"Ärgster Albtraum"

Zugunglück: Lokführer soll Signal missachtet haben

Österreich
06.05.2015 15:40
Menschliches Versagen könnte am Mittwoch zu dem schweren Zugunglück nördlich von Graz geführt haben, bei dem einer der Lokführer ums Leben kam und acht Menschen teils lebensgefährlich verletzt wurden. Ein telefonisches Haltesignal sei missachtet worden, sagte Helmut Wittmann, der Geschäftsführer der Steiermärkischen Landesbahnen. Der tödlich verunglückte 21-jährige Lokführer soll demnach nicht auf den Gegenzug gewartet haben.

Insgesamt zehn Personen hielten sich in den beiden Zügen auf, als die beiden Garnituren auf der eingleisigen Strecke, nahe der Haltestelle Waldstein in Übelbach im Bezirk Graz-Umgebung, frontal zusammenstießen. Man habe um das Leben des 21 Jahre alten Lokführers "lange gekämpft" - letztendlich ohne Erfolg, berichtete das Rote Kreuz. Der zweite Lokführer im Alter von 46 Jahren und eine 60-jährige Passagierin wurden mit schwersten Verletzungen ins Spital geflogen. Fünf weitere Fahrgäste erlitten "mittelgradige Verletzungen", einer wurde leicht verletzt. Ein Passagier blieb unversehrt.

Bei dem getöteten Lokführer handelt es sich um einen jungen Mann aus der Region. Er fuhr die Strecke mehrmals täglich, sagte Wittmann bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Der Bahnchef zeigte sich tief betroffen: "So etwas will sich ein Geschäftsführer nur in seinen ärgsten Albträumen vorstellen."

Zug hätte warten müssen
Der Landesbahnen-Chef erklärte, dass an die regionale Strecke ein Kreuzungsbereich zum Ausweichen anschließt. Die Sicherung der Stelle wird von einem Fahrdienstleiter im oststeirischen Weiz übernommen, der per Telefon die Freigabe für einen der beiden Lokführer gibt, während der andere zu warten hat. Im vorliegenden Fall hätte der Zug Richtung Peggau, in dem der getötete Lokführer unterwegs war, in der Haltestelle Waldstein bleiben müssen.

Laut Wittmann begegnen sich die beiden Züge auf der Strecke nur ein- bis zweimal pro Tag, im Schnitt verkehrt pro Stunde ein Zug durch Waldstein. Rund 800 Personen fahren täglich auf der Strecke. Für die Sicherung der Lokalbahn ist die telefonische Freigabe ohne Lichtanlage rein rechtlich ausreichend. Kommt kein Anruf oder gibt es Zweifel, müssen die Lokführer in jedem Fall warten, sagte der Landesbahnen-Chef.

Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung
Ein Fahrgast habe Wittmann erzählt, dass noch jemand an der Haltestelle zugestiegen sei, dann setzte sich die Garnitur Richtung Peggau in Bewegung. Etwa 70 bis 100 Meter nach der Haltestelle kam es zur Kollision, der Zug kann daher noch nicht besonders schnell unterwegs gewesen sein. Der Gegenzug fuhr mit maximal 50 km/h, eine höhere Geschwindigkeit ist an der Stelle nicht erlaubt.

Alle Gespräche zwischen Fahrdienstleiter und Lokführer werden aufgezeichnet, müssten aber erst ausgewertet werden. Ersten Angaben des Fahrdienstleiters zufolge war bis zur Kollision alles planmäßig verlaufen. Das Landeskriminalamt Steiermark hat nun Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung gegen unbekannt aufgenommen.

Voves: "Gegebenenfalls Konsequenzen"
Landeshauptmann Franz Voves erfuhr während der Landeshauptleutekonferenz in St. Pölten von dem Unglück. Er übermittelte den Opfern und Angehörigen sein tiefstes Mitgefühl und dankte den Einsatzkräften. Nun sei es notwendig, die Ursachen zu ermitteln und "gegebenenfalls Konsequenzen" zu ziehen.

Der Bürgermeister von Deutschfeistritz, Michael Viertler, habe den verunglückten Lokführer als "netten jungen Mann" aus der Gemeinde gekannt. Er meinte, es sei "der totale Wahnsinn", dass so etwas bei einem sicheren Verkehrsmittel wie dem Zug passiere. Auch er drückte Opfern und Angehörigen sein Mitgefühl aus.

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