SPÖ und ÖVP einig

Bankgeheimnis: Österreich gibt Blockade auf

Wirtschaft
27.04.2013 10:44
Österreich wird sich dem Druck der EU-Partner, das Bankgeheimnis für Ausländer aufzugeben, fügen. Allerdings hat die Regierung in einer am Freitagabend verbreiteten gemeinsamen Erklärung von Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger betont, dass für Österreich dabei einige Punkte von "entscheidender Relevanz" seien. Laut Finanzministerin Maria Fekter folgt nun ein Brief an EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta.

Wien gibt damit die bisherige Blockade eines Mandats der EU für Verhandlungen mit Drittstaaten auf. Österreich hatte bisher eine Ausnahme vom automatischen Datenaustausch zwischen den EU-Staaten, solange die Drittstaaten einem Info-Austausch nicht zustimmten. Sobald sie das tun, gilt für Österreich sofort der automatische Informationsaustausch in der EU, weil die Basis für die Ausnahme weg ist.

"Punkte" statt "Bedingungen"
In der gemeinsamen Erklärung von Faymann und Spindelegger ist ebenso wie in der diesbezüglichen Fekter-Stellungnahme bloß von "Punkten" die Rede, die für Österreich im Gefolge der Verhandlungen relevant seien – das Wort "Bedingungen" wird vermieden. Damit will Österreich nicht mehr mit Blockaden eines EU-Verhandlungsmandats drohen, betonen nun die Koalitionsparteien einmütig. Folglich bedeutet das nicht mehr, dass Verhandlungen erst aufgenommen würden, wenn zuvor "Bedingungen" erfüllt würden. Es werde das Verhandlungsmandat kommen, hieß es. Und man werde an den Verhandlungen der EU mit Drittstaaten zur Übernahme der Regelungen der Zinsbesteuerungsrichtlinie "konstruktiv mitwirken". Allerdings seien für Österreich einige Punkte von "entscheidender Relevanz".

In der gemeinsamen Position vom Freitag werden - anders als in einem am Donnerstag bekannt gewordenen ersten Entwurf des Finanzressorts - nicht mehr vier, sondern drei Punkte genannt. So will Österreich die bilateralen Steuerabkommen mit Liechtenstein und der Schweiz "gesondert berücksichtigt wissen". Zudem "muss" das Verhandlungsmandat auch Briefkastenfirmen und Trusts zuordenbar machen ("Trust-Register"). Schließlich müsse ein Info-Austausch mit den Drittstaaten "zumindest" dem OECD-Standard entsprechen. Weggefallen ist die am Donnerstag noch genannte Bedingung des Europäischen Gerichtshofs als juristische Instanz in Streitfällen.

Von all dem nicht tangiert sei das Bankgeheimnis für Inländer, betonte die Regierung erneut. Dieses war jedoch von der EU, der es nur um grenzüberschreitende Steuerhinterziehung geht, ohnehin nie infrage gestellt worden.

Fekter sieht sich bestätigt
Finanzministerin Maria Fekter hatte nach einem ersten Vorschlag massive Kritik geerntet, weil ein Entwurf für einen Brief an Brüssel vorzeitig bekannt wurde (siehe Infobox). Am Freitagabend zeigte sie sich erfreut, dass sich in dem nunmehrigen Positionspapier von Kanzler und Vizekanzler die "von mir vorgeschlagenen entscheidenden drei Punkte" wiederfänden. "Als nächsten Schritt", so Fekter, "wird man nun diese Position auf schriftlichem Wege dem zuständigen EU-Kommissar Algirdas Semeta und dem irischen Vorsitzenden Michael Noonan übermitteln.

Weiters meinte Fekter, dass "die von Bundeskanzler und Vizekanzler vereinbarte Linie zum Erhalt des österreichischen Bankgeheimnisses" von ihr "vollinhaltlich mitgetragen und begrüßt wird".

Spindelegger kalmiert
Spindelegger verteidigte am späten Freitagabend in der Causa jegliche Kritik an Fekter. Auch gegenüber dem Koalitionspartner SPÖ wollte er im ORF keine Kritik äußern. Er habe nicht vor, Fekter aus ihrem Amt zu entfernen, betonte Spindelegger in der "ZiB 2". "Sie ist eine gute Finanzministerin", meinte der Vizekanzler. Im Zusammenhang mit dem von Faymann heftig kritisierten Brief-Entwurf vom Donnerstag erhebt sich für Spindelegger vor allem die Frage, wer diesen in die Öffentlichkeit gespielt habe. Auf die Frage, ob er dies der SPÖ vorwerfe, sagte der Vizekanzler, dass er niemandem einen Vorwurf mache - es sei jedoch nicht nötig, Medien über Entwürfe zu informieren, sondern über Ergebnisse.

