Häupl im Interview

Lassen Sie sich weiter von den Grünen pflanzen?

Österreich
20.10.2015 16:53

Zum Start der Koalitionsverhandlungen spricht der mächtige Wiener Bürgermeister Michael Häupl (66) mit Conny Bischofberger über die Lehren aus der Wahl und seine ungebrochene Lust am Regieren.

Die Beletage des Wiener Rathauses, die riesigen Luster, die roten Polstersessel im Bürgermeisterbüro, der lange Glastisch. Michael Häupl sitzt mit kampfeslustigen Mundwinkeln da, wie meistens trägt er weißes Hemd und Genossenkrawatte. An DIESEM Dienstag ist er mit seinen 22 Stunden nicht zu Mittag schon fertig...

Im "Krone"-Interview, das sieben Stunden vor dem Landesparteivorstand geführt wurde, lässt er das überraschende Wahlergebnis vom vorletzten Sonntag noch einmal Revue passieren und kündigt "sehr rasche" Koalitionsverhandlungen an.

"Krone": Herr Bürgermeister, wenn Sie ganz ehrlich sind, haben Sie sich am Wahltag gedacht: Ups, da hab' ich nochmal Glück gehabt?
Michael Häupl: Naja, das Ergebnis ist schon so etwas wie eine zweite Chance. Die haben wir bekommen und die werden wir nutzen. In der Stadt und auch in der Sozialdemokratie.

"Krone": Der Abstand zur FPÖ beträgt immerhin noch 8,8 Prozentpunkte. Heißt Ihr Motto "Hauptsache Erster"? Oder wird sich personell und inhaltlich jetzt wirklich was ändern?
Häupl: Das Motto ist schon einmal nicht so schlecht (grinst). Übers Personelle reden wir später, das steht für mich nicht im Vordergrund. Inhaltlich müssen wir uns noch mehr auf die wesentlichen Herausforderungen konzentrieren. Wien wächst zu einer Zwei-Millionen-Stadt, also haben wir beim Wohnungsbau, im Verkehr, bei Kindergärten und Schulen, im Freizeitbereich und in der Kultur viel zu tun, und das unter den Bedingungen einer noch immer existierenden Wirtschaftskrise.

"Krone": Haben Sie das viel zitierte Duell vom Zaun gebrochen, um möglichst viele Anti-Strache-Stimmen zu bekommen?
Häupl: Ich darf schon erinnern, dass nicht ich es war, der plakatiert hat: Verhindert Häupl, wählt Strache! Es war Herr Strache, der das Duell ausgerufen hat, und ich entziehe mich dem natürlich nicht.

"Krone": Würden Sie sagen, dass Wien nach dem doch knappen Ergebnis - FPÖ 30,79, SPÖ 39,59 - eine geteilte Stadt ist?
Häupl: Der Wahlkampf hat schon sehr polarisiert und unsere Aufgabe wird sein, die Gräben wieder zuzuschütten. Das ist nicht etwas, was wir allein können. Aber ich sage: Ich will mich außerordentlich darum bemühen, dass man die Emotionen wieder herunterholt.

"Krone": In Zukunft werden Sie mit Johann Gudenus einen blauen Vizebürgermeister im Rathaus sitzen haben - eine Art Laus im Pelz?
Häupl: Er ist gewählt, und er weiß ja letztendlich: Er ist ein Vizebürgermeister ohne Portefeuille.

"Krone": Wäre es nicht gscheit, jemandem, der 9442 Euro verdient, auch eine Aufgabe zu geben?
Häupl: Nein. Ich sage das, was ich mein ganzes politisches Leben gesagt habe: Die inhaltlichen Unterschiede zwischen der Sozialdemokratie und der Freiheitlichen Partei sind so groß, dass es keine Regierungszusammenarbeit, auch nicht durch die Hintertür, geben kann.

"Krone": Was wäre so schlimm, die FPÖ mitregieren zu lassen und kritisch zu beobachten? Wenn sie es nicht gut machen, werden sie ohnehin wieder abgewählt.
Häupl: Schauen Sie sich an, was von der FPÖ als regierungsbestimmender Kraft geblieben ist: mindestens 13 Milliarden Euro Schulden allein durch das Hypo-Desaster. Was glauben Sie, wie viele Schulen, Kindergärten und Spitäler ich damit finanzieren könnte!

"Krone": Aber das Burgenland beweist doch auch, dass man mit der FPÖ sehr wohl regieren kann.
Häupl: Ich sehe vom blauen Landeshauptmannstellvertreter bis jetzt wenig. Kein einziger Flüchtling ist weniger über die Grenze gekommen wegen ihm, obwohl er die Sicherheitsagenden hat. Aber ja, schauen wir mal, wie es dort weitergeht.

"Krone": Apropos Sicherheitsagenden: War das ein Thema zwischen Ihnen und Heinz-Christian Strache?
Häupl: Wir - Niedermühlbichler, Schicker und ich - hatten ein Gespräch mit Strache, Kickl und Gudenus. Gudenus wollte den Sicherheitsstadtrat. Darauf hab' ich ihm gesagt: Wenn ein Sicherheitsstadtrat wie in Berlin 6400 Polizisten befehligen kann, dann mache ich sofort einen Sicherheitsstadtrat. Aber in Wien könnte der gerade einmal die 100 Ordnungsberater befehligen, die in den Gemeindebauten aktiv sind. Und die Waste-Watcher.

"Krone": Sie wirken, als würde Ihnen das ganz recht sein.
Häupl: Der Eindruck stimmt. Wenn es mir nicht recht wäre, hätte ich ja eine Regierungskoalition mit der FPÖ eingehen müssen.

"Krone": Und so lassen Sie sich weiter von den Grünen pflanzen?
Häupl: Ich habe mich nie von den Grünen pflanzen lassen und auch seinerzeit nicht von den Schwarzen. Ich versuche, meine Arbeit immer möglichst professionell zu machen. Das gilt auch für die Zukunft.

"Krone": Von Rot-Grün sind vor allem die Ampelmännchen und die "Mahü" geblieben, ist das nicht ein bisschen wenig?
Häupl: Die Ampelmännchen sind mir ehrlich gesagt wurscht. Wenn man sich das internationale Medienecho anschaut, dann haben sie uns jedenfalls nicht geschadet. Die Mariahilfer Straße war ein gemeinsames Projekt, eigentlich stammte der ursprüngliche Vorschlag von Hannes Swoboda. Diskussionen hat es auch beim Rathausplatz, bei der Kärntner Straße, beim Graben und beim Kohlmarkt gegeben. Die Kommunikation war suboptimal, das Projekt ist optimal. Auch die 365-Euro-Jahreskarte für die Wiener Linien - ist eigentlich von Renate Brauner ausgegangen. Die höchste Mindestsicherung in ganz Österreich, alles gemeinsame Projekte. Nur das Wahlrecht trennt uns. Das wird Gegenstand der Verhandlungen sein.

"Krone": Haben Sie verstanden, warum Maria Vassilakou vor der Wahl ihren Rücktritt in den Raum gestellt hat?
Häupl: Ich habe es auch vom Herrn Landeshauptmann Voves nicht verstanden, aber das ist alles nicht meine Angelegenheit. Ich habe keine ähnlichen Aussagen gemacht, und auch keine Notariatsakte unterschrieben.

"Krone": Wie schnell werden die Koalitonsverhandlungen abgeschlossen sein?
Häupl: Das wird sehr flott gehen, denn wir müssen bis 15. November unser Budget für das nächste Jahr einbringen. Bis Jahresende muss alles erledigt sein.

"Krone": Werden es Ihre letzten Koalitonsverhandlungen gewesen sein?
Häupl: Das weiß ich noch nicht. Aber solange es mir gesundheitlich gut geht und solange ich die Menschen erreiche, so lange mache ich das schon noch.

"Krone": Könnte es auch sein, dass Sie die ganze Periode durchmachen?
Häupl: Es könnte auch sein, dass das nicht meine letzte Wahl gewesen ist. Wenn Leute mit 73 zur Bundespräsidentenwahl antreten...

"Krone": Apropos Bundespräsidentenwahl: Da führt im Vertrauensindex Irmgard Griss vor Alexander Van der Bellen. Ihr Kandidat steht erst an vierter Stelle.
Häupl: Und Erwin Pröll auf Platz drei, das schau' ich mir an! Ich hoffe, man hat für diese Umfrage kein Geld ausgegeben.

"Krone": Wären Sie dafür, Wahlumfragen abzuschaffen?
Häupl: Wenn wer Geld dafür ausgeben will, dann soll er das tun. Ich bin kein rasender Verbieter.

"Krone": Werner Faymann kommt, um noch eine Umfrage zu zitieren, nur noch auf Platz drei bei der Kanzlerfrage. Wird er 2016 und in der Zukunft SPÖ-Chef bleiben?
Häupl: Ich unterstütze Werner Faymann als Bundesparteichef und natürlich auch als Regierungschef, er macht gute Arbeit und hat sich vor allem in der Flüchtlingsfrage mit seinen exzellenten Kontakten zu Frau Merkel sehr etabliert.

"Krone": Aber 18 verlorene Wahlen sind nicht gerade eine Erfolgsbilanz...
Häupl: Auch die 011 mit der Ärztin Barbara Hörnlein verheiratet. Sie ist sehr sportlich, wie passt das zusammen?
Häupl: Insofern gut, als ich mich bemühe, auch ein sportlicher Mensch zu sein. Seit dem Frühjahr mache ich regelmäßiges Training.

"Krone": Einmal im Monat?
Häupl: Dreimal pro Woche! 20 Minuten auf dem Ergometer und außerdem Rumpfmuskulaturgymnastik, seither hab' ich kein Kreuzweh mehr. Ich esse auch gesünder, aber da ist noch Luft nach oben. Es geht Richtung Low Carb, da war ich im Wahlkampf etwas undiszipliniert. Insgesamt bin ich heute aber viel fitter als ich mit 50 war.

"Krone": Trinken Sie auch weniger Alkohol?
Häupl: Die Leberkassemmel ist das Problem.

Aus dem Archiv: Häupl über Koalitionen: "Können nicht trödeln"

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