Knalleffekt

OGH hebt Urteil gegen Ernst Strasser auf

Österreich
26.11.2013 13:12
Knalleffekt am Obersten Gerichtshof: Die Höchstrichter haben das Urteil gegen Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser am Dienstagvormittag aufgehoben und den Fall an die erste Instanz zurückverwiesen. Der Prozess gegen den ehemaligen EU-Abgeordneten wegen Bestechlichkeit muss also neu aufgerollt werden. Unter Beachtung der Vorgaben des OGH könne die Entscheidung in der Verfahrenswiederholung schnell erfolgen, betonte OGH-Präsident Eckart Ratz in der Urteilsbegründung.

Die Höchstrichter haben zwar die Nichtigkeitsbeschwerde des Ex-Innenministers verworfen, aber das Urteil - vier Jahre Haft - von Amts wegen aufgehoben und die Causa zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Erstinstanz hat nun noch einmal zu klären, ob Strasser verurteilt oder freigesprochen wird.

Grund dafür ist eine Lücke im Korruptionsstrafrecht, die erst Anfang 2013 geschlossen wurde. Aus Sicht des OGH hat das Erstgericht nicht ausreichend klargestellt, ob Strasser einen Vorteil - 100.000 Euro jährlich - für ein konkretes Amtsgeschäft gefordert hat. Vor der Neufassung des Korruptionsstrafrechts musste dies der Fall sein: Amtsträgern konnte Bestechlichkeit nur für ein bestimmtes Amtsgeschäft vorgeworfen werden, "Anfüttern" und Ähnliches wurde erst nachher verboten.

Abstimmung in der Infobox: Urteil aufgehoben - haben Sie Verständnis dafür?

"Überraschter" Strasser-Anwalt begrüßt Entscheidung
Während Strasser im Anschluss keinen Kommentar abgab, begrüßte sein Anwalt Thomas Kralik, selbst nach der Verhandlung "überrascht", die Entscheidung - schon deshalb, weil der OGH damit bewiesen habe, dass er "trotz aller medialen Vorverurteilung" nicht der Stimme des Volks folgt. Kralik sieht die Ausgangsposition für Strasser jetzt günstiger, ob er mit einem Freispruch rechnet, ließ er offen.

Kralik hatte vor dem Urteil des Höchstgerichts die Gründe für die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Ersturteil erklärt. Und er verwies auf die Auswirkungen des Verfahrens auf seinen Mandanten: "Strasser ist politisch und gesellschaftlich tot." Diese "Negativ-Publizität" hätte vom Erstgericht mildernd berücksichtigt werden müssen, so Kralik.

Strasser: "Ersturteil traf mich wie ein Keulenschlag"
Strasser selbst hatte das Urteil des Erstrichters am Dienstag vor dem OGH-Spruch als "Keulenschlag für mich" bezeichnet und die Höchstrichter um einen Freispruch gebeten. Er gestand zwar ein, dass ihm "grobe Fehler" unterlaufen seien, blieb aber dabei, dass er die ihm vorgeworfene Tat "nicht getan, nicht gewollt und nicht versucht" habe. Die Strafe sei von exzessiver Strenge, argumentierte der Ex-Innenminister, der zudem von ihm beauftragte Experten anführte, die ebenfalls zu dem Schluss gekommen seien, dass das Urteil in erster Instanz rechtlich verfehlt sei.

OGH-Präsident: Tatfrage "mängelfrei" geklärt
OGH-Präsident Ratz stellte dazu in der Urteilsbegründung fest, das Erstgericht habe die Tatfrage "mängelfrei" geklärt. Strasser habe für die Einflussnahme auf den EU-Gesetzgebungsprozess 100.000 Euro jährlich gefordert. Das Urteil war dennoch aufzuheben, weil daraus nicht ausreichend hervorgehe, dass es um ein bestimmtes EU-Gesetz ging, erläuterte Ratz.

Begangen habe Strasser die Tat in zwei - heimlich aufgezeichneten - Gesprächen mit zwei britischen Undercover-Journalisten der britischen "Sunday Times", die sich als Lobbyisten ausgaben, im November und Dezember 2010. Eine konkrete EU-Richtlinie - für die Strasser dann versuchte, Abänderungen zu erreichen -, sei aber erst im zweiten Gespräch Thema gewesen. Und im Urteil des Straflandesgerichtes sei nicht dargestellt, dass sich die Geldforderung Strassers genau darauf bezog.

Die Argumente in Strassers Nichtigkeitsbeschwerde erachtete der OGH zugleich als nicht zutreffend. Strasser als EU-Abgeordneter sei "zweifellos" Amtsträger gewesen. Das Amtsgeschäft eines Abgeordneten sei nicht nur der Abstimmungsvorgang, sondern auch "die Einflussnahme auf andere Abgeordnete". Versuche er, Einfluss auszuüben, um einen persönlichen Vorteil - also Lobbyistengeld - zu lukrieren, so sei das pflichtwidrig.

Keine Rede mehr von Geheimdienst
Im ersten Prozess wurde Strasser zu vier Jahren unbedingter Haft verurteilt. Der Richter hatte das Urteil damals damit begründet, dass es "in der Zweiten Republik wenige Menschen gegeben hat, die dem Ansehen der Republik so viel Schaden zugefügt haben wie Sie". Strasser hatte sich wiederum damit verteidigt, die beiden Journalisten für Abgesandte eines Geheimdienstes gehalten zu haben, die er in eine Falle locken wollte - eine Rechtfertigung, die er übrigens am Dienstag vor dem OGH nicht wiederholte.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele