Top-Handelspartner

Sanktionen gegen Moskau schaden heimischen Firmen

Wirtschaft
25.03.2014 11:35
Die G-7 haben bei ihrem Krisentreffen am Montag in Den Haag Russland mit schärferen Sanktionen gedroht, sollte Moskau den Ukraine-Konflikt weiter anheizen. Bereits zuvor hatten die USA und die EU u.a. Kontensperrungen und Einreiseverbote gegen ranghohe russische Politiker verhängt. Doch weitere Strafmaßnahmen könnten sich als gefährlicher Bumerang vor allem für die EU erweisen, die wirtschaftlich eng mit Russland verbunden ist. Und auch Österreich wäre massiv betroffen, denn Russland zählt zu seinen wichtigsten Handelspartnern.

US-Präsident Barack Obama plädiert für schärfere Wirtschaftssanktionen des Westens - die sein Land jedoch nur geringfügig, Europa dafür umso mehr treffen würden. Denn der Handel zwischen den USA und Russland ist mit 8 Milliarden Euro Ausfuhren und 19,5 Milliarden Euro Einfuhren fast mikroskopisch klein im Vergleich zu jenen der Europäischen Union: Die importierte 2012 für 212 Milliarden Euro vor allem Gas und Öl aus Russland. Und sie exportierte für rund 123 Milliarden Euro nach Russland, vor allem Maschinen. In der EU ist deshalb der Wunsch groß, den Gesprächsfaden zu Russland nicht abreißen zu lassen. "Und das weiß Putin", erklärte am Montag ein EU-Diplomat in Brüssel.

Bisher keine essenziellen Strafmaßnahmen gegen Moskau
In der Zwickmühle zwischen dem Wunsch, einerseits wirtschaftliche Nachteile so gering wie möglich zu halten, andererseits aber auch die eigenen Grenzen klar zu markieren, haben sich die Europäer bisher vor allem auf Drohungen einigen können. Einreiseverbote und Kontensperrungen, wie sie auch die USA verhängt haben, sind lästig und als Demonstration der Entschlossenheit gedacht, aber noch keineswegs der massive Druck, der Russland zur Umkehr bewegen könnte. Erst wenn es über die nächste Sanktionsstufe zum Schwur kommen soll, könnte es schwierig werden.

Für beide Seiten richtig schmerzhaft und teuer werden Sanktionen nämlich erst, wenn sie den Zugang zu Banken, Versicherungen für Handelsgeschäfte, Einfuhren von Hochtechnologie oder von Energie betreffen. Solche Sanktionen werden von der EU zwar vorbereitet, sollen aber nur für den Fall einer weiteren Destabilisierung der Ukraine durch Russland in Kraft treten – wobei es aus Angst vor den möglichen wirtschaftlichen Konsequenzen absichtlich im Unklaren gehalten wird, wie diese Destabilisierung aussehen müsste.

Experte: Sanktionen gegen Russland kämen Österreich teuer
IHS-Wirtschaftsforscher Christian Keuschnigg jedenfalls hält Sanktionen gegen Russland im Konflikt um die Krim für ökonomisch teuer. Moskau sei demnach zu wichtig, als dass man sich einen Handelskonflikt leisten könnte. Österreicher sind mit 8,6 Milliarden Euro in Russland engagiert, die Banken haben doppelt so viele Kredite dort. Sollte der Westen bei einer weiteren Eskalation Wirtschaftssanktionen verhängen, könnten diese laut Keuschnigg auch österreichische Unternehmen massiv treffen, denn Russland gehört zu den wichtigsten Handelspartnern der Österreicher.

Im Folgenden ein Überblick über die Russland-Geschäfte einiger großer österreichischer Unternehmen:

BANKEN UND VERSICHERUNGEN

  • UniCredit Bank Austria: Die russische Tochter ist die achtgrößte Bank des Landes. Sie hat Kredite von über zwölf Milliarden Euro vergeben und bekam von dort zuletzt rund ein Viertel des Betriebsergebnisses.
  • Raiffeisen Bank International: Die Russland-Tochter der RBI ist zehntgrößte Bank des Landes. In Russland hatte die Bank zuletzt mehr als zehn Milliarden Euro an Krediten vergeben und machte dort gut ein Viertel ihres Betriebsergebnisses.
  • UNIQA Versicherungsgruppe: Der Konzern erzielte in Russland zuletzt weniger als ein Prozent seiner Prämien.

