"Desaster-Abbild"

Abschlussbericht zu Salzburg-Ausschuss liegt nun vor

Österreich
18.04.2013 14:56
Er leitete die Befragung von 30 Auskunftspersonen, bestellte einen Sachverständigen, arbeitete sich durch exakt 1.533 Seiten Wortprotokoll und mehr als 3.000 Seiten Urkunden: Vor Kurzem hat Anton Wagner (Bild), Richter im Untersuchungsausschuss zum Salzburger Finanzskandal, seinen Abschlussbericht fertiggestellt. Der Bericht und mögliche Konsequenzen des Skandals werden kommende Woche im Landtag diskutiert.

Der Richter hütete sich in seinem 85 Seiten umfangreichen Bericht penibel vor Schuldzuweisungen und Interpretationen: "Die Bewertung der politischen Bedeutung bestimmter Angaben von Auskunftspersonen und der Glaubwürdigkeit dieser Angaben muss den Abgeordneten vorbehalten bleiben", schreibt er am Ende seiner Zusammenfassung.

Neue Erkenntnisse beinhaltet das Resultat nicht. Doch der Bericht zeigt die Widersprüchlichkeiten einzelner Aussagen auf und offenbart das Ausmaß des Finanzskandals: Systemversagen, zahnlose Kontrollinstrumente, Missachtung des Vier-Augen-Prinzips, Machtkämpfe zwischen Finanzabteilung und Landesbuchhaltung und das Einsetzen von Personen an zentralen Verwaltungsposten, die der politischen Farbenlehre entsprechen, aber nur bedingt qualifiziert sind.

So waren Finanzabteilungsleiter Eduard Paulus und ein Mitarbeiter im Finanzmanagement zuvor etwa als Abteilungsleiter und Beamter im Bildungsressort tätig gewesen. Der Mitarbeiter absolvierte - quasi als Ausbildung für Finanzgeschäfte - gerade zwei Mal einen zweitägigen Kurs.

Millionen als Ziel ohne konkrete Angaben über das Wie
Der Landtag beschloss Jahr für Jahr Millioneneinnahmen im Budget durch Finanzgeschäfte, ohne je darüber zu diskutieren, wie und womit das Geld erwirtschaftet wird. Im Artikel IV des Landeshaushaltsgesetzes wurde die Landesregierung im Jahr 2006 erstmals ermächtigt, "zur Erzielung von Zusatzerträgen abgeleitete Finanzgeschäfte" durchzuführen, geht aus dem Bericht hervor.

Ein Passus, der ausdrücklich auch für das Vermögen des Landeswohnbaufonds galt, dessen Buchhaltung in der Zusammenfassung massive Mängel attestiert werden. Eine erstmals im Februar 2002 ausgestellte Vollmacht wurde 2003 auf den Abschluss "sonstiger strukturierter Derivate einschließlich exotischer Zinsderivate" ausgedehnt. "Gerade mit diesem Zusatz wurde eine Art Generalklausel geschaffen, weil unter den Begriff die unterschiedlichsten Finanzkonstruktion fallen", zitierte Wagner etwa den Bericht eines Sachverständigen.

Nun tagt am Montag der U-Ausschuss ein letztes Mal unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ziel ist, sich auf Basis der Resultate auf einen gemeinsamen Forderungskatalog oder Maßnahmen für die Zukunft zu einigen. Bis Dienstagvormittag soll dann jede Fraktion eine politische Stellungnahme zum Bericht abgegeben. Am 24. April steht der Bericht des U-Ausschusses dann im Plenum des Landtags zur Diskussion.

Ausschuss-Vorsitzende: "Abbild des Desasters"
Als eine der ersten Parteien reagierten die Grünen auf den Abschlussbericht. Ausschuss-Vorsitzende und Grünen-Abgeordnete Astrid Rössler bezeichnete den Bericht als "schonungsloses Abbild des Desasters". "Es besteht dringender Handlungsbedarf, auf allen Ebenen", bekräftigte Rössler.

Lob für Richter von der ÖVP: "Tolle Arbeit gemacht"
Lob für den Richter gab es vonseiten der ÖVP. "Der Bericht ist eine sehr kompetente und klare Zusammenfassung der Einvernahmen und vorgelegten Urkunden. Der Richter hat eine tolle Arbeit gemacht", sagte Landtagsabgeordnete Brigitta Pallauf. Das Beweisergebnis fördert aus Sicht der ÖVP zutage, dass "keinerlei Kontrolle da war, aber auch, dass die für die Kontrolle Zuständigen wesentlich früher informiert waren", erklärte Pallauf. "Der Landtag wurde belogen."

SPÖ: "Monika Rathgeber hat zentrale Rolle gespielt"
Die SPÖ stellte dem Richter ebenfalls ein gutes Zeugnis aus. "Er ist seinem Job gerecht geworden. Die Zusammenfassung ist neutral, er hat keine Wertung vorgenommen. Der Bericht ist eine sehr gute Grundlage für unsere politische Beurteilung", sagte Landtagsklubvorsitzender Roland Meisl, für den eine der Wurzel des Übels die Ausstellung der Vollmachten für den Abschluss von Finanzgeschäften gewesen sei. Monika Rathgeber habe laut dem SPÖ-Abgeordneten eine zentrale Rolle im Finanzskandal innegehabt. Er gab zu bedenken, dass über 100 gefälschte Unterschriften festgestellt worden seien.

Abwartende FPÖ will nicht aus der "Hüfte schießen"
Die FPÖ gab vorerst keine Stellungnahme ab, ein Parteisprecher erklärte kurz und bündig: "Wir müssen uns den Bericht noch genau ansehen, wir wollen nicht aus der Hüfte schießen."

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