2 Arbeiter verbrannt

Hochofen-Drama: Gutachten deckt schwere Mängel auf

Österreich
11.01.2016 07:41

Zwei Menschen verbrannten im März 2012 hilflos in einem Hochofen in Salzburg. Mehr als drei Jahre lang ermittelte die Staatsanwaltschaft, kürzlich wurde gegen 19 Beschuldigte Anklage erhoben. Im Fokus: die Unglücksanlage der SAG in Lend, die laut Gutachten "schwerwiegende sicherheitstechnische Mängel" aufwies und für die es keine Genehmigung gab.

Fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen wirft die Staatsanwaltschaft den 19 Beschuldigten vor. Darunter sind Personen, die handels- und gewerberechtliche Geschäftsführer des Unternehmens waren - alle in jenem Zeitraum, in dem die Schrottwärmanlage in Betrieb war. Also seit 2006.

Spricht Verteidiger Philipp Lettowsky, der eine Vielzahl der Angeklagten vertritt, von einer "Verkettung unglücklichster Umstände", so steht genau die Anlage, in der die beiden Männer eingeschlossen wurden, im Fokus des Verfahrens: Gleich mehrere Gutachten stellen dem Spezialofen nämlich kein gutes Zeugnis aus - im Gegenteil.

"Dubiose Hinweise auf andere Maschinen"
"Es waren einige zum Teil schwerwiegende sicherheitstechnische Mängel erkennbar", schloss der vom Gericht bestellte Elektrotechniker, der einen Tag nach dem Unglück die Anlage inspizierte, ein mechanisches Gebrechen aus. Laut seiner Expertise gab es mitunter entgegen den Vorschriften nur einen Not-Aus-Schalter, keine Warnleuchten oder -hupen, auch keine Schilder, dazu fehlten sogenannte Absturzsicherungselemente, also ein Quetsch- und Klemmschutz für die Türen. Eine Alarmmeldung, sollte das Hubtor blockiert sein, war nicht vorhanden. Und in der Dokumentation zur Schrottwärmung finden sich "dubiose Hinweise auf andere Maschinen, die nichts mit der Anlage zu tun haben".

Besonders brisant: "Völlig unverständlich, dass die gesamte Vorwärmanlage ohne gewerbebehördliche Genehmigung Ende 2006 in Betrieb genommen wurde", schreibt der Experte. Anmerkung: "Aus technischer Sicht bemerkenswert, dass keinem der Arbeitsinspektoren im Laufe der letzten fünf Jahre die kaum zu übersehende Vorwärmanlage aufgefallen ist."

Weitere Gutachten zeigen Mängel
Aufgrund der Erkenntnis wurde zu dieser Expertise im März 2014 sogar noch ein Ergänzungsgutachten eingeholt, außerdem sah sich ein Maschinenbauer die Anlage an: "Wesentliche Teile der Absturzsicherung waren nicht mehr vorhanden. Es fehlte ein von der Firmenleitung installiertes Kontrollsystem", so seine ernüchternde Analyse.

Für zwischenzeitliche Aufregung sorgte ein TÜV-Gutachten, das im Mai 2012 von der SAG in Auftrag gegeben wurde und erst jetzt an die Öffentlichkeit kam. Darin attestierte ein Prüfer: "Das Schließen der Tore durch die Funkfernsteuerung ist unzulässig." Dazu seien mitunter Schaltpläne nicht aktuell gewesen, eine Betriebsanleitung gab es gar nicht.

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