Neues im Asylwesen

Verteilerzentren starten – eines als Zeltlager

Österreich
20.07.2015 06:12
Mit Montag beginnt ein neues Kapitel im österreichischen Asylwesen: Die Verteilerquartiere, die eine deutlich bessere regionale Aufteilung von Asylsuchenden bringen sollen, starten. Flüchtlinge werden in Österreich von nun an zuerst in sogenannten Polizei-Schwerpunktstellen überprüft und erfasst - um dann entweder an ein Erstaufnahmelager (Traiskirchen, Thalham) oder eben an eines von sieben Verteilerzentren weitergeleitet zu werden. Eine Besonderheit wurde erst jetzt bekannt: Eines der Verteilerquartiere ist (vorerst) eine Zeltstadt, nämlich das Übergangsquartier in Krumpendorf.

Bei den gesamt sieben Verteilerzentren sind einige alte Bekannte dabei, allen voran Traiskirchen. Neben der weiter bestehenden Erstaufnahmestelle kommt jetzt auch noch das Verteilerquartier hinzu, wodurch die eigentlich angestrebte "Entlastung" der niederösterreichischen Gemeinde geringer ausfallen dürfte als erhofft. Einen anderen Weg geht Oberösterreich, wo zwar die Erstaufnahmestelle in Thalham bleibt, dafür das zweite größere Bundesquartier im Land, jenes in Bad Kreuzen, zum Verteilerzentrum wird.

Seit einigen Monaten schon als Flüchtlingsunterkunft dienen auch das ehemalige Nobelhotel "Kobenzl" in Salzburg am Gaisberg sowie eine Einrichtung in Wien-Alsergrund (Nußdorferstraße). Gänzlich neu sind nur die Verteilerzentren in Tirol, der Steiermark und in Kärnten. In Innsbruck ist eine Containerstadt vorgesehen, in Fehring wird die örtliche Kaserne neu genutzt und in Kärnten soll ein ehemaliges Erholungsheim für Blinde und Sehbehinderte in Ossiach zum Verteilerzentrum werden.

Neben lokalem Widerstand macht hier vorerst Probleme, dass noch Sanierungsarbeiten nach Vandalismusakten aus früheren Zeiten durchzuführen sind. Bis diese abgeschlossen sind, dient die erst jüngst errichtete Zeltstadt in Krumpendorf am Wörthersee als Verteilerzentrum, erklärte der zuständige Abteilungsleiter im Innenministerium, Gernot Maier, bei einem Hintergrundgespräch. Dass es durch rechtliche Einsprüche gegen das Quartier in Ossiach zu längeren Verzögerungen bis in den Winter kommen könnte, glaubt man im Innenministerium nicht.

Hauptprofiteure sollten die beiden Erstaufnahmestellen sein
Gestartet wird das Projekt Verteilerzentren mit Montag in Etappen, da das Ministerium die Öffnung begleitet. Immerhin gilt es, eine der größten Systemänderungen im österreichischen Asylwesen überhaupt umzusetzen.

Hauptprofiteure sollten die beiden Erstaufnahmestellen sein. Denn künftig wird nicht mehr jeder Flüchtling in sie gebracht, sondern in erster Linie jene, bei denen es sich um sogenannte Dublin-Fälle handelt, also Asylwerber, für deren Verfahren ein anderer Staat zuständig ist. Zudem werden unbegleitete Minderjährige in Traiskirchen und Thalham betreut.

Für alle anderen geht es fürs Erste in eine von mehreren neu eingerichteten Polizei-Schwerpunktstellen in der Nähe des Orts, wo die Flüchtlinge aufgegriffen wurden bzw. um Asyl angesucht haben. Diese erledigen Erstbefragung über den Fluchtweg und Fingerabdruck-Abnahme plus internationalen Datenabgleich, ob nicht in einem anderen Staat schon ein Asylverfahren für die Person läuft. Die Daten werden ans Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen weitergeleitet. Dieses schickt den Asylwerber dann in die für ihn passende Einrichtung.

