Bei Anschlag vor Ort

Wienerin in Nizza: "Leute rannten um ihr Leben"

Österreich
15.07.2016 16:55

"Plötzlich hat jemand gerufen: 'Attentat, Attentat', und die Leute sind buchstäblich um ihr Leben gerannt." So schildert die Wienerin Birgit Gradischnig unter Berufung auf ihre Tochter die Situation am Strand von Nizza, nachdem ein 31-jähriger Tunesier an der Promenade des Anglais mit einem Lkw Hunderte Menschen niedergefahren und 84 von ihnen getötet hatte. Die Französischlehrerin und ihre 19 Jahre alte Tochter Katharina sind seit Dienstag auf Urlaub in der südfranzösischen Stadt.

Am Donnerstagabend waren sie zunächst bei der Parade anlässlich des Nationalfeiertags, Katharina ging dann noch mit Freunden aus Wien an den dicht bevölkerten Strand - dort wurde die friedliche Atmosphäre plötzlich auf schreckliche Weise zerstört. "Meine Tochter und ihre Freunde sind in das Appartement in der Altstadt gelaufen, das ihre Freunde gemietet hatten. Dort haben sie die Nacht verbracht", sagte Birgit Gradischnig am Freitag.

Sie selbst befand sich am späten Abend in ihrem Hotel und konnte nicht weg, weil die Securities niemanden aus dem Gebäude ließen. "Ich bin mit meiner Tochter zum Glück über Internet in Kontakt gestanden. Sie hat mir erzählt, dass viele Menschen, die am Abend noch beim Essen im Freien gesessen sind, von den Tischen aufgesprungen und weggerannt oder in die Lokale gelaufen sind", berichtete die Wienerin.

Die drei Freunde ihrer Tochter, die auf Interrail-Tour waren, hätten ihre Reise abgebrochen und bereits jetzt den Heimflug gebucht, so Gradischnig. Sie selbst bleibe mit ihrer Tochter wie geplant noch in Nizza.

"Uns rannten Menschen in Panik entgegen"
Auch Martin Wagner (23) aus dem Südburgenland befand sich zum Zeitpunkt des Anschlags auf der Promenade des Grauens, nur wenige Hundert Meter von dem Punkt entfernt, wo der Amokfahrer gestoppt wurde: "Wir gingen dem Lkw praktisch entgegen. Plötzlich rannten uns Menschen in Panik entgegen", erzählt Wagner geschockt. "Ein Bekannter von mir war direkt am Tatort und versorgte Verletzte. Er hat überlebt."

Unwissend lebensrettende Entscheidung getroffen
Eine lebensrettende Entscheidung traf ein Wiener Urlauberpaar, das nur kurze Zeit vor der Wahnsinnstat noch in der Nähe des Tatorts unterwegs war. "Zum Glück wussten wir nicht, dass in Nizza auch ein Feuerwerk stattfand. Sonst wären wir bestimmt geblieben und nicht nach Monte Carlo gefahren", so Milizoffizier Wolfgang Rohrhan.

Selbst dem hartgesottenen Bundesheer-Filmprofi, der bereits in Krisenregionen wie Mali oder Afghanistan im Einsatz stand, war Stunden nach dem Anschlag der Schrecken am Telefon noch anzuhören. "Via Internet haben sich Freunde gemeldet, um nachzufragen, wie es uns geht", so der 49-Jährige. Am Samstag kommt trotz allem Tochter Virginia (20) nach Nizza nach.

20-jähriger Österreicher: "Habe so viel Glück gehabt"
Etwa fünf Minuten vorher sei er noch "dort gewesen, wo es passiert ist", berichtete auch der 20-jährige Mustafa Hassan-Zadeh am Freitag von dem Attentat in der Nacht zuvor. Er war am Montag aus Wien in die französische Hafenstadt geflogen, um "eine Woche Urlaub" zu verbringen, sagte er am Telefon. "Ich habe so viel Glück gehabt."

"Musti", wie ihn seine Freunde nennen, ließ noch in der Nacht über Facebook wissen, dass er "in Sicherheit" sei. Freitagmittag stand der junge Österreicher klarerweise weiterhin unter dem Eindruck des schrecklichen auf der Promenade des Anglais Erlebten. Es sei "die Hölle los" gewesen, Menschen seien überfahren worden, andere seien um ihre Leben gerannt. Er selbst habe einer Mutter mit ihren Kindern, unter ihnen ein Baby, ebenso wie älteren Damen geholfen, "ins Zentrum" zu kommen, sagte der gebürtige Afghane am Telefon. Hotels hätten Platz geschaffen und Erwachsene ebenso wie Kinder versorgt.

Der 20-Jährige berichtete, dass Touristen aus dem Ausland die Stadt nach dem Anschlag verlassen wollten. "Sehr viele" würden aus Hotels auschecken. Er wolle sich die Lage, die "schon schlimm" sei, noch weiter anschauen und noch bleiben, ließ der junge Österreicher wissen.

Ein Supermarkt, den er Freitagmittag aufgesucht habe, "hat fast gar nichts mehr", schilderte "Musti" seine Eindrücke weiter. Autobusse seien zu diesem Zeitpunkt nur vom Zentrum zum Flughafen, nicht jedoch in die Gegenrichtung gefahren. "Präsident Francois Hollande wird erwartet", sagte der 20-Jährige.

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