Arbeit als Therapie

So will die Regierung Vertrauen zurückgewinnen

Österreich
31.12.2013 15:01
Mit "harter Arbeit statt sensationeller Ankündigungen" und einer "konsequenten Linie" will die Regierung im Jahr 2014 das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen. Wie sie dieses Kunststück vollbringen möchten, erklären Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger im "Krone"-Doppelinterview mit Claus Pándi.

"Mit wenig Steuergeld die Leistungen verbessern und harte Arbeit statt sensationeller Ankündigungen." So erklärt Bundeskanzler und SPÖ-Chef Faymann seinen politischen Kurs für das Jahr 2014. Damit soll das Vertrauen in die Regierung zurückgewonnen werden.

Kritik für Kanzler nicht überraschend
Die zuletzt eher negative Stimmung findet Faymann "nach der größten Wirtschaftskrise der Zweiten Republik" nicht überraschend. Aber um wieder zu einer positiven Atmosphäre zurückzukommen, "wollen wir das Kunststück vollbringen, die Qualität der Sozial- und Gesundheitsleistungen aufrechtzuerhalten, zu sparen und zu investieren und mit weniger Steuergeld die Leistungen verbessern".

Der Kritik, dass das Regierungsprogramm zu wenig neue Ideen enthält, begegnet Faymann mit einer Absage an "Lugnersche Sensationen". Diese "füllen vielleicht einen Tag, machen aber nicht die Stärken Österreichs". Der Kanzler meint weiter: "Jene, die in Europa erfolgreich sind, strahlen in erster Linie Konsequenz aus, punkten aber nicht durch schillernde Visionen. Eine extreme Politik statt einer politisch immer konsequenten Linie der Mitte hat noch kein Land zum Erfolg führen können."

Faymann: "Wir sind noch nicht über dem Berg"
Bis Österreich aus der Krise geführt ist, wird es noch einige Jahre dauern, prognostiziert der Kanzler. "Wir sind nicht über dem Berg, weil die hohe Arbeitslosenzahl eine enorme Belastung für die Gesellschaft bedeutet." Daher müsse weiter ein strikter Sparkurs gefahren werden. "Es ist nicht genug Geld da, um das Falsche zu finanzieren, um dann für das Richtige kein Geld mehr zu haben."

Kanzler nach Sotschi zur Olympia-Eröffnung
Faymann, der über Silvester mit Ehefrau Martina und Tochter Flora in Lech ist, sagt im "Krone"-Interview auch, dass er zur Eröffnung der Olympischen Spiele Anfang Februar nach Sotschi fahre. "Es wäre falsch, wenn zwar Wirtschaftstreibende nach Russland fahren, aber wenn unsere Sportler mit Höchstleistungen antreten, die Athleten nicht zu unterstützen", erklärt der Kanzler.

Budget, Hypo-Frage für Spindelegger wichtigste Themen
"Budget erstellen, Hypo-Frage lösen, mit den Bundesländern verhandeln." Das sind die wichtigsten Punkte, die Spindelegger in seiner Dreifachrolle als ÖVP-Chef, Vizekanzler und jetzt auch als Finanzminister als seine ersten Aufgaben im neuen Jahr aufzählt.

Vier Tage in Obertauern mit seiner Familie hat sich der Vizekanzler gegönnt. Seit Montag sitzt Michael Spindelegger wieder im Finanzministerium und arbeitet sich weiter ein. "Arbeit ist die beste Therapie für eine neue Regierung", sagt er. Denn freilich hätten "der Wahlkampf und die Koalitionsverhandlungen Schrammen zurückgelassen". Aber, so der Vizekanzler: "Jetzt müssen wir bei der Bevölkerung das Vertrauen zurückgewinnen."

Spindelegger: "Investitionen ins Land holen"
Gelingen könne das nach Meinung Spindeleggers, "indem wir daran arbeiten, dass Österreich wieder genau die Stärken präsentieren kann, dass es im internationalen Vergleich noch wettbewerbsfähiger ist, dass wir neue Investitionen ins Land holen und dass wir auch die Beschäftigung heben. Dann wird sich auch das Bild der neuen Regierung wieder bessern".

Vor allem um "die Exportchancen wahrzunehmen", hat der Finanzminister vor, 2014 "mit großen Wirtschaftsdelegationen und mehreren Regierungsmitgliedern gezielte Reiseaktivitäten zu setzen, um Österreich international anders darzustellen".

Vorerst aber ist Spindelegger damit beschäftigt, "ein gescheites Budget für 2014, den Budgetrahmen für 2015 und die Finanzperspektive für den Staatshaushalt bis 2018 zu erstellen. 2018, zehn Jahre nach Beginn der Krise, wenn die Legislaturperiode endet, werden wir Österreich auf gesunde Beine gestellt haben, und damit sind wir raus aus der Krise", verspricht der Vizekanzler. Zur innerparteilichen Kritik an seiner Regierungsbildung, vor allem aus der Steiermark, sagt ÖVP-Chef Spindelegger: "Ich habe nichts zu verteilen. Ich habe nur Argumente."

Kommentar von Claus Pándi: 2014 – das Jahr der Korrekturen
Die Kritik am Arbeitsprogramm der Regierung hat bei Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger Spuren hinterlassen. Aber beide werten diese Stimmung eher als die übliche Unzufriedenheit der Journalisten. In der Bevölkerung selbst würden sie auch Zustimmung erleben. Sagen Faymann und Spindelegger – getrennt voneinander befragt – in koalitionärer Einhelligkeit.
Tatsächlich hat sich nach dem Wahlzirkus und dem Koalitionspoker eine mediale Mieselsucht breitgemacht.

Für quietschvergnügten Optimismus gibt es freilich auch noch nicht so richtigen Anlass. Skeptische Zuversicht darf nach den Krisenjahren allerdings schon aufkommen. Auch in unserer gemütlichen Grantlernation Österreich.

Wenn jetzt die Spitzen der Regierung geloben, hart an der Verbesserung ihres Ansehens zu arbeiten: Nur zu! Sollte aus dem Regierungsvertrag mehr werden, als die Fortschreibung des Alten mit geringeren Mitteln, bietet das neue Jahr ab heute zwölf Monate Zeit für Verbesserungen. Das Koalitionsabkommen ist nur Papier und lässt noch genügend Raum für einige frische Ideen und Konzepte.

2014 könnte damit das Jahr der Korrekturen werden.
Als "gute Kapitäne", als die sich Faymann und Spindelegger gerne sehen, wissen sie, dass man manchmal auch vom festgelegten Kurs abweichen muss, um ans Ziel zu kommen.
Bei schlechtem Wetter mag es die richtige Entscheidung sein, das Schiff mit größter Vorsicht zu steuern. Doch irgendwann wollen die Passagiere aus der Nebelsuppe auch wieder raus und das Licht am Horizont sehen.

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