Faymann warnt:

“Was dann, wenn 100.000 Menschen vor Zaun stehen?”

Österreich
15.02.2016 16:56

"Ja, wir stimmen heute mit den anderen Staaten für schärfere Grenzkontrollen in Mazedonien - aber was tun wir, wenn sich im Mai 100.000 Frauen, Kinder und Männer dort vor dem Zaun drängen? Dieser Plan B ist viel schlechter als die von uns geforderten EU-Maßnahmen", kritisiert Kanzler Werner Faymann. Es sei "purer Zynismus", wenn einige diesen Plan B bejubeln: "Unsere Bemühungen für ein menschliches Handeln wurden untergraben."

"So kann's doch bitte nicht sein, dass all jene, die sich bisher aus der Verantwortung weggedrückt haben, den neuen, viel schlechteren Plan als 'absolut notwendig' bejubeln", kritisiert Faymann im "Krone"-Gespräch am Montag sehr deutlich die Regierungen der Visegrad-Länder (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn), aber auch Griechenland - sie hätten bisher dazu beigetragen, dass eine gerechte Aufteilung der Flüchtlinge verhindert wurde und auch bei allen EU-Plänen zur Bewältigung des Flüchtlingsstroms (Stichwort: Hotspots) alles viel zu langsam ging.

Der EU-"Ostblock" spricht sich explizit dagegen aus, die Flüchtlingskrise ohne Grenzzäune mithilfe der Türkei zu lösen. Am Montagabend kommen die Regierungschefs der Visegrad-Länder zusammen, um vor dem EU-Gipfel am Donnerstag gemeinsam mit Mazedonien und Bulgarien über eine gemeinsame Position zur Flüchtlingspolitik und die Sicherung der EU-Außengrenze zu sprechen.

"Kein ruhmreicher Eintrag in die Geschichtsbücher"
Faymann: "Diese Gruppe soll bitte jetzt nicht feiern, dass wir uns auf eine Grenzsicherung in Mazedonien einigen. Das wird uns allen keinen ruhmreichen Eintrag in die Geschichtsbücher bringen: Was ist bitte dann, wenn ab Mai an Mazedoniens Grenzzaun 100.000 Flüchtlinge verhungern? Feiern wir dann noch immer die Härte des ungarischen Regierungschefs?"

Es sei damit auch klar, dass sich Österreich auf eine weitere Flüchtlingswelle vorbereiten müsse: "Mazedonien wird irgendwann dem Druck nicht mehr standhalten können, es werden auch wieder mehr Asylwerber zu unserer Grenze kommen. Wir können die Exekutive und das Bundesheer nur schon jetzt bestmöglich darauf vorbereiten."

Dominoeffekt entlang der Balkan-Route
Nach dem Beschluss der österreichischen Flüchtlingsobergrenze scheint nun entlang der Balkan-Route ein Dominoeffekt einzutreten. Slowenien begrenzt ab sofort die Einreise von Flüchtlingen, worauf am Montag auch Serbien mit Abschottung drohte. Zudem gab Ungarns Premier Viktor Orban am Nachmittag bekannt, dass er die Verstärkung der existierenden Grenzsperren sowie die "Schaffung der Kapazitäten für neue Sperren" in seinem Land angeordnet habe.

"Vor einem Eisberg sind Kursänderungen nötig"
In der Flüchtlingsfrage will Faymann jedenfalls auch innerparteilich deutlicher formulieren: "Wenn ein Kapitän einen Eisberg vor seinem Schiff hat, bringt es wenig, den Kurs zu halten. Wir müssen realistisch sein. Und in einer Demokratie ist das eben so, dass man auch manchmal etwas machen muss, was man so sicher nicht will."

Die Adressaten dieser Botschaft finden sich vermutlich im Wiener Rathaus: Dort sind die SPÖ-Stadträtinnen Sonja Wehsely, Sandra Frauenberger und Renate Brauner noch immer auf dem "Wir schaffen das"-Kurs - obwohl bereits seit Wochen die Bürger massiven Widerstand gegen die rot-grüne Einladungspolitik und immer neue Massenquartiere für bereits 20.000 Flüchtlinge leisten.

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