7 Menschen gestorben

Listerien-Quargel: Prozessauftakt in Graz

Österreich
10.06.2014 15:05
Nach jahrelangen Ermittlungen hat am Dienstag der Prozess rund um mit Listerien verseuchten Quargel aus einer oststeirischen Käsefabrik im Grazer Straflandesgericht begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft den sechs Angeklagten vor, 2009 und 2010 für den Tod von sieben Menschen und zudem für schwere Körperverletzungen durch den Genuss des kontaminierten Käses verantwortlich zu sein. Die Verhandlung ist für mehrere Tage anberaumt. Die Verteidiger kündigten am ersten Tag an, dass sich zwei der ehemaligen Chefs schuldig bekennen werden.

Vor mehr als vier Jahren kam es zu den Vorfällen rund um den Käse der Hartberger Firma Prolactal. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, "fahrlässig eine Gefahr für Leib und Leben einer größeren Zahl von Menschen herbeigeführt zu haben, indem sie bei Produktion, Untersuchung und Vertrieb der im Werk Hartberg hergestellten Quargelprodukte Fehlverhalten setzten, wodurch mit Listerien kontaminierter Käse zu einer Vielzahl von Konsumenten gelangte", so die Staatsanwaltschaft.

"Das Unternehmen hat erst reagiert, als es gezwungen wurde"
Schon vor Beginn der Verhandlung forderte Rechtsanwalt Alexander Klauser - er vertritt im Verfahren vier Opfer -, dass die Angeklagten zur Verantwortung gezogen werden: "Das Unternehmen hat erst reagiert, als es dazu gezwungen war." Von den Listerien gewusst hätten sie dagegen schon früher.

"Meines Erachtens handelt es sich um eine eindeutige Beweislage", so Klauser. Die Öffentlichkeit müsse vor "so gefährlichen Lebensmitteln geschützt werden". Einer seiner Mandanten nahm am Auftakt teil: Er soll vor dem Konsum des Käses völlig gesund gewesen sein, nun sitzt er im Rollstuhl und kann nur schwer sprechen.

Staatsanwalt Stefan Strahwald führte in seinem Eröffnungsplädoyer die Details zum Strafantrag aus: Strafrechtlich irrelevant sei die bloße Feststellbarkeit von Listerien im Werk, auch wenn diese im Hartberger Betrieb vor allem im Jahr 2009 monatelang nicht wegzubekommen waren. "Problematisch ist aber, die mit Listerien verseuchten Produkte in den Verkehr zu bringen und sie im Umlauf zu lassen."

Wahre Herkunft der Bakterien bis heute unklar
Bis heute sei es nicht gelungen, die wahre Herkunft der Bakterien in der oststeirischen Produktion festzustellen, so Strahwald. In Zusammenhang mit dem Konsum des Quargels seien sieben Todesopfer in Österreich und Deutschland zu beklagen, zehn Personen hätten schwere Erkrankungen erlitten, weitere Käufer erkrankten weniger schwer. Vier der fünf Angeklagten - beim sechsten Angeklagten handelt es sich um das Unternehmen Prolactal selbst - hatten laut Staatsanwalt "alle Aufgaben in der Quargel-Produktion".

Laut den Gutachten stehe fest: "Gerade der Käse von Prolactal war es, der die Leute krank gemacht hat." Nun stelle sich die Frage der Sorgfaltspflichtverletzung. Aus kontaminierten Proben hätten die "richtigen Schlüsse" gezogen werden müssen, kritisierte der Ankläger. Der vorliegende Strafantrag wegen fahrlässiger Gemeingefährdung sehe eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.

Zwei ehemalige Chefs werden sich schuldig bekennen
Den Ausführungen der fünf Verteidiger zufolge wollen sich zwei der ehemaligen Chefs im Laufe des Prozesses schuldig bekennen. Sie hätten die Ware früher aus dem Handel zurückholen und die Produktion stoppen müssen.

Zwei damals leitende Angestellte dagegen bekannten sich nicht schuldig: "Keiner der externen Berater sagte, dass die Produktion einzustellen und der Käse zurückzuholen ist. Haben die dann auch ihre Sorgfaltspflicht verletzt?", fragte einer der Verteidiger. Denn die Ermittlungen gegen weitere Beschuldigte - darunter Verantwortliche des Gesundheitsministeriums, den zuständigen Mitarbeiter der Lebensmittelaufsicht sowie den Landessanitätsdirektor für Steiermark - wurden eingestellt.

Leiter von Prüflabor: "Fühle mich absolut nicht schuldig"
Der Verteidiger des Leiters des externen Prüflabors erklärte, dass sein Mandant alle Testergebnisse an die verantwortlichen Stellen des Unternehmens kommuniziert habe und er auch deswegen nicht schuldig zu sprechen sei. Der 47-jährige Angeklagte war auch der erste, der vor Richter Raimund Frei zu Wort kam: "Ich fühle mich absolut nicht schuldig."

Der Geschäftsführer des Prüflabors schilderte die Zusammenarbeit mit Prolactal auf Basis eines Forschungsprojekts, im Zuge dessen ein umfangreicher Probenahmeplan erstellt worden sei. Ergebnisse daraus seien stets an den Betrieb weitergegeben worden.

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