Treffen in Salzburg

Macron und Kern einig: EU muss sozial fair sein!

Österreich
24.08.2017 15:49

Der Mann hat Mut! Bundeskanzler Christian Kern neben sich, nutzte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron die Anwesenheit mitreisender französischer Journalisten für ein starkes Signal zurück an sein Heimatland.

"Wie hoch ist bei Ihnen die Arbeitslosigkeit?", wendet er sich plötzlich an den sichtlich überraschten Kanzler. "Etwa 5,5 Prozent", ließ sich Macron von ihm bestätigen. "Das ist Österreich!", schießt der Präsident los. "Und wie viel haben wir? Fast das Doppelte seit zwanzig Jahren! Beachten Sie den Größenvergleich zwischen beiden Ländern."

"Frankreich muss seine Hausaufgaben machen"
Das ist Macrons Botschaft an die Heimatfront vor der Kraftprobe im Herbst über seine Arbeitsmarktreform. Und er zählt am Beispiel Österreichs die Versäumnisse Frankreichs auf. Frankreich müsse seine Hausaufgaben machen, predigt Macron. Nationale Selbstkritik war in der Vergangenheit an Frankreichs Staatsspitze eher nicht der Fall gewesen.

Auch in der Europapolitik geht es Macron scharf an: Noch vor Jahresende will er seine Initiative für eine "Neugründung" der EU unter Dach und Fach haben, und noch beim EU-Gipfel im Oktober soll die Reform der Entsenderichtlinie spruchreif sein.

Ost-West-Gefälle innerhalb der EU
Neben der Verteilung von Flüchtlingen ist die Entsenderichtlinie die Bruchlinie zwischen West-EU und Ost-EU. Diese Richtlinie ermöglicht es Unternehmen (im Osten), für Aufträge im Westen Arbeitnehmer kostengünstig zu entsenden. Dieses Ost-West-Gefälle befeuerte die Kritik an der EU und war das Hauptthema bei dem britischen EU-Referendum.

Der Brexit-Schock fuhr dann der EU gehörig in die Knochen und macht die 27 Staaten möglicherweise deshalb auch kompromisswillig. Im Westen klagt man über Lohn- und Sozialdumping und Verdrängung der Betriebe vom Markt. Die andere Seite kontert, dass Betriebe in den Osten gehen, um dort Lohn- und Sozialkosten zu sparen. Jetzt soll ein Kompromiss gefunden werden.

Zahl der Entsendungen nach Österreich steigt sprunghaft an
Bundeskanzler Kern verweist auf die sprunghaft steigende Zahl von Entsendungen nach Österreich: 2015 waren es 150.000, 2016 166.000 und in der ersten Hälfte 2017 schon 90.000. Auch müsse sichergestellt werden, so der Kanzler, dass Strafen für Missbrauch der Entsenderichtlinie (zeitliche Begrenzung, Mindestlöhne) auch exekutiert werden.

Wie groß das Lohngefälle noch ist, zeigt die jüngste Erhöhung des Mindeststundenlohns in Tschechien auf 73 Kronen - das sind umgerechnet 2,80 Euro. Und was Missbrauch bedeutet, zeigen Justizfälle in Bulgarien. Bei einer Entsendung kann ein Bulgare den zehnfachen Monatslohn erarbeiten: 500 Euro. Allerdings muss er dafür 100 Euro an den Arbeitsgeber zurücküberweisen …

Kurt Seinitz, Kronen Zeitung

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