Aufregung über Akten

Hypo-U-Ausschuss: Chaotischer Auftakt im Parlament

Österreich
08.04.2015 23:01
Holpriger Auftakt zum Hypo-Untersuchungsausschuss am Mittwoch: Neben Querelen um die Anzahl der Sitzungstage und die Aufteilung der Redezeiten herrscht bei der Opposition Unmut über die Menge und Qualität der Akten. Eine für Donnerstag geplante Sitzung soll abgesagt werden, um mehr Zeit zum Studium der Dokumente zu haben. Die ersten Zeugenbefragungen verzögerten sich wegen einer überlangen Geschäftsordnungsdebatte, unter den Journalisten herrschte wegen der Geheimhaltung von Zeugennamen Verwirrung. Die für Donnerstag anberaumte zweite Sitzung wurde am Mittwochabend abgesagt.

"Der U-Ausschuss wird systematisch mit Unterlagen zugemüllt", empörte sich Rainer Hable von den NEOS vor der Sitzung. Nur ein Bruchteil der Akten sei entsprechend aufbereitet, meinte auch der grüne Fraktionsführer Werner Kogler. Etwas zurückhaltender reagierte Elmar Podgorschek von der FPÖ: Die Akten seien für den ersten Tag umfangreich genug. Am Beginn der Untersuchung geht es um die Zeit, als in Kärnten unter dem freiheitlichen Landeshauptmann Jörg Haider das Wachstum der Bank vor allem am Balkan massiv vorangetrieben wurde.

Grüne kämpfen für mehr Öffentlichkeit
Dass viele Unterlagen außerdem nach der neuen "Informationsordnung" des Parlaments mit verschiedenen Vertraulichkeitsstufen klassifiziert sind, sorgt für zusätzliche Aufregung. Von den jeweiligen Behörden entsprechend klassifizierte Akten dürfen nämlich grundsätzlich nicht in öffentlicher Sitzung behandelt werden. Die spektakulärsten Teile würden so unter Ausschluss der Medien und damit der Öffentlichkeit stattfinden, "das ist gegen den Geist des neuen Ausschusses", kritisierte Kogler. Mittels Anträgen werde man versuchen, doch noch mehr Öffentlichkeit zuzulassen.

Wenn es mit der Geheimhaltungseinstufung so weitergehe, "ist das kein Untersuchungsausschuss, sondern ein Vertuschungsausschuss", schimpfte Hable. Auch Robert Lugar vom Team Stronach sieht die Geheimhaltung als Problem, weil die Medien oft ausgeschlossen würden. Diese sind ohnehin schon verärgert - eine Kordel, die die Journalisten vor dem Ausschusslokal zur Disziplin zwingen sollte, sorgte für ein gehöriges Durcheinander. Verwirrung löste darüber hinaus die Diskussion unter den Fraktionen aus, welche Auskunftspersonen überhaupt namentlich genannt werden dürfen. So sollen Zeugenlisten im Gegensatz zu den bisherigen Gepflogenheiten nicht veröffentlicht werden, was eine Vorbereitung der Journalisten auf die Befragungen praktisch verhindern würde. Auch die Namen der beiden Staatskommissärinnen, die heute als erste Zeugen befragt werden sollen, dürfen demnach nicht genannt werden.

SPÖ und ÖVP verstehen Aufregung nicht
Die Regierungsparteien verstehen die Aufregung nicht. Die Frage, ob es nicht demokratiepolitisch bedenklich sei, dass das Parlament vorgebe, welche Namen Medien nennen dürfen, wies SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer zurück - entscheidend seien Gesetze. Die Namen der Staatskommissärinnen seien für die Öffentlichkeit keine Kernfrage. Der Verfahrensrichter und die Vorsitzende, Nationalratspräsidentin Doris Bures, würden Kriterien festlegen, welche Namen veröffentlicht werden und welche nicht, kündigte ÖVP-Fraktionsführerin Gabriele Tamandl an. Es gehe um die Wahrung der Persönlichkeitsrechte.

