Zweiter Prozess

Strasser agierte teils “aus reiner Höflichkeit”

Österreich
04.03.2014 16:32
Am Straflandesgericht Wien hat am Dienstag der zweite "Cash for Law"-Prozess gegen den früheren ÖVP-Innenminister und EU-Abgeordneten Ernst Strasser begonnen. Strasser relativierte seine im ersten Verfahren vorgetragene Agenten-Geschichte, bekannte sich aber erneut nicht schuldig und erklärte, teils "aus reiner Höflichkeit" agiert zu haben. Richterin Helene Gnida ließ jedoch Zweifel an seiner Verteidigungslinie durchblicken. Belastet wurde Strasser vom EU-Abgeordneten Othmar Karas.

Strasser kam nach einem Skiunfall in Salzburg auf Krücken und mit Gips in den Schwurgerichtssaal. Vor Gericht gebracht haben ihn verdeckte Ermittlungen der britischen Journalisten Claire Newell und Jonathan Calvert. Sie hatten 2010/11 mehrere Gespräche mit Strasser aufgezeichnet, bei denen sich der VP-Abgeordnete - so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft - bereit erklärte, für 100.000 Euro Jahreshonorar Einfluss auf die EU-Gesetzgebung zu nehmen.

Die Staatsanwaltschaft wirft Strasser deshalb Bestechlichkeit vor. In einem ersten Prozess wurde er dafür im Vorjahr zu vier Jahren Haft verurteilt. Der Oberste Gerichtshof hob den Schuldspruch aber wieder auf: Aus Sicht der Höchstrichter wurde im Urteil nämlich nicht klar genug herausgearbeitet, für welche konkrete Gesetzesänderung Strasser das Honorar gefordert haben soll. Auf diese Frage konzentriert sich nun der zweite Prozess. Für Strasser gilt dabei weiterhin die Unschuldsvermutung.

"Agenten-Geschichte etwas überspitzt formuliert"
Strasser bekannte sich zu Prozessbeginn neuerlich nicht schuldig. Seine Verteidigungslinie hat der frühere Innenminister allerdings etwas "präzisiert". Im Vorjahr hatte Strasser erfolglos versucht, das Gericht davon zu überzeugen, er hätte die britischen Journalisten von Anfang an für Vertreter eines westlichen Geheimdienstes gehalten und sich nur auf die Gespräche eingelassen, um sie zu enttarnen. Nun räumte er durchaus auch ein geschäftliches Interesse an den Gesprächen ein.

Die Agenten-Geschichte sei etwas "überspitzt formuliert" gewesen, sagte Verteidiger Thomas Kralik gleich zu Prozessbeginn. Strasser selbst betonte, dass ihm die vorgeblichen Lobbyisten zwar von Anfang an verdächtig vorgekommen seien und er den Verdacht hegte, es könnte sich um Agenten handeln. Er habe diesen Verdacht aber zuerst "verifizieren" wollen "und für den Fall, dass sich das als bedenkenlos herausstellt, schauen, was man mit denen machen kann".

Bei den Gesprächen stets die "rote Linie" beachtet
Versichert hat Strasser bei seiner Befragung durch Richterin Gnida jedenfalls, dass er sich bei den Gesprächen stets an eine "rote Linie" gehalten und keinesfalls die Beeinflussung konkreter EU-Richtlinien zugesagt habe: "Ich habe versprochen für allgemeine Beratungen zur Verfügung zu stehen, sonst nichts." Aufforderungen der Briten, konkrete Gesetze zu beeinflussen, habe er ausweichend beantwortet.

Letzteres konnte die Richterin angesichts der von den Journalisten aufgezeichneten Gespräche aber nicht nachvollziehen: "Mit welchen Worten sind sie ausgewichen? Mit den Worten: 'Ja, ich schaue mir das an' oder 'Ja, wir sind auf der richtigen Spur'?" Außerdem hielt sie Strassers Darstellung Gesprächspassagen entgegen, in denen er den Lobbyisten empfiehlt, mit Regierungsstellen in Berlin und Rom zu sprechen, weil er dort Kontakte habe. "Das ist eine ganz normale Analyse", beharrte Strasser. Und bezüglich der Richtlinie über die Verwendung gefährlicher Stoffe in Elektrogeräten habe er nur "aus reiner Höflichkeit" angeboten, mit dem zuständigen Berichterstatter zu reden.

Karas belastet Ex-Kollegen
Belastet wurde Strasser neuerlich vom Delegationsleiter der ÖVP in Brüssel, Othmar Karas, der wie schon im ersten Prozess zum Vorgehen Strassers im Zusammenhang mit der Anlegerschutzrichtlinie befragt wurde. Strasser hatte Anfang 2011 einen Abänderungsantrag der Briten an Karas' Büro übermittelt und dem VP-Delegationsleiter zufolge ein ungewöhnlich intensives Interesse an der Materie an den Tag gelegt. Von Strassers Büro habe es in der Causa acht Anrufe und vier Mails gegeben - was "nicht der Gewohnheit entsprochen hat".

Der Prozess wird am Donnerstag mit der Vorführung der von den Briten aufgenommenen Videos fortgesetzt. Das Urteil wird für den 13. März erwartet.

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