Nach Tod in Zelle

“Höchst auffällig”: Aliyev-Anwalt glaubt an Mord

Österreich
24.02.2015 18:22
Nach dem überraschenden Tod des kasachischen Ex-Botschafters Rakhat Aliyev glaubt sein Anwalt Stefan Prochaska an Mord. "Die Vermutung ist, dass ihn jemand umgebracht hat", sagte Prochaska am Dienstag. Der Zeitpunkt des Todes kurz vor Beginn der Hauptverhandlung gegen Aliyev sei "höchst auffällig". Offenbar sollte verhindert werden, dass die Anklage gegen ihn zusammenbreche, mutmaßt der Jurist. Der Leiter der Vollzugsdirektion, Peter Prechtl, kann einer Mordtheorie indes überhaupt nichts abgewinnen (siehe auch Video oben). Ebenso Staatsanwalt Gerhard Jarosch, der von "Verschwörungstheorien" nichts wissen will.

Aliyev, einstiger Schwiegersohn von Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajev, habe sich in der Nacht auf Dienstag in seiner Einzelzelle in der Justizanstalt Josefstadt das Leben genommen, teilte die Vollzugsdirektion mit. Er soll sich mit Mullbinden an einem Kleiderhaken erhängt haben. Aliyev galt nicht als suizidgefährdet. Am Dienstag hätte der Ex-Botschafter gegen zwei Mithäftlinge aussagen sollen, die ihn laut Anklage erpresst hätten.

Prochaska: "Das macht keinen Sinn"
Wie Prochaska nun erklärte, glaube er nicht daran, dass Aliyev Selbstmord verübt habe: "Das macht keinen Sinn." In den vergangenen Wochen und Monaten habe er viel Zeit mit seinem Mandanten verbracht, der alles andere als in Selbstmitleid zerflossen sei. "Er war eher der Fighter", so der Anwalt.

Man habe bei der Vorbereitung der Hauptverhandlung "viele Löcher in der Anklage gefunden". "Es ist höchst auffällig, dass er sich vor der Verhandlung, in der man das gesehen hätte, umbringen hätte sollen", sagte Prochaska. Aliyev hätte der Prozess wegen der Ermordung zweier Bankmanager in seiner Heimat gemacht werden sollen. Das Verfahren am Wiener Landesgericht für Strafsachen war notwendig geworden, weil Österreich eine Auslieferung Aliyevs ans autöritäre Kasachstan abgelehnt hatte.

Prochaska wollte sich nun nicht zu möglichen weiteren Schritten äußern. Er sei "sehr geschockt", habe aber schon erreicht, dass bei der Untersuchung der Todesumstände "massiv hingeschaut" werde. Der Anwalt betonte zudem, dass sich Aliyev in seiner Haftzeit auch mit der Justizverwaltung angelegt und zwei Anzeigen erstattet habe, unter anderem wegen Erpressung.

Prechtl: "Für uns war es eindeutig Selbstmord"
Peter Prechtl, der Leiter der Vollzugsdirektion, weist Prochaskas Vermutung, Aliyev sei ermordet worden, entschieden zurück. "Für uns war es eindeutig Selbstmord, es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass Aliyev ermordet worden ist", sagte Prechtl.

Der Ex-Botschafter sei in einer Einzelzelle inhaftiert gewesen. Um in die Zelle zu gelangen, müsste der oder müssten die Mörder zuerst über den entsprechenden Schlüssel verfügen. "Und der ist ja nicht leicht zu bekommen", so Prechtl. Zudem ist der gesamte Gangbereich videoüberwacht. Das entsprechende Material sei bereits gesichtet und der Staatsanwaltschaft übergeben worden - und auch hier fänden sich keinerlei Anzeichen für eine Straftat.

Gegen eine Gewalteinwirkung von außen spreche zudem, dass es keine Kampfspuren gegeben habe bzw. keinerlei entsprechende Geräusche aus der Zelle wahrgenommen worden seien. Jemanden lautlos und ohne Gegenwehr gegen seinen Willen zu erhängen, sei nur schwer vorstellbar. "Für uns ist es eindeutig ein Suizid, wie sie leider in Haftanstalten vorkommen. Auch wenn wir alles tun, um sie zu verhindern", so der Leiter der Vollzugsdirektion.

Jarosch: "Unsere besten Ermittler geschickt"
Staatsanwalt Gerhard Jarosch erklärte am Dienstagabend gegenüber der "Krone", dass nach dem Auffinden der Leiche sofort die Mordgruppe alarmiert worden sei, um jeglichen Verdacht auf Fremdeinwirkung auszuschließen. Die Untersuchungen würden noch laufen. Die besten Ermittler seien mit dem Fall betraut worden, betonte Jarosch. Doch am Ende werde es bei solchen Fällen immer "Verschwörungstheorien" geben.

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