Selbstständige Anreise zum Verteilerzentrum
Wo die Asylwerber hinkommen, entscheidet sich zunächst danach, ob Österreich überhaupt für sie zuständig ist. Ist das der Fall, werden sie einem Verteilerzentrum zugeteilt.

Neu ist hier, dass sie nach der Erstbefragung nicht mehr als festgenommen gelten, sondern selbstständig zu ihrem Verteilerzentrum reisen sollen. Sie bekommen also quasi eine Fahrkarte in die Hand gedrückt. Einzig für Personen, denen der selbstständige Transport nicht zugetraut wird oder nicht zugemutet werden kann (etwa Hochschwangere), wird die Reise von der Behörde organisiert.

Im Normalfall werden die Flüchtlinge wohl ins Verteilerzentrum jenes Landes kommen, in dem sie aufgegriffen wurden. Sprechen aber Gründe dagegen, etwa, dass das Quartier überfüllt ist oder eine sehr große Gruppe gemeinsam aufgegriffen wird, kann auch ein Verteilerzentrum in einem anderen Land bestimmt werden.

Erst Medizin-Check, dann Weiterreise
Dort angekommen, wird der Flüchtling medizinisch gecheckt, in erster Linie mit einem Lungen-Röntgen, zudem mit Kleidung, Toiletteartikeln und - wenn nötig - Medikamenten versorgt. Innerhalb von 48 Stunden könnte die Reise dann schon weitergehen. Denn das erste Verteilerzentrum muss nicht das letzte bleiben.

Vielmehr wird gecheckt, welches Bundesland mit den Quoten nachhinkt. Dieses ist dann erster Ansprechpartner für neue Flüchtlinge. Somit kann es einem Asylwerber z.B. passieren, dass er zunächst in Wien landet, dann aber nach Krumpendorf bzw. Ossiach geschickt wird, wenn Kärnten seine Vorgaben nicht erfüllt.

Sobald der Flüchtling im beschriebenen Fall in Kärnten angekommen ist, ist das Bundesland auch für seine Betreuung zuständig. Das heißt, es liegt an den lokalen Behörden, wie lange er im Verteilerzentrum bleiben muss - nämlich so lange, bis ein alternatives Quartier frei ist. Im Innenministerium geht man davon aus, dass der Aufenthalt in den Verteilerquartieren zwei bis drei Wochen nicht übersteigen wird. In den Erstaufnahmestellen liegt man derzeit bei 30 Tagen Verweildauer, was das Ministerium damit begründet, dass die Dublin-Fälle in der Regel überdurchschnittlich lange in Traiskirchen und Thalham bleiben müssen, ehe sie vom zuständigen Staat übernommen werden.

Bessere Aufteilung als Ziel
Um Missverständnissen vorzubeugen, betont Wolfgang Taucher, der Leiter des Bundesamts für Asyl und Fremdenwesen, dass mit den Verteilerzentren alleine keine Besserung der Quartier-Situation gegeben sei. Vielmehr gehe es um eine gerechtere Aufteilung als bisher - und diese zu erreichen, ist man im Innenministerium sicher. Denn wenn ein Bundesland keine Quartiere zur Verfügung stellt, obwohl dies von der Quote her notwendig wäre, wird der Bund einspringen und eigene Einrichtungen bilden. Allzu viel Zeit zum Zögern lässt man den Ländern dabei nicht: "Lange werden wir uns das nicht anschauen", so Abteilungsleiter Gernot Maier.

Erfahrung mit Bundesquartieren hat man im Ministerium ja mittlerweile genug. Neben Einrichtungen für Gruppen mit besonderen Bedürfnissen, etwa einer in Reichenau für unbegleitete Minderjährige oder einer in Gallspach für Behinderte, wurden in den vergangenen Monaten neben den Notquartieren wie Zelten und Turnsälen auch größere Einheiten wie in Fieberbrunn (Tirol) oder Wien-Erdberg vonseiten des Bunds neu etabliert.

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