Entscheidend ist für den ÖVP-Obmann aber, dass jetzt Schluss mit dem Streit sei und sich die Regierung auf eine Position geeinigt habe. Diese müsse jetzt von allen gemeinsam in Brüssel vertreten werden. In dieser gemeinsamen Position ist nicht mehr von Bedingungen die Rede, sondern man habe "wichtige Verhandlungsfragen" und "Verhandlungslinien" festgelegt.

Faymann: "Schützen keine Betrüger"
Bundeskanzler Faymann hofft nun auf eine Einigung zwischen der EU und Österreich bis spätestens 22. Mai, "beim Europäischen Rat, wo schon ein gewisses Aufbruchssignal sein soll". "Wir wollen, dass ein Ergebnis zustande kommt für den Datenaustausch im Interesse einer Betrugsbekämpfung in Europa." Österreich werde auch in Zukunft verstärkt Vorschläge machen, um Steuerbetrug zu bekämpfen, betonte der Kanzler Samstag früh im Ö1-"Morgenjournal". Das eigene Bankgeheimnis sei nicht betroffen, sondern die Verfolgung von internationalen Betrügereien werde voll unterstützt, "und englische Trusts und Kanalinseln kommen genauso dran".

Gefragt nach dem Ausmaß eines möglichen wirtschaftlichen Schadens für Österreich, wenn in der Zeit bis zum Inkrafttreten der neuen Regelungen Vermögen aus dem Land abgezogen würden, meinte Faymann, "der größte wirtschaftliche Schaden wäre, wenn wir den Ruf bekommen, wir schützen Betrüger. Das haben die Österreicher nicht notwendig, und ich habe auch mit Bankdirektoren gesprochen, die haben's auch nicht notwendig."

Es sei allerdings "störend", dass ein Brief "gleichzeitig oder sogar noch vorher veröffentlicht" werde, bekräftigte Faymann seine Kritik an Finanzministerin Fekter. Er habe es schon "als nicht besonders guten Stil" empfunden, einen Brief zu schreiben, in dem man "dauernd von Bedingungen" spreche und einen Stil anwende, der mehr nach "Blockade" aussehe. Jetzt aber sei "die Regierung wieder so, wie es gehört, es wird verhandelt".

Strache ortet Verrat, Bucher spricht von "Kniefall"
Ungeachtet dessen warf FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Rot und Schwarz vor, das österreichische Bankgeheimnis zu verraten. Die Aufgabe der Blockade für Drittstaaten-Verhandlungen wertet er als "deutlichen Schritt in Richtung Abschaffung des Bankgeheimnisses". Er vermutet hinter dem jüngsten Zwist in der Regierung zudem eine "reine Spiegelfechterei".

BZÖ-Chef Josef Bucher sieht die angekündigte Aufgabe des Bankgeheimnisses als "rot-schwarzen Kniefall vor der EU". "Faymann und Spindelegger sind keine standhaften Vertreter Österreichs, sondern peinliche Regierungsweicheier, die offenbar nur mehr von Angst vor den Eurokraten getrieben sind. Zuerst heldenhaft Widerstand versprechen, dann intern streiten, um in kürzester Zeit ohne Grund einfach wieder umzufallen. SPÖ und ÖVP haben das österreichische Bankgeheimnis verraten und verkauft, so Bucher.

EU-Kommission erfreut
Die EU-Kommission wiederum zeigte sich vorsichtig optimistisch bezüglich der Entscheidung Österreichs. Die Sprecherin von Steuerkommissar Semeta erklärte: "Wenn es wahr ist, dass Österreich bereit ist, das Verhandlungsmandat für ein stärkeres EU-Schweiz-Abkommen zu unterstützen, sind das sehr gute Neuigkeiten." Allerdings könne man noch keine abschließende Stellungnahme abgeben, da die Kommission noch mehr Informationen brauche.

Nach der Ankündigung von Luxemburg vor mehr als zwei Wochen, zum automatischen Informationsaustausch überzugehen und damit de facto das Bankgeheimnis für Ausländer ab 2015 aufzugeben, blieb Österreich als letztes Land über, das die Erteilung eines Verhandlungsmandats an die EU-Kommission blockierte.

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