U-Ausschuss

Empörung und Ratlosigkeit wegen Zeugenschwund

Österreich
26.09.2012 18:15
Der Zeugenschwund im Korruptions-U-Ausschuss sorgt quer durch alle Fraktionen für Empörung, über die Konsequenzen herrscht allerdings Uneinigkeit. Eine von ÖVP und FPÖ am Mittwoch angedachte polizeiliche Vorführung der Auskunftspersonen geht sich nach Ansicht der SPÖ bis zum von der Koalition als Endtermin ins Auge gefassten 16. Oktober nicht mehr aus. Die Opposition drängte erneut auf eine Verlängerung des Ausschusses, die Regierungsparteien lehnten dies erwartungsgemäß neuerlich ab.

Der Ausschuss wollte sich am Mittwoch eigentlich der Inseratenaffäre rund um Kanzler Werner Faymann widmen und dazu drei frühere leitende Mitarbeiter der staatlichen Autobahngesellschaft Asfinag befragen. Ex-Asfinag-Sprecher Marc Zimmermann sowie die unter Faymann abgelösten Ex-Vorstände Franz Lückler und Mathias Reichhold haben jedoch abgesagt - Ex-Infrastrukturminister Reichhold übrigens, weil er als Landwirt angeblich im "Ernteeinsatz" und daher unabkömmlich sei.

Befragt wurde daher lediglich der damalige Faymann-Sprecher Thomas Landgraf. Der konnte oder wollte sich im Zeugenstand kaum an die damals vereinbarten Medienkooperationen erinnern. Wegen des Zeugenschwundes war der Ausschuss vom Vorsitzenden Walter Rosenkranz (Bild) auch vorübergehend unterbrochen worden.

Vorführung von Auskunftspersonen als Streitpunkt
Der VP-Fraktionsvorsitzende Werner Amon und sein FP-Kollege Harald Vilimsky drohten den nicht erschienenen Auskunftspersonen die polizeiliche Vorführung an. "Es kann nicht sein, dass ein Ausschuss in dieser sehr heiklen Phase durch lapidare Erklärungen abgewürgt werden soll", kritisierte Vilimsky. Für Amon ist vor allem Reichholds Entschuldigung "nicht ausreichend". Er geht davon aus, dass eine polizeiliche Vorführung bis zum Ende des Ausschusses am 16. Oktober noch möglich wäre.

Der SP-Fraktionsvorsitzende Otto Pendl sieht dies anders: Für ihn ist die Vorführung wegen des Fristenlaufes und der Einspruchsmöglichkeiten der Betroffenen keine Option. "Das funktioniert nicht von heute auf morgen." Außerdem sei der Zeugenschwund laut Pendl "kein Phänomen dieses Ausschusses", sondern Zeichen für den allgemeinen Reformbedarf der Verfahrensordnung.

Wie eine polizeiliche Vorführung von Auskunftspersonen theoretisch funktionieren könnte, schilderte Verfahrensanwalt Klaus Hoffmann: Dafür müsste dem betreffenden Zeugen zuerst einmal eine Vorführung angedroht werden. Lässt er den Ladungstermin trotzdem verstreichen, müsste eine zweite Ladung erfolgen. Verstreicht auch dieser Termin, dann könnte der Ausschuss bei der Polizei die Vorführung beantragen. Hoffmann rechnet allerdings offenbar nicht damit, dass dies tatsächlich geschieht und verweist auf das Ende bis 16. Oktober: "Sie kennen den Zeitplan."

Zeugen erneut geladen
Reichhold wurde nun von den Abgeordneten unter Androhung der polizeilichen Vorführung für den 2. Oktober geladen. Der Ausschuss beschloss weiters einen Antrag an das Bezirksgericht Wien-Innere Stadt, eine Beugestrafe gegen Reichhold zu verhängen. Dabei gehe es um eine Geldstrafe, die anhand der Einkommenssituation bemessen werde, hieß es am Mittwoch.

Weiters erneut geladen wurden Ex-Asfinag-Vorstand Lückler und Ex-Asfinag-Sprecher Zimmermann. Sie sollen am 4. Oktober in den Ausschuss kommen. Am selben Tag soll auch Walter Sattlberger, Ex-ÖBB-Kommunmikationschef, vor dem Ausschuss erscheinen.

Opposition pocht auf Verlängerung des Ausschusses
Grüne und BZÖ fordern unterdessen die Verlängerung des Ausschusses. Grünen-Fraktionschef Peter Pilz will außerdem - wie auch Vilimsky - die Ladung Faymanns zur Inseratenaffäre. Außerdem will Pilz zur Telekom-Affäre noch weitere zehn Zeugen beantragen und droht SPÖ und ÖVP mit der Veröffentlichung von neuen Unterlagen zu den Telekom-Ostgeschäften. Vilimsky fordert außerdem noch die Ladung von Ex-ÖBB-Manager Stefan Wehinger zur Inseratenaffäre. Für Stefan Petzner vom BZÖ ist das Ende des Ausschusses am 16. Oktober ebenfalls "nicht haltbar": "Der Untersuchungsausschuss muss so lange tagen, bis alle Zeugen erschienen sind."

Die Grüne Gabriela Moser weint angesichts der aktuellen Entwicklung ihrem vor Kurzem zurückgelegten Ausschussvorsitz jedenfalls nicht nach: Sie sei froh, dass sie nicht mehr das Aushängeschild für einen "Untersuchungsausschuss im Schnellwaschgang" sei.

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