Im TV-Interview

Jesidin schildert Flucht aus IS-Gefangenschaft

Österreich
29.09.2014 22:46
Sie werden von den Schergen des Islamischen Staates als "Teufelsanbeter" verachtet und verfolgt, versklavt und ermordet. Die Rede ist von den Jesiden im Nordirak, deren Schicksal die Weltgemeinschaft erschüttert. Neben den Enthauptungen von westlichen Geiseln war dieses Drama der Hauptgrund dafür, dass die USA und ihre Verbündeten gegen den IS im Irak und Syrien in den Kampf zogen. Welche Gräuel sie als Jesidin hautnah miterlebte und wie ihr die Flucht gelang, schilderte am Montagabend eine junge Frau in der ORF-Sendung "Thema".

Als die Dschihadisten an ihr Dorf herangerückt seien, hätte sie mit ihrer Familie zu Fuß die Flucht ergriffen, erzählte Amsche, Mutter von zwei Kindern gegenüber dem ORF-Korrespondenten Karim El-Gawhary. Nur wenige Kilometer vom Dorf entfernt hätten sie bewaffnete Männer wahrgenommen, die sie zunächst für kurdische Peschmerga-Kämpfer gehalten hätten, so die junge Frau. Als sie die schwarzen IS-Fahnen sahen, sei es bereits zu spät gewesen.

"Mein Mann wurde vor meinen Augen erschossen"
"Mein Mann wurde wie alle anderen Männer vor meinen Augen erschossen. Danach wurden Frauen und Kinder in ein anderes Dorf gebracht", erinnerte sich Amsche. Später sei sie in Mossul in einer großen Halle wie Vieh zum Verkauf angeboten worden. Ein Bewaffneter habe für sie bezahlt und sie und ihr Kind aus der Halle gezerrt. "Ich habe keine Ahnung, was mit den anderen Frauen aus meiner Familie geschehen ist. Wir wurden für acht bis 15 US-Dollar verkauft - je nach Schönheit und Alter."

Über drei Wochen wurde sie anschließend in einem Haus in Mossul festgehalten. Was ihr aber dort widerfuhr, darüber wollte Amsche nicht sprechen - nur, dass sie geschlagen und ihr immer wieder gedroht worden sei, an einen Saudi oder Syrer weiterverkauft zu werden. Schließlich sei ihr eines Nachts gelungen, ihre Tür aufzubrechen und mit ihrem Baby am Rücken zu fliehen.

Mann versteckte Jesidin bei sich zu Hause und half bei Flucht
In einem arabischen Viertel habe sie dann einen alten Mann getroffen, der sie gefragt habe, warum sie als Frau ganz alleine mitten in der Nacht unterwegs sei, so Amsche. In gebrochenem Arabisch habe sie dann ihre Geschichte erzählt, woraufhin der Mann Amsche bei sich zu Hause Unterschlupf angeboten habe.

Einige Tage später habe der Mann sie in einen Vollkörperschleier gesteckt und mit dem Pass seiner verheirateten Tochter ausgestattet. Gemeinsam seien sie nach Kirkuk gefahren, wo sie von einem Posten der Islamisten aufgehalten worden seien. Der Mann habe dort erklärt, dass das Baby - sein vermeintlicher Enkel - an Krebs erkrankt sei und unbedingt eine Behandlung, die nur in Krikuk möglich sei, benötigte, erzählte die junge Jesidin von ihrer äußerst gefährlichen Flucht in die kurdische Stadt. Die bewaffneten IS-Kämpfer glaubten diese Geschichte und ließen sie passieren.

"Habe oft an Selbstmord gedacht"
Seitdem befindet sich Amsche in einem Lager, wo auch ihre Schwester lebt. Sie ist außer Gefahr, doch die Erlebnisse belasten sie noch massiv. Wie traumatisiert die Frau ist, beweisen ihre zahlreichen Selbstmordgedanken: "Ich habe oft an Selbstmord gedacht. Aber dann habe ich mich daran erinnert, dass ich ein Kind auf dem Schoß und eines im Bauch habe. Ohne mich können sie nicht leben. Deswegen habe ich mich nicht umgebracht."

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