Neue Spannungen

Ungarn: "Wien schiebt Migranten illegal zu uns ab"

Österreich
21.02.2017 06:18

Ungarn wirft Österreich vor, am vergangenen Wochenende Dutzende Flüchtlinge, die in Österreich aufgegriffen wurden, "illegal" über die Grenze nach Ungarn zurückgeschoben zu haben. "Gemäß den Schengen-Regeln können derartige Abschiebungen nur in Absprache mit den ungarischen Behörden erfolgen. Diese hat es aber nicht gegeben", kritisierte der Leiter der Grenzschutz-Abteilung der ungarischen Polizei im staatlichen ungarischen Fernsehen. Aus österreichischer Sicht war das Vorgehen legal.

Der Vorfall hatte sich am Sonntag nahe dem Grenzübergang Hegyeshalom ereignet. Bereits im Jänner hatte die österreichische Polizei acht Flüchtlinge bei Heiligenkreuz im südlichen Burgenland nach Ungarn zurückgeschoben. Die ungarischen Beamten hielten damals zunächst die Grenze dicht, während etwa drei Dutzend österreichische Beamte ihrerseits der Gruppe einen neuerlichen Grenzübertritt verwehrten. Erst am späten Nachmittag ließ Ungarn die Menschen einreisen.

Landespolizeidirektion kontert: "Ungarn wurde verständigt"
Daniela Landauer, Pressesprecherin der Landespolizeidirektion Burgenland, erklärte am Montag zu den aktuellen Vorwürfen: "Es hat am Wochenende Zurückweisungen gegeben." Es habe sich aber nicht um Rückschiebungen gehandelt, betonte sie. Laut Landauer wurden 39 Personen in zwei Gruppen zu 20 und zu 19 Personen zurückgewiesen. "Die ungarischen Behörden wurden von uns verständigt", so Landauer. Zurückweisungen seien "eine ganz normale, gängige Praxis", sie verstehe den Unmut der ungarischen Behörden nicht.

Asylpolitik: Angespanntes Verhältnis zwischen Kern und Orban
In Sachen Flüchtlingspolitik gibt es zwischen Österreich und Ungarn immer wieder Spannungen. So hatte Kanzler Christian Kern beispielsweise im Vorjahr den Flüchtlingskurs von Ungarns Premier Viktor Orban heftig kritisiert und von einem "autoritären Führerstaat" gesprochen.

Ungarn schiebt selbst Dutzende Flüchtlinge nach Serbien ab
Die rechtsgerichtete ungarische Regierung verfolgt eine Politik der strengen Abschottung gegenüber Flüchtlingen. So schiebt Ungarn selbst täglich Dutzende Flüchtlinge ins südliche Nachbarland Serbien zurück, die in Ungarn nahe der Grenze aufgegriffen werden. Rückschiebungen dieser Art - sogenannte Push-Backs - verstoßen nach Angaben des UNO-Flüchtlingshilfswerks und von Menschenrechtlern gegen internationales und EU-Recht. Polizeisprecherin Landauer betonte diesbezüglich, die Vorgangsweise der österreichischen Polizei bei Hegyeshalom habe nationalem Recht und EU-Recht entsprochen.

Österreich schob im Vorjahr über 3700 Flüchtlinge an Grenzen ab
Bei einer Zurückweisung werden Fremde, welche die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllen, im Rahmen einer Grenzkontrolle an der Einreise gehindert. 2016 wies Österreich mehr als 3700 Personen an seinen Grenzen ab, nur rund 130 davon an der Grenze zu Ungarn. Der völkerrechtliche Grundsatz der Nichtzurückweisung sieht vor, dass Personen nicht in Staaten zurückgebracht werden dürfen, wo ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

Ungarn will keine Dublin-Fälle von Österreich übernehmen
Das EU-Recht sieht den Grundsatz der Nichtzurückweisung etwa auch dann verletzt, wenn Personen ohne Einzelfallprüfung an der Grenze zurückgewiesen werden. Zurückweisungen von Personen, die an der Grenze kundtun, Asyl beantragen zu wollen, dürfte es nicht geben. Es gibt aber Rückschiebungen nach dem Dublin-System: Dabei geht es um Asylsuchende, die bereits in einem anderen Staat erstmals die EU betreten haben und für die daher dieser zuständig ist. Sie werden im Fall des Falles nach einer Überprüfung zurückgeschoben. Ungarn will aber keine Dublin-Fälle von Österreich übernehmen. Österreich hat das stets kritisiert.

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