"Bundesweit"

Kern will Mieten noch vor der Wahl senken

Österreich
18.09.2017 14:25

Die SPÖ bringt am Mittwoch im Parlament ihr Mietrechtspaket ein und lädt andere Parteien zu einem gemeinsamen Beschluss noch vor der Wahl ein. Ziel sei eine deutliche Senkung der Mietpreise in Österreich, wie Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern bei einer Pressekonferenz in Wien erklärte. "Die Mieten sind in den vergangenen zehn Jahren doppelt so schnell gestiegen wie die Einkommen", so Kern. Die SPÖ wird für ihre Initiative aber wohl keine Mehrheit bekommen, denn FPÖ und NEOS sind dagegen.

Der Mietanstieg gehe dabei fast ausschließlich vom Wachstum der Nettomieten aus, und der Anstieg bei den Wohnungskosten fiel mit 33 bis 36 Prozent im privaten Bereich am deutlichsten aus, kritisierte der Bundeskanzler. 1,6 Millionen Haushalte seien hier betroffen. Mit 16 Euro sei der durchschnittliche Quadratmeterpreis in Innsbruck am höchsten. Für eine Familie mit Kindern würden sich Kosten von rund 2000 Euro pro Monat ergeben. Über 40 Prozent des verfügbaren Einkommens gingen so für Wohnen drauf.

Das SPÖ-Konzept sieht laut Kern eine "faire Mietpreisregelung für alle" vor. Das Mietrecht soll bundesweit einheitlich gelten und alle bisherigen Teilregelungen bzw. das System der Richtwerte ersetzen. Um Investitionsanreize sicherzustellen, sollen frei finanzierte Wohnungen 20 Jahre lang auch die Mieten frei bilden können. Für alle anderen Neuverträge soll es einen geregelten Mietpreis geben, der sich an einem klar definierten Katalog von preismindernden und preissteigernden Eigenschaften orientiert und sich aus dem Standardquadratmeterpreis abzüglich klar definierter Abschläge und Zuschläge errechnet.

Maklergebühr soll künftig der Vermieter zahlen
Die Maklergebühr soll künftig der Auftraggeber - in 90 Prozent der Vermieter - zahlen. Bei Mietverträgen, die länger als drei Jahre abgeschlossen werden, würde sich der Mieter so zwei Monatsmieten ersparen. Auch die Betriebskostenbelastung will die SPÖ senken. Grundsteuer und Versicherungskosten, die derzeit in der Regel auf den Mieter abgewälzt werden, sollen laut den SPÖ-Plänen in Zukunft vom Vermieter getragen werden. Bei einer 80 Quadratmeter großen Wohnung brächte dies dem Mieter eine Ersparnis von bis zu 400 Euro im Jahr.

Kern legte Beispielrechnungen vor, wonach sich durch das SPÖ-Mietrechtspaket der Preis für eine 80-Quadratmeter-Wohnung in einem Wiener Mehrgeschoßbau von 1192 auf 736 Euro und jener für eine größere Wohnung in einem Salzburger Ein- oder Zweifamilienhaus von 2160 auf 1860 Euro reduzieren würde. Flankierend will die SPÖ den Ausbau des leistbaren Wohnungsangebots - etwa durch Baulandmobilisierung und eine eigene Widmungskategorie "Sozialer Wohnbau" - forcieren.

Paket soll noch vor Wahl beschlossen werden
In dieser Wahlauseinandersetzung sei es obligat geworden, dass allen alles versprochen wird, so Kern. Nun gehe es darum, Dinge zu lösen, die schon länger am Tisch liegen. "Wir haben das vier Jahre mit der ÖVP verhandelt und es gab nicht die geringsten Fortschritte." Die Leute sollen sehen, wer für welches Konzept steht. Die FPÖ sieht Kern bezüglich einer möglichen Anpassung des Mietrechts noch in einer "Nachdenkphase". Laut Kern sollen die entsprechenden Gesetzestexte am Mittwoch im Parlament eingebracht und dann in der letzten Oktober-Sitzung vor der Wahl beschlossen werden. Einen weiteren Antrag kündigte Kern auch zur Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten an.

"Weniger Plakate, mehr Beschlüsse", mahnte Kern in Richtung der politischen Mitbewerber. Die SPÖ werde jedenfalls nicht weiter zuschauen, wie Familien im "Hotel Mama" leben oder 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnen aufbringen müssen. Dass die ÖVP im Gegenzug die Schaffung von Wohnungseigentum unterstützen will, erinnert den SPÖ-Chef an das Marie Antoinette zugeschriebene Zitat "Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen". Wenn sich jemand die Mieten nicht leisten kann, zu sagen, du kriegst einen Zuschuss zur Schaffung von Eigentum, sei "weit weg von den Realitäten am österreichischen Immobilienmarkt", meinte der Bundeskanzler.

FPÖ und NEOS gegen Mietrechtspaket
Eine Mehrheit wird sich für das Mietrechtspaket im Parlament aber wohl nicht ausgehen, denn sowohl bei der FPÖ als auch den NEOS stoßen die Pläne der SPÖ auf Ablehnung. FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl kündigte am Montag an, dass seine Partei der SPÖ-Initiative jetzt nicht zustimmen werde und bezeichnete die Vorgangsweise von Kern als "sehr unseriös". Es handle sich beim Mietrecht um eine so große und komplizierte Materie, die so viele Menschen betreffe, dass man dies "nicht husch-pfusch vor der Wahl" machen könne.

NEOS-Bautensprecher Gerald Loacker sprach in einer Aussendung von "linkspopulistischen Vorschlägen der SPÖ" und von "purer Planwirtschaft". Die SPÖ-Vorschläge "schaffen letztendlich mehr Probleme als sie lösen. Mit derart absurden Mietzinsbeschränkungen wird niemand mehr Wohnungen vermieten, geschweige denn neue bauen. Verlierer sind vor allem junge Wohnungssuchende." Für Loacker ist klar, "dass der private Mietmarkt Liberalisierungen braucht".

Grüne über SPÖ-Vorstoß erfreut
Die Grünen zeigten sich hingegen erfreut über den SPÖ-Vorstoß. "Wenn es der SPÖ um mehr als nur um Theaterdonner und Wahlkampfgetöse geht, muss sie sich rasch am Verhandlungstisch einfinden", meinte Klubobmann Albert Steinhauser in einer Aussendung. Er hofft nun, mit dem freien Spiel der Kräfte im Parlament die Blockade der Bundesregierung durchbrechen zu können.

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