"Vielleicht umtaufen"

Einsatzchef: Kein Grund, Profiheer-Projekte zu stoppen

Österreich
23.01.2013 22:12
Bei der Volksbefragung hat Österreich der Einführung eines Berufsheeres eine klare Abfuhr erteilt - das ist für das Verteidigungsministerium allerdings kein Gund, bereits angelaufene Pilotprojekte zum Berufsheer vorschnell abzublasen. Auch der Einsatzchef des Bundesheeres selbst, Generalleutnant Christian Segur-Cabanac, sprach sich am Mittwoch deutlich gegen eine Einstellung der Projekte (Auflistung am Storyende) aus. Diese seien "zweckmäßig und sollten weitergeführt werden". Man könne sie zwar "gerne umbenennen", aber stoppen solle man sie nicht.

Der Umbau des in der Klagenfurter Khevenhüller-Kaserne stationierten Jägerbataillons 25 (im Bild Gebirgsjäger bei einer Übung in Saalfelden im September 2012) zu einem Musterverband ausschließlich aus Zeit- und Berufssoldaten sei "ganz wichtig" und sollte auch mit dem System der Wehrpflicht weitergeführt werden, erklärte Segur-Cabanac.

"Ganzes Bataillon für internationalen Bereich"
Es gebe seit Jahren Bestrebungen, ein Bataillon mit Zeitsoldaten für internationale Einsätze aufzustellen. Bisher seien die Soldaten in ganz Österreich verstreut gewesen, mit der Aufstellung des Verbandes in Klagenfurt "haben wir ein Instrumentarium, ein ganzes Bataillon im internationalen Bereich einzubringen und nicht nur zusammengestellte Einheiten". Wenn das Ganze nicht mehr Pilotprojekt heißen solle, könne man das gerne umbenennen, aber "der Inhalt sollte derselbe bleiben", so der Generalleutnant.

"Genau das, was angestrebt wird"
Auch das zweite Pilotprojekt, mit dem Systemerhalter ersetzt werden, hält der Einsatzchef nach wie vor für sinnvoll. Die Reduktion von Funktionssoldaten sei ja schließlich genau das, was angestrebt werde. Im Rahmen dieses Projektes wurden unter anderem auf dem Truppenübungsplatz Seetaler Alpe Wachsoldaten durch technische Einrichtungen ersetzt und einige Hunderttausend Euro investiert. Die Maßnahmen, die an mehreren Standorten gesetzt wurden, kämen erst 2013 voll zum Tragen und sollten nach Ansicht Segur-Cabanacs jetzt nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Bestehende Verträge würden für Probleme sorgen
Beim Pilotprojekt "Profi-Miliz" ist die Lage ohnehin schwierig. Die für zwei Miliz-Pionierkompanien bereits angeworbenen Soldaten haben nämlich dreijährige Verträge, die nicht ohne Weiteres aufgelöst werden können. Hier sei ein Vertragsverhältnis mit einem bestimmten Leistungsumfang wie Jahresprämien von 5.000 Euro eingegangen worden. "Es wird schwer sein, aus dem Vertrag auszusteigen", so Segur-Cabanac. Er könne sich allerdings vorstellen, dass man die beiden Pionierkompanien bis zum Ende der Verträge einfriere und keine weiteren Einheiten mehr rekrutiere.

Befragung "verbindlich", aber Pilotprojekte "im Bestand"
SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos hatte bereits unmittelbar nach der Volksbefragung erklärt, dass das Votum "verbindend und verbindlich" sei. Dennoch ist der Minister der Meinung, dass in Zukunft an einem Berufsheersystem - so wie er es ausgearbeitet habe -, nichts mehr vorbeiführen werde. Die Pilotprojekte ohne Präsenzdiener blieben "jetzt im Bestand", bekräftigte der Minister noch am Sonntag. Auf krone.at-Anfrage gab man sich am Mittwoch im Ministerium diesbezüglich zugeknöpft: Die Forderung der ÖVP nach einem Stopp der Pilotprojekte kommentiere man nicht, man werde das in der Reformgruppe besprechen. Ein Ministeriumssprecher verwies allerdings auf die Aussagen von Generalleutnant Segur-Cabanac.

ÖVP: "Sofort einstellen"
Das Verlangen nach einem "umgehenden Stopp" der Pilotprojekte ist eine jener zwölf Forderungen der ÖVP zur Reform des Bundesheeres, die erst am Mittwoch vom oberösterreichischen Militärkommandanten Kurt Raffetseder als realitätsfern hingestellt wurden - wörtlich meinte Raffetseder, diese seien "kalter Kaffee" (siehe Story in der Infobox). Die Pilotprojekte sind nach Ansicht der ÖVP "unnütz" und würden "nur Budgetmittel verschlingen". Vielmehr sollten, geht es nach der Volkspartei, diese Gelder in Ausbildung der Rekruten und Verbesserung der Infrastruktur, speziell der Unterkünfte der Präsenzdiener, investiert werden.

Drei Projekte im Fokus
Im Folgenden eine Kurzbeschreibung jener Pilotprojekte, die von SPÖ-Minister Darabos im Frühjahr 2012 initiiert wurden und laut ÖVP "sofort einzustellen" sind:

  • Das Jägerbataillon 25 in der Klagenfurter Khevenhüller-Kaserne wird derzeit zum "Musterverband", der ausschließlich aus Berufs- und Zeitsoldaten besteht. Die Elite-Truppe verfügt laut Ministerium "neben modernsten Infanterie- und Panzerabwehrwaffen vor allem über jene Ausrüstung, welche dazu befähigt, jegliche Art von In- und Auslandseinsätzen erfolgreich zu bewältigen".
  • Beim Pilotprojekt "Freiwilligenmiliz" in Salzburg und Melk werden Pionierkompanien aufgebaut, in denen sich Soldaten gegen eine Jahresprämie von 5.000 Euro dazu bereit erklären, pro Jahr rund zwei Wochen für Übungen oder erforderliche Einsätze (im Inland) zur Verfügung zu stehen.
  • Beim Pilotprojekt "Reduktion von Funktionssoldaten" werden an fünf Standorten in Wien, Kärnten und der Steiermark sukzessive keine Grundwehrdiener mehr als Systemerhalter eingesetzt. Rekruten sind dort also vom Dienst als "Wachsoldat, Kraftfahrer, Koch oder Gehilfe aller Art" befreit.
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