Von SPÖ abgelehnt

Zehn Sonderklassen für Flüchtlingskinder in Wien

Österreich
15.02.2016 09:08

Obwohl von der Politik anders kommuniziert, gibt es nun doch zehn eigene Flüchtlingsklassen an Wiener Pflichtschulen. Wie das Ö1-"Morgenjournal" am Montag berichtete, entstand die erste Anfang Jänner an der Volksschule Klettenhofergasse im 18. Bezirk. Laut Schulleitung habe es sowohl Vor- als auch Nachteile, die Flüchtlingskinder in eigenen Klassen zu unterrichten. Man strebe jedenfalls einen gemeinsamen Unterricht an. In der Politik ist die Trennung von Migrantenkindern und Schülern ohne Migrationshintergrund immer wieder Streitthema.

15 Flüchtlingskinder haben in den Regelklassen der Klettenhofergasse einen Platz gefunden. Bei den nächsten 15, die gekommen sind, sei es nicht mehr anders gegangen, berichtete Schuldirektorin Brigitte Lässig: Sie sitzen jetzt in ihrer eigenen Klasse, geführt als Mehrstufenklasse, wo sie besonders in Deutsch und Mathematik eine intensivere Betreuung erhalten. Fast alle anderen Klassen sind mit 25 Schülern bereits voll besetzt.

Die Trennung der Kinder bringe sowohl Vor- als auch Nachteile, sagte die Direktorin. Es sei gut, wenn die Kinder intensiv mit Deutsch betreut würden, andererseits sei es von der Integration her zu befürworten, wenn sie in eine Regelklasse gingen. Rund 10.000 Flüchtlingskinder besuchen derzeit Österreichs Schulen, 8500 von ihnen Pflichtschulen - und von diesen wiederum 2000 in Wien.

Die Trennung von Migrantenkindern und Schülern ohne Migrationshintergrund sorgt auch in der Politik immer wieder für Kontroversen. Während die FPÖ damit liebäugelt, kommt von SPÖ-Seite stets eine klare Absage an "Ausländerklassen". Wobei hier angemerkt werden muss, dass die Trennung im aktuellen Fall lediglich auf Platzproblemen beruht.

Lehrervertreter: System stößt an seine Grenzen
Die Personalvertretung der Wiener Pflichtschullehrer hatte bereits im Jänner davor gewarnt, dass die Schulen angesichts der Zunahme der Zahl von Flüchtlingskindern an ihre Grenzen stoßen könnten. Die Lehrer würden sich bemühen, ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise zu leisten, "allerdings stellt es unsere Berufsgruppe vor eine enorme sprachliche, soziale, kulturelle und organisatorische Herausforderung", hieß es vom Vorsitzenden der Personalvertretung, Stephan Maresch, in einem offenen Brief an Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek. "Die Belastung der Kolleginnen und Kollegen in den Standorten steigt täglich, während die Unterstützung im benötigten Ausmaß oftmals ausbleibt."

Obwohl dringend Übersetzer benötigt würden, um den betroffenen Kindern und Eltern grundlegende Abläufe des Schultages verständlich machen zu können, sei kaum unterstützendes Personal vorhanden. Es fehlten auch Psychologen für den "schwierigen Umgang mit schwer traumatisierten Kindern". "Auf diese Weise sinkt die Qualität des Unterrichts, und damit sinken auch die Zukunftschancen aller Kinder", so Maresch.

Bildungsexperten sehen keine Überforderung
Bildungsexperten hingegen sehen keine drohende Überforderung des Schulsystems. Die Flüchtlingsbeauftragte von Ministerin Heinisch-Hosek, die ehemalige Volksanwältin Terezija Stoisits, sagte bei einer Tagung in Wien, dass Österreichs Schulsystem in Sachen Neuaufnahme Geflüchteter oder Zugewanderter vor keiner prinzipiell neuen Situation stehe: "Für das Schulwesen ist die Aufnahme von Flüchtlingskindern überhaupt nichts Neues." Man müsse nicht bis ins Jahr 1956 (Ungarn-Krise, Anm.) zurückblicken, es reiche die Erinnerung an die 1990er-Jahre (Balkankriege, Anm.).

Auch die Zahlen seien nicht überwältigend, so Stoisits. "Der Neuzugang an Flüchtlingskindern im Jahr 2015 war so, dass bis 7. Jänner dieses Jahres 9815 solche neue Schüler registriert worden sind. In Wien waren es 2234. Wir haben in Österreich 1,1 Millionen Schülerinnen und Schüler."

Der grüne Bildungsexperte und Lehrer Daniel Landau sagte, dass Lehrer und Direktoren häufig mit extrem hohem Engagement spezielle Angebote für Flüchtlingskinder auf die Beine stellen, aber nur zum Teil Förderung und Anerkennung erfahren würden. Und: "Viele der Kinder lernen sehr schnell Deutsch. Das hängt mehr vom Bildungsstand der Eltern als vom Herkunftsland oder vom Reisepass ab."

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