Länder sträuben sich

Aus für 122 Polizeiposten – riesige Protestwelle

Österreich
28.01.2014 22:15
Bis zuletzt wurde hektisch an der Liste der zu schließenden Polizeiposten gefeilt. Insgesamt verhängte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner das Aus für 122 Stellen in ganz Österreich (siehe Infobox) - und hat dafür nun mit einer riesigen Protestwelle zu kämpfen. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl wehrte sich als Einziger erfolgreich gegen das verordnete Zusperren, die Verhandlungen gehen weiter. In anderen Bundesländern ist das Murren nicht zu überhören, etwa in Kärnten, Niederösterreich und dem Burgenland.

Kraft seiner Argumente und auch seines Charmes habe er die Innenministerin überzeugt, die Schließungen für Wien bis Ende Februar weiter zu verhandeln, so Häupl am Dienstag. Und er betont: Zusperren sei keine Lösung, Schließen kein Sicherheitskonzept (siehe Infobox). Die obige Übersicht der laut Innenministerium zu schließenden Posten finden Sie hier als PDF-Datei.

Kaiser und Niessl sauer: Letztes Kapitel noch nicht erreicht
Viel Gegenwind für Mikl-Leitner kommt auch aus Kärnten. Der rote Landeshauptmann Peter Kaiser schließt Protestmaßnahmen nicht aus, das letzte Kapitel in der Causa sieht er noch nicht aufgeschlagen.

Ähnliches ist aus dem Burgenland zu hören. SP-Landeschef Hans Niessl lehnt die Schließungen ebenfalls strikt ab, er fordert nun für jeden geschlossenen Polizeiposten eine Ausgleichslösung in drei weiteren Gemeinden sowie eine bessere Ausbildung der Beamten und mehr Präsenz. "Wir sind im Zusammenhang mit der Schlepperkriminalität eine Transitroute", sagte Niessl. "Da passt der angewandte Berechnungsschlüsel einfach nicht", so der Landeshauptmann, in dessen Bundesland elf Polizeiposten geschlossen werden sollen.

Pröll: "Zusammenlegung muss Sicherheit verbessern"
21 von 202 Polizeiposten fallen in Niederösterreich dem Sparstift zum Opfer: "Die Zusammenlegung muss die Sicherheitsversorgung verbessern", so Landeshauptmann Erwin Pröll. Der ÖVP-Politiker fordert von "seiner" Innenministerin eine rasche Umsetzung der begleitenden Maßnahmen - wie mehr Polizeipräsenz und Videoüberwachung.

Auch in den betroffenen Gemeinden gehen die Wogen hoch. So mancher Bürgermeister bastelt bereits an Protesten sowie an groß angelegten Unterschriftenaktionen gegen die Verordnung des Ministeriums.

Strache: "Schwerer Anschlag auf die Sicherheit"

In der Bundespolitik scheiden sich die Geister an der geplanten Reform. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bezeichnete die Dienststellenschließungen als "schweren Anschlag auf die Sicherheit der Österreicher". Das sei ein "geradezu gemeingefährliches Vorgehen" von Mikl-Leitner. Solche Maßnahmen seien in Zeiten steigender Kriminalität sowie stark zunehmender Belastungen der Sicherheitswachebeamten völlig unverantwortlich, betonte Strache. "Unterstützen statt aushungern - das muss die Devise unserer österreichischen Sicherheitspolitik sein."

Bei den Grünen sind die Reaktionen gespalten. Vizeklubchef Werner Kogler sagte, er könne nicht beurteilen, ob es zu viele Dienststellen gebe. "Ich würde mich auch nicht vor jedem Polizeiposten anketten, nur weil er geschlossen werden sollte." Von Mikl-Leitner verlangte er jedenfalls die Offenlegung ihrer Kriterien zu den Schließungsplänen. Kritischer äußerten sich Sicherheitssprecher Peter Pilz und der Kärntner Landesrat Rolf Holub. Pilz sieht durch die aktuelle Reform eine drohende Über-Zentralisierung. Holub sprach von einer "Welle der Entrüstung" in Kärnten, weil die Reform "von oben nach unten durchgedrückt" werde.

Für das Team Stronach ist die "Schließungswelle bei den Polizeiposten" ein "Schnellschuss der Innenministerin, der kurzsichtig und unverständlich ist". Die Maßnahme bringe keinerlei Verbesserungen der Sicherheitslage, verkündete Sicherheitssprecher Christoph Hagen via Aussendung.

Gewerkschaft "nicht glücklich"

Und auch die Polizeigewerkschaft ist mit den Schließungsplänen "nicht glücklich". Der sozialdemokratische Vorsitzende Hermann Greylinger zweifelt daran, dass die Maßnahme nichts mit Einsparungen zu tun habe, wie Mikl-Leitner beteuerte. "Die Innenministerin hat betont, dass sie großteils den Empfehlungen des Rechnungshofs gefolgt ist. Und der Rechnungshof zielt immer auf Sparmaßnahmen ab." Nicht wirklich glauben wollte Greylinger auch, dass mit der Schließung Bürokratie abgebaut werde. "Das hören wir seit 30 Jahren."

Der Rechnungshof unterstützte denn auch die Pläne des Innenministeriums: Derzeit gehe zu viel Geld in die Struktur und zu wenig in den Außendienst, daher seien die angekündigten Schließungen zu begrüßen. Mit der Reform werde Geld frei für Verbesserungen, so der Rechnungshof.

Mikl-Leitner will Aufklärungsarbeit leisten
"Es ist noch einiges an Aufklärungsarbeit notwendig", gab Mikl-Leitner im Gespräch mit der "Krone" zu. Sie betonte aber, dass man das Ziel vor Augen habe müsse. Dieses laute mehr Sicherheit, und deshalb könne man sich dieser Reform nicht verschließen. Außerdem würden 98 Prozent der Polizei-Interventionen über den Notruf und nicht über das Wachzimmer erfolgen.

In der "ZiB 2" sagte die Ministerin, sie habe Verständnis dafür, dass die Bürgermeister für jeden einzelnen Polizeiposten kämpfen. Allerdings habe "niemand etwas davon, wenn die Polizisten die Schreibstuben bewachen", vielmehr sollen sie die Bevölkerung schützen. Was die konkrete Verteilung der zu schließenden Dienststellen auf das Bundesgebiet betrifft, habe sie "volles Vertrauen" in ihre Experten. Das Sicherheitskonzept für Wien sei eine "besondere Herausforderung", sollte aber bis Ende Februar stehen.

Klar ist jedenfalls, dass die Kritik und die Proteste der Gemeinden und Landeschefs so schnell nicht abreißen werden.

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