Koalitionsbedingung?

Vorwurf: ÖVP drängte SPÖ, Eurofighter zu behalten

Österreich
08.06.2017 17:14

Haben sich SPÖ und ÖVP untereinander ausgemacht, auf keinen Fall aus dem ursprünglichen Eurofighter-Vertrag auszusteigen? Diese Vorwürfe hat die Opposition am Donnerstag vor den Befragungen im U-Ausschuss erhoben. Grünen-Chef Peter Pilz behauptet, der Ex-ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel habe SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer gedrängt, bei den Eurofightern zu bleiben. Interessanter Zufall: Die beiden Betroffenen werden am selben Tag, dem 20. Juni, zum Ausschuss geladen.

Pilz geht davon aus, dass Gusenbauer Anfang 2007 eigentlich aus dem Eurofighter aussteigen wollte. Die ÖVP hätte die Anschaffung allerdings zu einer Koalitionsbedingung gemacht. Der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) habe daraufhin "irgendetwas zum Herzeigen" aushandeln sollen: "Das waren die dümmsten und schlechtesten Vertragsverhandlungen vielleicht in der Geschichte der Zweiten Republik", ärgerte sich Pilz. Er fordert außerdem eine Klärung, warum der vergangene Woche aufgetauchte Vertragsentwurf "in einem Stahlschrank verschwand" und nicht Teil des Akts gewesen sei.

"Fauler Kompromiss als Erfolg verkauft"
Auch Walter Rosenkranz (FPÖ) ortet Indizien dafür, dass die Frage des Nichtausstiegs ein Koalitionsabkommen war. Schüssel und Gusenbauer hätten gesagt, es solle keinen Ausstieg geben, und dieses Wissen habe auch Eurofighter gehabt. Das Unternehmen habe daher Darabos über den Tisch ziehen können, so Rosenkranz. NEOS-Mandatar Michael Bernhard geht ebenfalls davon aus, dass sich die ÖVP mit ihrem Wunsch nach den Eurofightern durchgesetzt hat. Für Team-Stronach-Vertreter Leo Steinbichler bestätige sich: "Ein fauler Kompromiss sollte als Erfolg verkauft werden."

SPÖ sieht Problem im Grundvertrag
SPÖ-Fraktionsführer Otto Pendl blieb ob dieser Anschuldigungen gelassen: "Ich hab von der Opposition schon so viel gehört. Ich frage mich schon lange, woher das kommt." Dem Vernehmen nach werde das Verlangen gestellt, den "Vater des Urvertrags" - Wolfgang Schüssel - zu befragen. "Es gibt einen einzigen Problemfall: Der Grundvertrag hätte nie in dieser Form abgeschlossen werden dürfen", so Pendl.

Zeuge unterstreicht Darabos' Ausstiegswunsch
Als erster Zeuge im U-Ausschuss war am Donnerstag Darabos' früherer Kabinettschef Stefan Kammerhofer geladen. Er betonte, dass sein damaliger Chef aus dem unter der schwarz-blauen Bundesregierung abgeschlossenen Abfangjäger-Vertrag aussteigen habe wollen. Er habe allerdings für dieses Vorhaben keine Unterstützung aus dem Ministerium erhalten.

"Wenn es die Möglichkeit gegeben hätte, dass wir rauskommen mit der Korruption, wären wir in der Sekunde ausgestiegen", sagte Kammerhofer. Das gelte auch für den damaligen Kanzler: "Alfred Gusenbauer hat alles daran gesetzt und uns jedes Pouvoir gegeben, um aus dem Vertrag rauszukommen." Für den Fall, dass das nicht möglich sei, sei es um eine möglichst hohe Reduktion der Kosten gegangen.

Wetteruntauglichkeit kein Ausschlussgrund?
Pilz hielt Kammerhofer eine E-Mail vor, wonach die Jets bei unter fünf Grad Celsius und schlechter Sicht nicht starten dürften: "Luftfahrzeug ist nicht allwettertauglich, dies stellt einen K.-o.-Punkt dar, der gemäß Vertrag klare Maßnahmen nach sich zieht" - ein Ausstiegsgrund, über den Darabos nicht informiert worden sei, so Pilz.

Kammerhofer erklärte, diese E-Mail nur zum Ausdrucken weitergeleitet zu haben. Auf den Inhalt angesprochen, verwies er auf den ehemaligen Leiter der Taskforce Luftraumüberwachung, Erwin Jeloschek, der am gleichen Tag befragt wurde.

Jeloschek: "Aus einem T1 wird kein T2"
Jeloschek beteuerte vor dem Ausschuss, es habe keinen Ausweg aus dem Vertrag gegeben. "Wir hatten keine Rücktrittsgründe", betonte er, obwohl das "immer die erste Option" gewesen sei. Unterstützung im Ministerium habe man nicht bekommen, als Darabos das Ministerium von der ÖVP übernahm, führte er aus. Weder eine Einweisung noch eine Übergabe der relevanten Unterlagen habe stattgefunden. Die Zeit sei sehr knapp gewesen, von Jänner bis zur geplanten Übergabe des ersten Jets im Mai 2007.

Warum auf die modernen Jets der zweiten Baureihe verzichtet wurde, begründete er damit, dass Österreich wegen Lieferschwierigkeiten ohnehin mindestens sechs Eurofighter des Typs T1 bekommen hätte. Das hätte die Logistik erschwert. Umrüsten wäre zwar möglich gewesen, aber "aus einem T1 wird kein T2". Jeloschek berief sich gleich mehrmals während der Befragung auf das Recht, nicht medienöffentlich befragt zu werden.

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