von der FPÖ, der sich fälschlicherweise als Rechtsanwalt bezeichnet haben soll, wies Faymann empört von sich.

Inseratenaffäre: Faymann fürchtet keine Anklage
Ein Temperaturanstieg war dann zu verzeichnen, als Wolf die Inseratenaffäre zur Sprache brachte. Die ÖBB-Inserate seien eine Werbeserie gewesen, die laut Sachverständigem der Bahn genutzt haben, verwies Faymann auf ein entsprechendes Gutachten. Das Aufkommen der Inserate in seiner Zeit sei auch nicht höher als heute. Mit der Aussage von ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger konfrontiert, wonach er, Faymann, bei einer Anklage in der Inseratenaffäre zurücktreten müsse, meinte der SPÖ-Chef: Es gebe keine Anklage, daher brauche man den hypothetischen Fall eines Rücktritts nicht kommentieren. Es werde auch zu keiner Anklage kommen, "irgendwann wird das eingestellt werden", zeigte sich der Kanzler überzeugt. Und über die Frage, ob er in der Causa in den Korruptions-U-Ausschuss eingeladen werde oder nicht, würden die Abgeordneten entscheiden. "Wenn die Abgeordneten einladen, komme ich", beteuerte Faymann.

"Profiheer der richtige Schritt nach Vorne"
Das derzeit heiße Thema Wehrpflicht durfte beim letzten "Sommergespräch" natürlich auch nicht fehlen. Den Meinungsschwenk der SPÖ in Sachen Berufsheer begründete der Kanzler u.a. damit, dass viele Länder ihre Armee umgestellt hätten. Faymann unterstrich, dass die Volksbefragung über die Abschaffung der Wehrpflicht bindend für die Politik sein werde. "Wenn das Volk entscheidet, in welche Richtung vorzugehen ist", habe sich die Regierung daran zu halten. "Es gibt keine höhere Instanz als das Volk." Ein Profiheer wäre, so der Kanzler, "der richtige Schritt nach vorne". "Ich weiß, dass die Rahmenbedingungen passen müssen, sonst funktioniert eine Professionalisierung des Heeres nicht. Und beim Sozialjahr müssen die Leute ordentlich verdienen, sonst funktioniert die Spezialisierung nicht", sagte Faymann.

Faymann: "Sicher nicht für Studiengebühren"
Als die Gesprächszeit schließlich knapper wurde, konnte sich auch Faymann einen Seitenhieb nicht ersparen. "Ich finde es traurig, dass bei einem 'Sommergespräch' keine Zeit für das Thema 'Arbeit' ist", kritisierte er die Gesprächsführung, um Moderator Wolf aber im nächsten Moment zu verzeihen. In Sachen Studiengebühren sei der Kanzler "derzeit überzeugt, dass es kein geeignetes Modell gibt". Den Vorstoß der Salzburger Landeshauptfrau und SPÖ-Landesparteichefin Gabi Burgstaller finde er "in Ordnung". Er werde aber deswegen seine Meinung nicht ändern und "sicher nicht" für Studiengebühren eintreten, so Faymann.

Eine Volksabstimmung über den permanenten Rettungsschirm ESM hält Faymann weiterhin nicht für nötig. Er sei überzeugt, dass der Schutzschirm "keine wesentliche Vertragsveränderung ist", betonte er. Er verteidigte zudem einmal mehr die Rettungsmaßnahmen, denn Österreich würde es am meisten kosten, wenn der Euro zusammenbrechen würde.

Keine Angst vor Stronach
Zum Abschluss wollte Wolf dann noch wissen, wie der SPÖ-Chef die neue Polit-Konkurrenz Frank Stronach beurteilt. "Lassen wir an uns herankommen, ob er überhaupt bei der Nationalratswahl kandidiert", gab sich Faymann sichtlich gelassen. Und wenn Stronach antrete, stelle sich als nächstes die Frage, ob ihn die Wähler überhaupt wählen, ergänzte der SPÖ-Chef schmunzelnd.

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