Finanzskandal

Alle einig: Salzburg-Debakel war ein Systemversagen

Österreich
24.04.2013 12:47
Beim Salzburger Finanzskandal habe das gesamte System versagt. Diese Einschätzung haben am Mittwoch alle Parteien im Salzburger Landtag geteilt. Eineinhalb Wochen vor der Landtagswahl wurden die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses diskutiert. In ihren Einschätzungen, wo die Ursachen und die politische Verantwortung für das Systemversagen zu finden seien, lagen die Parteien aber weit auseinander.

"Die Gesamtverantwortung für den Skandal hat die Regierung", sagte der FPÖ-Abgeordnete Friedrich Wiedermann. Schon 2008 hätten sich die Regierungsmitglieder angesichts der internationalen Finanzkrise die Frage stellen können, wie es mit den Salzburger Finanzen aussehe. Und auch als Referatsleiterin Monika Rathgeber im Frühsommer 2012 die Vollmacht entzogen wurde, hätten die Regierungsmitglieder nicht reagiert.

"Es gab kein Konfliktmanagement, man hat die Dinge laufen lassen", kritisierte Wiedermann. Die Schuld sah er nicht nur bei SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller, sondern auch bei ihrem ÖVP-Regierungskollegen Wilfried Haslauer. "Man muss Ihnen den Vorwurf machen, dass Sie sich als Stellvertreter der Landeshauptfrau mehr informieren hätten müssen", meinte Wiedermann zu Haslauer.

ÖVP: Burgstaller trägt die Hauptverantwortung
ÖVP-Mandatar Christian Stöckl wies diese Darstellung umgehend zurück: "Ein Regierungsmitglied kann sich nicht in andere Ressorts einmischen." Diese Kompetenz komme nur der Landeshauptfrau zu. Die Hauptverantwortung liege bei der SPÖ. Es gebe ein gesamtes System, das im Finanzskandal versagt habe, meinte auch Stöckl. In diesem System habe es viele Fehler gegeben: Selbstüberschätzung, Arroganz, Überforderung sowie mangelnde Kontrolle seien im Ressort und in der Verwaltung an der Tagesordnung gestanden.

SPÖ: Vollmacht für Finanzabteilung war Grundübel
Es hätten viele Dinge zusammengespielt, sagte der SPÖ-Klubvorsitzende Roland Meisl. Das Grundübel sei jedoch jene umfassende Vollmacht gewesen, die der damalige ÖVP-Finanzressortchef Wolfgang Eisl für die Finanzabteilung ausgestellt habe. Die Vollmachten seien von den nachfolgenden SPÖ-Finanzreferenten freilich bestätigt worden, aber: "Die Salzburgerinnen und Salzburger warten bisher vergeblich, dass auch die ÖVP ihre politische Verantwortung wahrnimmt", meinte Meisl in Anlehnung an den Rücktritt seines Parteikollegen David Brenner als Finanzreferent.

"Die Vollmacht war der Beginn des Dramas", erklärte auch Lukas Essl von der FPÖ. Sie sei die politische Vorgabe für das Desaster gewesen, das von 2003 bis 2012 passiert sei. Der zweite Fehler sei gewesen, "die Landesbuchhaltung zu knebeln oder zu kastrieren". Dadurch sei eine der wichtigsten Kontrollinstanzen ausgeschaltet worden. Während die Regierung bei der Krisenbewältigung völlig versagt habe und die Verwaltung in eine Schockstarre verfallen sei, habe der Landtag nach dem Bekanntwerden des Skandals das Heft in die Hand genommen. "Der Landtag ist seiner Verpflichtung wirklich nachgekommen", lobte Essl.

Aktuelle Stunde: "Bilanz einer gescheiterten Koalition"
Zuvor war der Landtag zu einer Aktuellen Stunde unter dem konfliktträchtigen Titel "2009 bis 2013: Bilanz einer gescheiterten Koalition" zusammengekommen. Die von der FPÖ angeregte Debatte verlief jedoch vergleichsweise handzahm, das erwartete Wahlkampfgetöse blieb weitgehend aus.

FPÖ-Chef Karl Schnell hinterfragte in seinem Impuls-Beitrag weniger die Gesamtbilanz der Koalition ("Nicht alles war schlecht"), sondern kritisierte vor allem die von SPÖ und ÖVP hinterlassene "Spekulations-Giftmülldeponie". Ansonsten nutzte der Freiheitliche seine Rede für Seitenhiebe auf das Team Stronach ("Ein reicher Onkel aus Amerika schickt sich an, das System zu bekämpfen, obwohl er selbst das System ist"), kritisierte die Verunstaltung von FPÖ-Plakaten durch Spraydosenattacken und betonte einmal mehr, die Abschaffung des Verhältniswahlrechts in Salzburg - das ihm einst einen Regierungssitz bescherte - sei ein Fehler gewesen.

Burgstaller und Haslauer trotz allem optimistisch
Burgstaller verwies in ihrer Rede auf die im europäischen Vergleich einzigartig niedrige Arbeitslosigkeit in Salzburg, die seit 2009 getätigten Investitionen und geschaffene Jobs im Gesundheits- und Sozialbereich sowie die Fähigkeit der Regierung, unvorhergesehene Krisen zu lösen, etwa nach dem Mitarbeiterabbau beim Papierkonzern M-Real in Hallein. "Jetzt hoffen wir, den Finanzskandal ohne Schaden für das Land aufzuarbeiten."

Auch ÖVP-Chef Haslauer zeigte sich optimistisch, was die Aufarbeitung des Finanzskandals betrifft: "Das Land ist leistungsfähig genug, diese Aufgabe zu meistern." Haslauer verwies auf ein 18-prozentiges Plus bei den Nächtigungen im Tourismus in den vergangenen zehn Jahren, die von ihm vorangetriebene Neuordnung der Museumslandschaft und wichtige Schritte im Verkehr.

Grüne: "Über weite Strecken eine Behinderungskoalition"
Der grüne Landtagsabgeordnete Cyriak Schwaighofer bemerkte hingegen, die Koalition sei schon von Beginn an zum Scheitern verurteilt gewesen: "Es war über weite Strecken eine Behinderungskoalition, die Erfolge des jeweils anderen Regierungspartners verhindern wollte. Vom ersten Tag der Legislaturperiode an war Wahlkampf, ein Gegeneinander und kein Miteinander. Vier Jahre lang standen Parteiinteressen in weiten Teilen vor Landesinteressen."

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