ÖL- UND GASGESCHÄFT

  • OMV: Im Gasgeschäft ist die OMV besonders abhängig von Russland. Die Tochter EconGas, an der die OMV 50 Prozent hält, bezieht einen großen Teil von der russischen Gazprom. Der Preis dafür war lange Zeit an den hohen Ölpreis gekoppelt, während sich die Verkaufspreise an den fallenden europäischen Marktpreisen orientiert hatten. EconGas verbuchte daher hohe Verluste. Erst ein Ende vergangenen Jahres ausgehandelter neuer Vertrag ermöglichte der Firma, das Gas günstiger einzukaufen. Diese günstigeren Konditionen gelten jedoch nur bis Ende März. Für die Zeit danach verhandelt die OMV einen neuen Vertrag.
  • Der von der OMV betriebene Gasknotenpunkt in Baumgarten ist eine der größten Drehscheiben für russisches Gas. Rund ein Drittel des gesamten russischen Exports nach Westeuropa läuft über diese Gasstation und von hier nach Ungarn, Italien, Kroatien, Slowenien, Deutschland und Frankreich.
  • Schoeller-Bleckmann: SBO produziert Bohrköpfe und Bohrgestänge für die Suche nach Öl und Gas und hat eine eigene Niederlassung in Russland. Darüber hinaus verkauft das Unternehmen seine Produkte an viele internationale Kunden, die dann auf russischem Territorium nach Öl und Gas suchen.
  • CAToil: Die unter anderem auf Schiefergasbohrungen spezialisierte Ölbohrfirma ist in Russland in Westsibirien, am Kaspischen Meer und in der Wolga-Ural-Region aktiv.

IMMOBILIEN

  • Immofinanz: Nach der Abspaltung der Wohnimmobilientochter Buwog steigt Russland nun zum wichtigsten Einzelmarkt auf. Die Einkaufszentren, die der Konzern dort besitzt, machen dann mehr als ein Viertel des Portfolios aus. Die Immofinanz hat ihre Investoren vor möglichen Geschäftseinbußen gewarnt, sollte die Schwäche der russischen Währung Rubel anhalten.
  • CA Immo: Das Unternehmen hält in Russland 35 Prozent an einem Hotel- und Bürokomplex am Flughafen in St Petersburg. Es bestehen aber auf Sicht Verkaufsabsichten.

STAHL

  • Voestalpine: Der Stahlkonzern hat zu Jahresbeginn einen Auftrag zur Lieferung von Blech für die russische Gas-Pipeline South Stream erhalten. Ob sie auch bei einer länger andauernden Krise gebaut wird, ist unklar. Die Voest geht dennoch davon aus, den Auftrag wie geplant bis zum Sommer abzuschließen.

INDUSTRIE

  • RHI: Der Industriekonzern, der feuerfeste Produkte für die Stahl-, Glas- und Zementindustrie herstellt, machte in Russland zuletzt 3 Prozent seiner Erlöse.
  • Andritz: Der Maschinenbauer erwirtschaftet 3 bis 4 Prozent seines Gesamtumsatzes in Russland.
  • Mayr-Melnhof: Das Verpackungsunternehmen macht knapp 10 Prozent seines Umsatzes mit Russland. Die Firma hat einen eigenen Standort in St. Petersburg.

BAU

  • Strabag: Bisher erwirtschaftet der Baukonzern trotz anfänglich großer Euphorie in Russland weniger als 5 Prozent der Bauleistung. Pläne für ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem russischen Großaktionär Oleg Deripaska hat das Unternehmen auf Eis gelegt - allerdings unabhängig von der Krim-Krise.

VERKEHR/TOURISMUS

  • Flughafen Wien, AUA, Hotellerie: Der Flughafen profitiert - wie die Airlines und die österreichische Tourismuswirtschaft - von der wachsenden Zahl russischer Gäste.
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