Früher Klagen über zu wenig Akten, nun über "Überflutung"
Auch was das Akten-Thema betrifft, können SPÖ und ÖVP die Kritik nicht nachvollziehen. "Eine systematische Überflutung gibt's nicht", betonte Krainer. Früher habe es außerdem oft Klagen gegeben, dass zu wenig Material da sei. Es gehöre nun einmal zur Ausschussarbeit, die Aktenberge durchzuackern. Als geheim sei außerdem ganz wenig eingestuft - im Gegensatz zu früher, wo man geschwärzte Akten bekommen habe, sei die jetzige Lösung ein Fortschritt, findet Krainer.

Erste Zeugenbefragung brachte wenig Erhellendes
Nach all den Debatten konnte dann etwas verspätet die erste Zeugin, die ehemalige Staatskommissärin Sabine Kanduth-Kristen, aussagen. Die Befragung brachte allerdings vorerst wenig Erhellendes, wirbelte aber den Zietplan aufgrund der zahlreichen Nachfragen der Abgeordneten erneut durcheinander. Kanduth-Kristen war als Kommissärin 2002 vom damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) in die Kärntner Bank entsandt worden. Bis 2007 nahm sie an Hypo-Aufsichtsrats- und Kreditausschusssitzungen teil. Kanduth-Kristen saß auch im Aufsichtsrat der Finanzmarktaufsicht.

Die Zeugin konnte sich nur an wenig erinnern und wollte aus Sitzungen des Hypo-Aufsichtsrats und auch des -Kreditausschusses wenig Details preisgeben, trotz zahlreicher Nachfragen der Abgeordneten. Immer wieder kam der Hinweis, dass man zu diesem oder jenem Thema jemanden anderen fragen sollte. "Zu konkreten Kreditfällen möchte ich nichts sagen", sagte die ehemalige staatliche Aufpasserin öfters.

"Eigenmittelausstattung war 2006 nicht die beste"
Auch wich sie mehrmals erfragten Einschätzungen des Hypo-Zustandes über die Jahre aus: "Also ich würde mir da jetzt kein Urteil anmaßen. Es ist nicht Aufgabe eines Staatskommissärs, das zu beurteilen, sondern der Wirtschaftsprüfer." Freilich sei die Eigenmittelausstattung etwa 2006 nicht die beste gewesen, es sei sogar der gesetzlich vorgelegte Wert unterschritten worden. Aber auch das sei Thema für andere Instanzen, nämlich Bank und FMA selbst und auch die Wirtschaftsprüfer.

Nach dem emotionalen Auftakt wurde am Abend eine weitere Verzögerung bekannt: Nicht nur wurde wie erwartet die Sitzung am Donnerstag abgesagt, sondern auch jene am kommenden Mittwoch. Der Grund: Die Abgeordneten bekommen die aufbereiteten Akten zu spät. Eigentlich sollten kommenden Dienstag und Mittwoch Vertreter der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht als Zeugen aussagen.

Terminplan geändert, nur eine Zeugin
Um genug Zeit zur Aktenaufbereitung und zum Durchackern der Dokumente zu haben, wurde nun der Terminplan geändert. Kommende Woche findet also nur die Sitzung am Dienstag statt. Befragt wird nur eine Zeugin: die ehemalige stellvertretende Staatskommissärin Monika Hutter.

Dieser Schritt verzögert die Ausschussarbeit nicht unwesentlich: Die nächsten Sitzungstermine stehen dann nämlich erst für den 29. und 30. April im Kalender. Die Woche davor ist Pause, unter anderem weil da Nationalratssitzungen stattfinden. Das Problem dabei: Den Mandataren geht damit nach anderen Querelen in den vergangenen Wochen wertvolle Zeit zur Untersuchung des Milliardendesasters verloren. Nach den neuen Regeln ist der Ausschuss grundsätzlich mit einer Dauer von einem Jahr beschränkt (mit einer begrenzten Verlängerungsmöglichkeit) - und die Uhr tickt seit Ende Februar.

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