Widerstand geleistet

Häftling nach Fluchtversuch freigesprochen

Österreich
24.05.2017 14:17

Ein Häftling, der vor etwas mehr als zwei Monaten aus der Justizanstalt Wien-Josefstadt flüchten wollte, ist am Mittwoch vom Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt und der versuchten schweren Körperverletzung freigesprochen worden. Im Landesgericht für Strafsachen fanden sich keine Beweise, dass der 19-Jährige mit Vorsatz tätlich gegen zwei Justizwachebeamte vorgegangen war.

Der mehrfach vorbestrafte Tschetschene sollte im März zu seiner Berufungsverhandlung am Wiener Oberlandesgericht ausgeführt werden. Der U-Häftling war in erster Instanz wegen eines Gewaltdelikts zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Zwei Justizwachebeamte eskortierten den jungen Mann gegen 9.40 Uhr zu einem bereitgestellten Fahrzeug, mit dem er in den Justizpalast gebracht werden sollte.

Durch Schleuse geschlüpft
Auf dem Weg dorthin passierte die Gruppe eine Schleuse, die hinter ihnen geschlossen wurde. Während des Schließvorgangs wandte sich der 19-Jährige plötzlich um, rannte auf das doppelflügelige Tor zu, schlüpfte durch einen Spalt, gelangte so auf den Vorplatz der Justizanstalt und in weiterer Folge im Laufschritt auf die Wickenburggasse.

Die Beamten nahmen die Verfolgung auf und holten den mit Handschellen gefesselten Mann auf Höhe der Justizwachschule ein. Einer der Beamten stürzte sich auf den Häftling und drückte ihn zu Boden. Der andere Kollege versuchte, die Beine des am Boden Liegenden zu fixieren. "Er hat auf mich eingetreten. Er wollte die Flucht fortsetzen", sagte dieser Beamte. Der renitente Häftling habe ihm dabei das rechte Handgelenk verstaucht.

Angeklagter bestreitet Widerstand
"Ich bin davongelaufen, aber ich habe sie nicht angegriffen. Ich hatte Handschellen, ich lag auf dem Bauch. Wie soll ich da gezielt nach ihnen treten?", sagte demgegenüber der Angeklagte. In der Situation hätte Widerstand zu leisten keinen Sinn gehabt, gab der 19-Jährige zu bedenken: "Die zwei waren schon über mir, weitere Justizwachebeamte sind nachgekommen. Warum sollte es sich lohnen, da noch zu treten? Das, was mir vorgeworfen wird, habe ich nicht gemacht."

Dessen ungeachtet fällte das Gericht am Ende einen Freispruch. "Dass man sich in der Lage mit den Beinen bewegt und nicht liegen bleibt wie ein Stück Holz, ist vollkommen klar", gestand der Richter dem Burschen zu. Im Zweifel ging er zugunsten des Angeklagten nicht davon aus, dass der gefesselt in Bauchlage befindliche 19-Jährige gezielte Tritte gesetzt hatte. Der Freispruch ist nicht rechtskräftig, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Aufenthalt in Österreich aberkannt
Der Häftling wurde mittlerweile in die Justizanstalt Graz-Karlau verlegt. Seinen Fluchtversuch, der allein noch keinen strafbaren Tatbestand begründet, hatte er im Ermittlungsverfahren damit erklärt, er habe befürchtet, nach Verbüßung seiner Strafe abgeschoben zu werden. Inzwischen ist dem jungen Mann, der als Kind mit seinen Eltern aus Tschetschenien nach Österreich geflüchtet war, tatsächlich der Aufenthaltstitel aberkannt worden. Damit dürfte seiner Abschiebung mittelfristig nichts mehr im Weg stehen.

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