Hypo-Desaster

Kanzler Faymann: “Wir lassen niemanden im Stich”

Österreich
23.03.2014 12:57
Bundeskanzler Werner Faymann nimmt im Interview mit der "Kärntner Krone" erstmals ausführlich zum Hypo-Desaster, zur Beteiligung Kärntens und zur Sicht der Österreicher auf das Bundesland Stellung. Faymann betont, der Bund werde mit Kärnten "auf Augenhöhe" verhandeln.

"Krone": Herr Bundeskanzler, welchen Beitrag erwarten Sie sich von Kärnten, und wie soll das Land diesen Beitrag aufbringen?
Werner Faymann: Zuerst einmal gehört betont, dass man mit Insolvenzen nicht spielt. Wäre Kärnten in Konkurs gegangen, wäre das Schicksal des Landes nicht mehr in der Hand demokratisch gewählter Politiker und Gremien gelegen, sondern in der Hand von Konkursverwaltern. Das haben die Kärntner nicht verdient, sie sind nicht schuld an der Entwicklung. Das waren andere. Aber Kärnten soll natürlich seinen Beitrag leisten. Um das auszuverhandeln, ist Zeit bis Herbst. Ich stehe diesbezüglich auch mit Landeshauptmann Kaiser in enger Verbindung.

"Krone": Die Frage bleibt in jedem Fall: Wie soll Kärnten das finanzieren?
Faymann: Prioritär wird die Bankenabgabe herangezogen, die bringt 3,2 Milliarden pro Legislaturperiode. Die Banken haben die Situation ja zum Teil mitverursacht. Für Kärnten muss es nicht unbedingt bedeuten, dass man den Zukunftsfonds heranzieht, es gibt auch andere Varianten. Aber das wird Inhalt ordentlicher Gespräche sein, vor deren Abschluss ich mich auf keine Höhe festlegen möchte.

"Krone": Die Stimmung in Kärnten scheint zu kippen. Immer mehr Menschen fragen sich, weshalb der Staat die marode Bank von den Bayern überhaupt zurücknehmen musste. Auch neue Dokumente, erst jüngst von den Neos vorgelegt, lassen den Verdacht dilettantischer Verhandlungen unter der Führung von Ex-Vizekanzler Pröll aufkommen.
Faymann: Schauen Sie, die Bayern haben die Hypo gekauft mit dem Polster dieser Haftungen von 20 Milliarden. Und alle Experten, von der Finanzmarktaufsicht abwärts haben gesagt, dass es nicht anders gegangen wäre. Also ohne die Verstaatlichung. Gescheit wäre es freilich gewesen, den Bayern, als die Eigentümer wurden, auch die Haftungen mitzuverkaufen. Aber das geschah eben nicht. Wären die Kärntner Haftungen schlagend geworden, damals wie heute, wäre das gesamte Sozialsystem zusammengebrochen. Es gäbe kein Geld mehr für Förderungen und vieles mehr.

"Krone": Da gehen die Meinungen aber auseinander. Es gibt auch Denkmodelle, die eine Insolvenz für die billigere Lösung halten
Faymann: Noch einmal, die Insolvenz eines Bundeslandes ist undenkbar. Wir lassen niemanden im Stich. Eine Pleite Kärntens hätte 100.000 Arbeitsplätze gefährdet, die Gesundheitsversorgung wäre auf dem Spiel gestanden, die Wohnbaubeihilfen, die Heizkostenzuschüsse. Das ist einfach alles für mich nicht auszudenken.

"Krone": Eine Frage an den Regierungschef: Weshalb finden Finanzminister Spindelegger und der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser keine Gesprächsbasis?
Faymann: Da werde ich mithelfen, dass die beiden zueinander finden. Nur durch reden kann man solche Probleme wirklich lösen.

"Krone": Die Freude war groß, als die SPÖ Kärnten vor einem Jahr politisch zurückeroberte. Nun müssen, überspitzt formuliert, Ruinen bewirtschaftet werden. Leidet die Freude über den errungenen Sieg darunter?
Faymann: Wir haben uns wahrlich keine Zeit wie in den Siebzigerjahren ausgesucht, als die Kassen voll waren. Es ist eine harte Zeit, aber wir werden das gemeinsam schaffen. Unsere ältere Generation hat Österreich nach dem Krieg aufgebaut, die Jüngeren haben Gott sei Dank nie einen Krieg erlebt. Doch der Frieden muss täglich neu erobert werden und alle gemeinsam kommen wir durch die Krise durch. Dieses gemeinschaftliche Denken gilt auch für Probleme wie bei der Hypo.

"Krone": Es hat den Anschein, dass Kärnten jetzt das Feindbild Österreichs wäre, für dessen Harakiri-Politik alle zahlen müssen.
Faymann: Ich stehe voll zu Kärnten und seinen Menschen. Jeder weiß, die Bürger können nichts dafür, und es gibt keinen Unterschied zwischen den Menschen Österreichs, egal wo sie leben. Wir sind auf Augenhöhe und Kärnten bleibt - nicht nur für mich - was es immer war: ein besonders beliebtes Bundesland.

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