Visite geplatzt

Wilde Spekulationen um abgesagten Rohani-Besuch

Österreich
30.03.2016 16:20

Fest steht nur eines: Es war eine Absage in letzter Minute, es ist nicht einmal auszuschließen, ja gar nicht unwahrscheinlich, dass Irans Präsident Hassan Rohani bereits auf dem Flughafen in Teheran war, als sein für Mittwoch und Donnerstag geplanter Besuch in Wien kurzfristig abgesagt worden ist. Offiziell heißt es, dass der Besuch bei Bundespräsident Heinz Fischer in der Hofburg in beiderseitigem Einvernehmen "aus Sicherheitsgründen verschoben wurde". Doch weder in der Präsidentschaftskanzlei noch im Innenministerium ist man sich mangelnder Sicherheitsvorkehrungen oder gar einer speziellen Bedrohungslage während der bereits bis ins kleinste Detail geplant gewesenen Visite bewusst.

Es können wohl kaum die angemeldeten Demos hinlänglich bekannter Iran-Gegner oder auch der Israelitischen Kultusgemeinde gewesen sein, die den Persern plötzlich Angst vor Wien gemacht haben. Das wäre geradezu lächerlich. Die hat es auch bei Rohanis Rom-Besuch gegeben. Und wie in Italien hätte der iranische Präsident die Demonstranten in Wien wohl auch gar nicht zu Gesicht bekommen.

Dennoch will Werner Fasslabend, früherer Verteidigungsminister und derzeitiger Präsident der Österreichisch-Iranischen Gesellschaft, Sicherheitsbedenken als einen der Gründe für die Absage des Besuches nicht ausschließen. Er glaubt aber eher an eine Summe aus mehreren Punkten, die zur Absage geführt haben könnte. "Der Iran hat zurzeit einen Haufen echt schwerwiegender Probleme", so Fasslabend. Etwa den Kampf gegen den Islamischen Staat im Irak und in Syrien, der zurzeit in eine entscheidende Phase gekommen zu sein scheint. Da könnten sich bei dem vorangegangenen Pakistan-Besuch Rohanis wichtige Anknüpfungspunkte zu Irans Gegenspieler Saudi-Arabien ergeben haben, die es Rohani nicht erlauben zu verreisen. Immerhin wurde auch die geplante Bagdad-Reise kurzfristig verschoben.

An rein innenpolitische Gründe glaubt Fasslabend eher weniger. Auch wenn es in Teheran sicher viele Kräfte gibt, die Präsident Rohani den Erfolg einer Reise in das im Iran, erst recht seit dem Abschluss des Wiener Atomabkommens, besonders prestigeträchtige Wien nicht gönnen wollten.

Wien hat für den Iran eine besondere Bedeutung
Wien kommt im Iran in Zusammenhang mit der von Rohani propagierten kulturellen und wirtschaftlichen Öffnung eine besondere Bedeutung zu. Erstens, weil Österreich als einziges Land der Welt sein Kulturforum in Teheran auch während der finstersten Sanktionszeiten als Dialogforum nie geschlossen hat, und zweitens, weil hier eben der Durchbruch in den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm gelungen ist - ein klarer Erfolg Rohanis und die Einlösung seines wichtigsten Wahlversprechens.

"Österreich wurde damit zu einem Symbol für die Öffnung des Iran", erklärt Heinz Gärtner, der Direktor des Österreichischen Instituts für Internationale Politik. Und er schließt nicht aus, dass die Hardliner im Iran, die Isolationisten, wie er sie nennt, Rohani zeigen wollten, dass auch er seine Grenzen habe. Das wäre nur mit Zustimmung des Obersten Führers Ali Khamenei möglich gewesen, der Rohanis Reisepolitik und mangelnde positive Resultate für den Iran in jüngster Zeit mehrfach kritisiert hat.

Deutlicher Wahlerfolg Rohanis gegen die Konservativen
Rohani und die ihm nahestehenden Reformer haben jedenfalls bei den vergangenen Parlamentswahlen einen deutlichen Erfolg gegen die Konservativen eingefahren. Denkbar, dass man ihm vor den Ende April oder Anfang Mai anstehenden Stichwahlen, bei denen über noch verbliebene 69 Mandate entschieden wird, den besonderen Erfolg einer Wien-Reise nicht zugestehen wollte.

Aber all das ist Spekulation. "Rohani kann auch einfach erkrankt sein", sagt Heinz Gärtner. Sicher ist allerdings, dass er wohl gerne nach Wien gekommen wäre. Auch aus ganz privaten Gründen, wollte er doch abseits aller Politik seine in Linz mit einem iranischen Arzt verheiratete Tochter treffen...

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