"VdB" im Porträt

Das ist der Professor, der in die Hofburg einzieht

Österreich
04.12.2016 17:33

Alexander Van der Bellen wird der erste Bundespräsident mit Vergangenheit bei den Grünen. Stoppen ließ sich der von einer breiten Phalanx links der FPÖ unterstützte 72-Jährige nicht einmal vom Verfassungsgerichtshof, der seinen Sieg bei Versuch eins wegen Formalmängeln nicht gelten ließ. Auch bei der Wiederholung hielt der besonnene Wirtschaftsprofessor seinen freiheitlichen Kontrahenten Norbert Hofer auf Distanz.

Van der Bellen ist ein politischer Spätzünder. Als Professor für Volkswirtschaftslehre lernte ihn das grüne Urgestein Peter Pilz kennen und lockte das frühere SPÖ-Mitglied in seine Partei. Als Kandidat für das Amt des Rechnungshofpräsidenten noch gescheitert, zog er wenig später 1994 als Abgeordneter in den Nationalrat ein.

Es dauerte nicht lange, bis der fachkundige Professor mit guter Rhetorik und stets versehen mit einem Schuss Humor zum Star der Grünen aufstieg - und das, obwohl seine Positionen der Basis bis heute viel zu wirtschaftsliberal sind. Das hinderte die Partei jedoch nicht daran, ihn 1997 zum Bundessprecher und 1999 zum Klubobmann zu machen.

Politik der Grünen geprägt
Mehr als ein Jahrzehnt prägte Van der Bellen die Politik der Grünen. Wahlerfolge folgten, manche größer, manche kleiner. Eine Niederlage gab es für Van der Bellen nur am Verhandlungstisch, als sich der von ihm durchaus geschätzte Wendekanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) für eine Neuauflage von Schwarz-Blau entschied, statt die Grünen in die Regierung zu holen.

Danach wirkte Van der Bellen deutlich weniger motiviert. Als die Wahl 2008 nicht so gut lief wie erhofft, übergab er an seine langjährige Kronprinzessin Eva Glawischnig. Er selbst blieb zunächst im Nationalrat, wurde von den Wienern mit Vorzugsstimmen in den Landtag gewählt und holte sich eine Image-Delle, als er das direkt vergebene Mandat erst nach mehr als einem Jahr Schreckstarre annahm. Keinen allzu schlanken Fuß machte zudem, dass er sich dann auch noch den "Weißen-Elefanten-Posten" des Wiener Universitätsbeauftragten umschnallen ließ.

Kein großer Wahlkämpfer
Ein großer Wahlkämpfer war Van der Bellen in seiner Zeit als Klubobmann nie. Fast immer lagen die Ergebnisse hinter den Prognosen. Doch mit jedem neuen Bundespräsidenten-Wahltermin schien er zuletzt dem Bad in der Menge ein wenig mehr abgewinnen zu können. Sein Wahlkampfteam hatte ihm Volksnähe samt Trachtenjoppe auf den Leib geschneidert - was wohl damit zu tun hatte, dass der intellektuelle Ex-Grüne bisher in ländlichen Regionen kaum punkten hatte können.

Weitgehend als lächerlich empfunden wurden die Versuche, den langjährigen Grünen-Chef als unabhängigen Kandidaten zu positionieren. Auch sein Verständnis für den russischen Einmarsch auf der Krim oder die Überlegung, die FPÖ auch dann nicht mit der Regierungsbildung zu beauftragen, wenn sie über die absolute Mehrheit verfügt, gehörten nicht unbedingt zu den Highlights der Kampagne von Van der Bellen. Für Freunde der Etikette ein No-Go war schließlich sein "Scheibenwischer" im hitzigen ATV-Duell mit Kontrahent Hofer.

Dass es sich letztlich trotzdem mit dem höchsten Amt im Staat ausgegangen ist, hat wohl viel mit seinem über Jahre aufgebauten Image zu tun, dem er in Grundzügen auch heute treu ist. Van der Bellen strahlt eine gewisse Güte aus, hat professoralen Charme, meidet tendenziell klassischen Polit-Sprech und ist nicht gerade ein Bürgerschreck, vor dem sich konservative Wähler fürchten müssten. Zudem konnte er von der Furcht vor einem freiheitlichen Präsidenten profitieren. So manchem, der mit den Grünen wenig anfangen kann, war deren langjähriger Chef dann doch das kleinere Übel - einfach weil Van der Bellen vor allem europapolitisch berechenbarer ist, Österreichs Ansehen in der Welt wohl kaum schadet und letztlich auch innenpolitisch keinen größeren Wirbel erwarten lässt.

Ruhiger Fischer-Kurs wird wohl weitergehen
Anzunehmen ist, dass der neue Präsident das Amt ähnlich wie der alte, Heinz Fischer, anlegen wird - ruhig, bedächtig, ohne sich allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Seine zweite Ehefrau, die der zweifache Vater kurz vor der Hofburg-Kampagne geheiratet hat, wird übrigens keine klassische First Lady sein, sondern weiter ihren Job bei den Grünen erledigen.

Zur Person:
Alexander Van der Bellen, geboren am 18. Jänner 1944 in Wien als Sohn einer estnischen Mutter und eines russischen Vaters, aufgewachsen im Tiroler Kaunertal, studierte Volkswirtschaft und unterrichtete als Uni-Professor sowohl in Innsbruck als auch in Wien. Aus seiner ersten, im vergangenen Herbst geschiedenen Ehe hat er zwei Söhne. Seit Kurzem ist er mit Doris Schmidauer, Geschäftsführerin im grünen Parlamentsklub, verheiratet.

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